f Das Osterfeuer 1935 - und heute ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Mittwoch, 13. Februar 2013

Das Osterfeuer 1935 - und heute


Das Osterfeuer 1935 - und heute


Warum zünden wir an Ostern einen Haufen Reisig und Zweige an? Um Grünabfälle zu entsorgen? Oder ist es gar ein Fest der Feuerwehr? 

Der Brauch zu Ostern ein großes Feuer zu entfachen hat sehr alte Wurzeln. Im eigentlichen Sinne waren die Osterfeuer auch Frühlingsfeuer. Ihre Entstehung geht bis in die Bronzezeit zurück - es ist somit ein heidnischer Brauch. Der Winter sollte damit endgültig vertrieben werden und es sollte eine gute Ernte "beschworen" werden. Das Feuer stellte dazu seit je her die Grundlage für das Beisammensein her: Wärme und Gesellschaft. Mit der Entwicklung des Christentums wurde dieses Brauchtum übernommen. Nur wurde als Datum nun Ostern festgesetzt um damit an die Auferstehung Jesu Christi zu gedenken.

Bild: Osterfeuer Offensen/Schwachhausen 2009. Quelle: Hendrik Altmann.

Aus meiner Jugendzeit weiß ich: Osterfeuer gibt es nicht nur an einem Tag! So finden die Feuer regelmäßig sowohl am Ostersamstag (z.B. Offensen-Schwachhausen) und auch am Sonntag (z.B. Langlingen) statt. Vermutlich liegt das daran, dass die Feuer jeweils natürlich gut besucht sein sollen. 

Bei uns in Offensen und Schwachhausen herrschen beim Osterfeuer "strenge" Sitten. So gibt es klare Regeln, die zu befolgen sind. Warum das Osterfeuer heute nun so stattfindet hat sicherlich gute Gründe - wie im Folgenden gezeigt werden soll...

Bild: Ort des alten Osterfeuers (rot). Quelle: Messstichblatt Bröckel 1901.


Früher wurde das Osterfeuer zwischen den Ortschaften Offensen und Schwachhausen entfacht - damals waren die beiden Ortschaften noch eigenständige Gemeinden (siehe Zur Eingemeindung Schwachhausens). Es fand an einem Feldweg zwischen der heutigen Hauptstraße und der Aller statt - in etwa dort wo sich die Kurve befindet.

Im Jahr 1935 ereignete sich jedoch etwas, das noch heute Ängste schürt: das Osterfeuer wurde am Abend zuvor durch Unbekannte entfacht und brannte vollständig ab. Meine Großmutter erinnert sich noch gut daran. So kam es, dass es im Jahr 1935 beinahe kein Osterfeuer gegeben hätte. Doch an dieser Stelle zeigt sich wieder einmal die Willenskraft unserer Dorfbewohner. Gleich am nächsten Tag (also am Oster-Samstag) an dem das richtige Osterfeuer stattfinden sollte, nahmen sich die jungen Männer zusammen und schafften mit Fuhrwerken Material für ein neues Feuer heran.

Bild: Offensener und Schwachhäuser beim Aufschichten eines neuen Osterfeuers. Quelle: Heinrich Kaune, Schwachhausen. Auf dem Bild sind zu sehen (von links Unten): Wilhelm/Alfred Tietje, Erich Linnewedel, Heinrich Kaune (mein Großvater) und ein Knecht von Luttermanns aus Offensen. Die anderen Personen konnten noch nicht zugeordnet werden...


Hilda Kaune erinnert sich: als es darum ging woher das Holz kommen sollte wurden Braken (Bruchholz) aus dem Klosterforst angefahren. Währen einige, wie mein Großvater halfen den Berg aufzuschichten, waren die anderen mit Fahren und Holzaufladen im Wald beschäftigt. 

Bild: Aufschrift des Bildes (Rückseite). "Ostern 1935. Das Osterfeuer wurde angezündet, es musste ein neues angefahren werden" (Hilda Kaune). 


Voller Stolz präsentierten die Offensener und Schwachhäuser auf dem Bild ihr neu aufgeschichtetes Osterfeuer! Ein eindeutiges Zeichen, dass man sich von den Strolchen, die den ersten Holzberg entfacht hatten, die Stimmung nicht vermiesen lassen wollte! 

Schnell erkannte man, dass es sehr mühsam war das Material für ein neues Feuer herbeizuschaffen. Um dergleichen in den Folgejahren zu vermeiden wurde beschlossen eine Wache für das Feuer einzuberufen. Viele wissen es nicht, aber es ist eben dieses Jahr 1935 das die traditionelle "Osterfeuerwache" der Jugendfeuerwehr und der Jugendlichen aus den Dörfern hervorbrachte! Und so treffen sich jedes Jahr schon zwei Tage vor Ostern die jungen Leute der Ortschaften Offensen und Schwachhausen, um ihr Osterfeuer zu "bewachen". 

Natürlich sei hinzugefügt, dass bei der Bewachung des Feuers allerlei Spirituosen gebraucht werden, um die allgemeine Moral zu heben! ;) 

Schon sehr bald erkannten auch andere Dörfer die Gefahr. Somit wurde die Bewachung des Osterfeuers eine fortlaufende Tradition, die schnell Fuß fasste. 

Wie viele andere Feste (z.B. Weihnachten) passte auch Ostern und das Osterfeuer nicht in die Gleichschaltungsintention des III. Reiches. Es fanden somit auch keine Osterfeuer mehr statt, als sich die nationalsozialistische Herrschaft gefestigt hatte. In den Kriegsjahren waren diese Bräuche sowieso nicht durchführbar. Erst nach dem Krieg besann man sich auf alte Traditionen und die Osterfeuer brannten wieder. Allerdings wurde der Ort verlegt: statt das Feuer zwischen Offensen und Schwachhausen abzubrennen, wurde es auf ein Landstück hinter Schwachhausen in Richtung Nordburg verlegt. Noch heute finden hier die traditionellen Osterfeuer statt. 

Bild: Osterfeuerplatz heute. Quelle Google Earth 2009. 


Bild: Osterfeuerplatz heute. Quelle Google Earth 2011. 


Mit Stolz kann man sagen, dass die Ortschaften Offensen/Schwachhausen heute über Jahre hinweg das größte Osterfeuer aufhäufen, dass in der gesamten Umgebung abgebrannt wird. Eine vorgeschriebene Zeit vor dem Fest darf Material zum Feuerplatz gefahren werden. Dabei handelt es sich meist um Braken, Astwerk und sonstige Gartenabfälle. Müll und nicht brennbare Gartenabfälle (z.B. nasser Rasenschnitt) werden nicht angenommen. Damit keine Vögel in dem hohen, locker aufgeschichteten Berg aus Feuermaterial nisten, ist Annahmezeit für Material auf einige Wochen unmittelbar vor dem Fest beschränkt.

Am Gründonnerstag findet die erste Osterfeuerwache statt. Sie wird von der freiwilligen Feuerwehr Offensen/Schwachhausen organisiert und durch die Dorfjugend ausgeführt. Ebenso am Karfreitag wird so das Osterfeuer "beschützt". Diese Tradition leitet sich aus den oben beschriebenen schlechten Erfahrungen her...

Natürlich muss sich die Jugendfeuerwehr wärmen - daher gibt es schon an diesen Tagen ein "kleines" Feuer. Um dieses unter Kontrolle zu halten bedarf es aber auch regelmäßig ausreichender flüssiger Ressourcen. Kurzum: die beiden Tage vor dem eigentlichen Osterfeuer sind traditionell Treffen der Dorfjugend Offensen/Schwachhausen um gemeinsam das Osterfest zu begehen ;)

Am Ostersamstag wird bei Einbruch der Dunkelheit das große Feuer entfacht. Da Ostern nach dem kirchlichen Kalender auf den dritten Vollmond fällt, kann es (wie in diesem Jahr) dabei schon recht früh dunkel werden. Traditionell stiftet ein Bauer Stroh, um das Feuer anzustecken. Auch das deutet darauf hin, dass das Osterfeuer mehr ist, als nur ein einfaches Volksfest: es soll eine gute Ernte "beschworen" werden...

Derweil sorgt die Jugendfeuerwehr für den Proviant: im Pommes- und Bratwurstzelt bekommt man für faires Geld besagte Köstlichkeiten. Die freiwillige Feuerwehr schenkt Getränke und Spirituosen aus.

Anders als in anderen Ortschaften, die den Zusammenhalt einer intakten Dorfgemeinschaft verloren haben, ist das Osterfeuer in Offensen/Schwachhausen immer ein sprichwörtliches "Highlight" für Groß und Klein. Während die Eltern dorfgemeinschaftliche Pflichten wahrnehmen und den kommunikativen Austausch suchen, beschäftigen sich die Kinder damit möglichst perfekte "Kokel-Stöcker" aufzutreiben. Natürlich überwacht die Jugendfeuerwehr das Geschehen rund ums Feuer!

Meistens brennt das Feuer bis 23:00 Uhr. Allerdings ist die letzte Glut nicht erloschen, bis die ersten "Kokler" am nächsten Morgen wieder am Feuerplatz erscheinen...

Bild: jedes Jahr ein Anziehungspunkt - das Osterfeuer Offensen/Schwachhausen. Quelle: René Stark.


Bild: immer dabei - Wurst und Getränke. Quelle: René Stark.

Bild: das Osterfeuer in voller Pracht. Quelle: René Stark.


Wie das Schützenfest, so schweißt auch das Osterfeuer jedes Jahr auf's Neue die Dorfbewohner zusammen. Es ist ein traditionelles Brauchtum und dörfliches Ereignis, das niemand verpassen möchte. 1935 wurde das Feuer durch Strolche einer anderen Ortschaft verfrüht entfacht. Seitdem wird der Feuerberg jedes Jahr bewacht.

Wir sollten diese schöne Tradition für immer bewahren und achten - denn sie war es, die unsere Vorfahren antrieb und begeisterte im Jahr 1935 das Unmögliche möglich zu machen. Neben den anderen Dorffesten, wie beispielsweise dem Schützenfest oder dem Erntebier, ist das Osterfeuer eines der wichtigsten Ereignisse der dörflichen Gemeinschaft.


Hendrik



P.s.: am 31.03.2018 ist es wieder soweit ;)



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