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Mittwoch, 11. Dezember 2013

Die Geschichte des vergessenen Friedhofes bei Celle



"Nulla dilatio - Keinen Aufschub!" 



Diese Worte stehen auf dem verwitterten und umgestürzten Grabstein, welcher keine 10 m entfernt der Bahnstrecke Hamburg - Hannover auf dem nassen Waldboden liegt. Weitere Gräber umringen den, einst sicher anmutigen, schwarzen Granitblock der früher einmal, wie ein Obelisk ,die anderen Steine überragt haben muss. 

Fast hämisch und sarkastisch klingen die eingravierten Worte:



"WER IM GEDÄCHTSNISS 
SEINER LIEBEN LEBT, 
IST JA NICHT TODT, 
ER IST NUR FERN!

TODT NUR IST, WER
VERGESSEN WIRD."


Dabei erweckt dieser Ort nicht den Anschein als würde er von lebenden "Lieben" besucht. Einige der Grabsteine sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert. Andere sind schon so mit Moos überwuchert, dass man sie kaum noch sieht. Es mögen 5 bis 6 Gräber sein. In einem Halbreis stehen augenscheinlich gepflanzte Wachholder und schirmen den kleinen Friedhof  nach Außen ab. 

Sie müssen gute Arbeit geleistet haben, denn der Ort an dem sich die Gräber befinden, liegt unentdeckt direkt vor Celle - unmittelbar westlich von Vorwerk an der eingangs erwähnten Bundesbahntrasse. 

Wer liegt hier begraben? Was hat es mit dem kleinen Friedhof auf sich? 

Eine Fundbeschreibung und Analyse meiner Recherchen zu diesem Ort...



Bild: "Keinen Aufschub" - Grabinschrift. 
Quelle: eigenes Bild. 




Der Weg nach Tannholz...


Kürzlich gab mir ein Freund einen Tipp. Auf einer…nennen wir es "Fahrradtour" mit einem Kumpel hatten die Beiden "ein abgebranntes Gebäude und Grabsteine in einem Wald gefunden. Er meinte ob das nicht etwas für meinen Blog wäre… 

Nun, mein Interesse war geweckt. Er gab mir die genaue Wegbeschreibung und konnte mir die ungefähre Stelle auf meinem iPad zeigen. Ich war skeptisch: an dieser Stelle derartiges aufzufinden hätte ich mir so nicht vorstellen können, denn die beschriebene Stelle lag unmittelbar zwischen Groß Hehlen, Celle und Vorwerk. Dennoch glaubte ich ihm und machte mich gleich am nächsten Tag auf den Weg. 



Bild: Tannholz und Lage des Friedhofs (1). 
Quelle: Google Earth. 



Bild: Lage des Friedhofs (1). 
Quelle: Preußische Landesaufnahme 1899. 


Vor Ort angekommen ging ich den Talweg, welcher von Vorwerk kommend die rechte Abzweigung der Überführungsstraße über die Bahnlinie bildet, entlang. Schnell gelangte ich an ein abgebranntes Gebäude. Dicke Lindenbäume bildeten eine kleine Allee - ohne Frage: in diesem Ort lag Geschichte! 



Bild: Eingang der Allee…
Quelle: eigenes Bild. 


Ich schritt die Umzäunung des ausgebrannten Hauses ab. Abgesehenen den Brandspuren war dort nichts weiter Auffälliges zu beobachten. Keine Grabsteine. Aber ich war gespannt...



Bild: Blick entlang der Allee
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Ende der Allee - Wachholder
Quelle: eigenes Bild. 


Also folgte ich dem Weg entlang der Bahnstrecke etwa 200 m weiter.



Bild: Wachholder-Hain --> mitten im Wald
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Erste Grabsteine werden erkennbar…
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: umgestürzter Grabstein. 
Quelle: eigenes Bild.



Bild: umgestürzter Grabstein. 
Quelle: eigenes Bild.



Bild: umgestürzter Grabstein. 
Quelle: eigenes Bild.


Am Ende des Weges sah ich die besagten Wachholderbüsche. Darunter die Gräber. Mittig lag ein großer schwarzer Granitblock. Auf diesen war ganz oben ein Davidstern eingraviert, in dessen Zentrum der Vers: 



"NULLA DILATIO" 


eingeprägt war. 

Darunter befand sich der Vers: 



"WER IM GEDÄCHTSNISS 
SEINER LIEBEN LEBT, 
IST JA NICHT TODT, 
ER IST NUR FERN!

TODT NUR IST, WER
VERGESSEN WIRD."


Und darunter die Worte: 



"J. FR. LUDWIG 
SCHIEBLER
*16. NOVEMBER 1813
+29. NOVEMBER 1882" 


Ein anderer Grabstein lautete ebenfalls auf den Nachnamen "Schiebler". Damit war klar, dass es sich um eine Familiengrabstätte handeln musste. 

Ich beschloss der Sache auf den Grund zu gehen. 




Wer waren/sind die Schiebler? 


Dieser Name ist den meisten Cellern heute kein Begriff mehr. Hätte man dieselbe Frage vor 150 Jahren gestellt, wäre man vermutlich ausgelacht worden. Einst verband man mit dem Namen Schiebler ein hohes Ansehen in Celle. Umso unglaublicher ist es, dass diese ehemals wohlhabende und einflussreiche Familie ihre letzte Ruhestätte unter heute so unwirtlichen Umständen fand. 

Sucht man den Namen Schiebler in Verbindung zu Celle, gelangt man recht schnell auf den Hinweis zu einer noch heute verbreiteten Apfelsorte: Schieblers Taubenapfel. Was hat es damit auf sich? 



Die Geschichte der Schiebler


Im Jahre 1751 wurde Johann Ludwig Schiebler in Berlin Spandau geboren. Sein Vater war dort Förster. Aufgrund der großen Liebe zur Gärtnerei kam Johann Ludwig in die Lehre beim damaligen Hofgärtner Zopff in Monbijou (Berlin). Dort lernte er Prinz Ernst von Mecklenburg-Strelitz kennen. Dieser war der Bruder von Sophie-Charlotte von Mecklenburg-Strelitz. Sophie-Charlotte war die spätere Gemahlin von Georg III. - dem König Großbritanniens und Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg.   

So gelangte Johann Ludwig Schiebler ins Königreich Hannover und erhielt den Auftrag den Garten zu des Prinzen zu betreuen. Prinz Ernst entsandte Schiebler, der fortan den Titel "Gartenmeister" trug nach England, damit er dort die Gärten und Anlagen besichtigen konnte. Danach gelangte Schiebler auch nach Frankreich und Holland, um die dortigen Anlagen zu sehen. Wieder in Celle angelangt erhielt Schiebler den Auftrag einen Garten nach englischem Vorbild anzulegen. Dieser Aufgabe kam der Gartenmeister zur vollen Zufriedenheit seines Herren nach. 

Als der Prinz Celle verließ, wurde Johann Ludwig Schiebler aufgefordert eine Handelsgärtnerei zu gründen. Zum einen verwies die königliche Hannoversche Landwirtschaftsgesellschaft auf die Missstände und Bedürfnisse im Land, denn die einzige größere Gärtnerei befand sich seiner Zeit in Herrenhausen (Hannover). Zum anderen soll der Gärtner durch seinen guten Freund Albrecht Thaer dazu ermutigt worden sein, einen solchen Betrieb zu gründen. Weiterhin blieb Schiebler jedoch zuständig für den Garten des Prinzen. 

Wenig später kaufte Schiebler bei Eicklingen ein Grundstück und errichte dort einen Baumschulbetrieb. Zunächst gediehen die angepflanzten Baumarten vortrefflich und die neue Baumschule wurde schnell überregional bekannt. Im strengen Winter 1790 jedoch erfroren viele Setzlinge. Der Eicklinger Betrieb war ruiniert. Schiebler gab jedoch nicht auf - im Gegenteil! 

Zumal er bereits im Norden Celles (Lüneburger Straße 16 - heutiges AKH-Gelände) ein Haus und angrenzende Flächen besaß, wollte er im Norden der Stadt Celle einen neuen Gärtnereibetrieb aufbauen. Er hatte auch schon einige der dazu nötigen Flächen erstanden. 

Bis zum Jahr 1848 wuchs die neue Gärtnerei Schieblers auf 35 Morgen und 85 Quadratruthen an - heute etwa 93.595,11 Quadratmeter. Etwas mehr als 13 Fussballfelder. Für damalige Verhältnisse eine ungeheuer große Fläche! 

Es gelang Johann Ludwig Schiebler durch unermüdlichen Fleiß bereits 1788 den sog. "Langengarten" für 200 Thaler, 1789 und 1790 je ein weiteres Stück Land (bei der Altenhagener Gasse) und 1791 ein Stück Kirchenland zu erwerben. Zunächst wurde dort mit der Aufzucht von ziergehölzen, Beerensträuchen und Obstbäumen begonnen. 

Durch einen Tausch gelang es Johann Ludwig Schiebler im Jahr 1852 ganze 350 Morgen Heide bei Starkshorn gegen das ehemalige Forst Tannholz (110 Morgen) einzutauschen. Er tauschte das Land mit der königlichen Domänenkammer und erhielt letztlich ein bei Vorwerk gelegenes Waldgelände. Fünf Jahre zuvor war die Eisenbahnlinie Hannover-Hamburg (1847) eingeweiht worden, die nun das Gelände Schieblers durchlief. 




Bild: der ehemalige Forst Tannhorst, westlich von Vorwerk. 
Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1780. 



Das Gelände war mit Nadel- und Laubgehölz bewachsen und muste erst gerodet werden. Es konnte daher auch erst nach und nach bewirtschaftet werden. Aufgrund der natürlichen Standortfaktoren eignete sich das Gelände jedoch vortrefflich für den Gärtnereibetrieb. Es ist nach Süden leicht abschüssig und besitzt unterschiedliche Bodenarten. 



Bild: Tannholz nach den Rodungen. 
Quelle: Karte des Deutschen Reiches 1904. 


Bemerkenswerter Weise waren Schiebler & Sohn die Ersten, die in Deutschland die neue Kartoffelsorte "Victoria" einführten. Diese war 1863 von William Peterson in Schottland gezüchtet worden. Die neue Sorte sollte eine Antwort auf die Kartoffelfäule bieten. Bis heute ist sie weit verbreitet. 


Die Hamburger Garten- und Blumenzeitung widmete Johann Ludwig Schiebler 1870 folgenden Artikel: 


Bild: Artikel über die Celler Gärtnerei Schieblers. 
Quelle: Neue allgemeine deutsche Garten- und Blumenzeitung, Band 26


Johann Ludwig Schiebler war ebenso der erste , der im Celleschen den Tabakanbau erprobte. Nach umfangreichen Investitionen und dem Ausgang des Krieges in Amerika gab Schiebler dieses Unterfangen jedoch wieder auf. 

Er blieb unverheiratet und hatte keine  eigenen Kinder. Dennoch besaß er einen Nachfolger:  seinen Pflegesohn, Johann Heinrich Ebermann (genannt: Schiebler). Dieser bereits 1787 geborene junge Mann ging beim alten Schiebler in die Lehre. Nach seinen Wanderjahren stiegt er im Jahr 1808 in das Geschäft ein. Seit dieser Zeit nannte sich die Firma "Schiebler & Sohn". In den folgenden Jahren wurde der Betrieb durch ständige Landzukäufe erweitert (Molkegarten in Altenhagen, Landstück hinter dem Prinzengarten und "im Moore"). 



Bild: Adressbucheintrag, Schiebler. 
Quelle: Adressbuch der Stadt Celle 1917. 




Bild: Preisverzeichnis. 
Quelle: Preisverzeichnis vom Gartenmeister Johann Ludwig Schiebler & Sohn aus dem Jahr 1854. 


Nachdem Johann Schiebler bereits 40 Jahre in seinem eigenen Betrieb tätig war, verkaufte er im Jahr 1817 das Geschäft an seinen Pflegesohn Johann Heinrich Ebermann (Schiebler). Dieser erwarb es für 6500 Thaler. Die Kaufsumme blieb gegen Verzinsung bestehen und Johann Schiebler sicherte sich das Recht auf Wohnung (Altenteil). Im Jahr 1833 starb Johann Ludwig Schiebler im Alter von 83 Jahren. Ebermann vergrößerte den Betrieb in den Folgejahren durch weitere Landankäufe (Charlottenburg bei Altenhagen). 


Im Jahre 1823 wurde der erste Katalog herausgegeben, er enthielt zwar noch kein Sortenverzeichnis, es waren aber die verschiedenen Arten angeführt, wie Apfel- und Pflaumenbäume für 9 Gute-Groschen, Zwetschgen: 8 Ggr., Kirschen: 11Ggr., Birnen: 14 Ggr., hochst. Lindenbäume: 12 Ggr. usw. Erst im Jahre 1834 erschien der erste Katalog mit Namenverzeichnis, und zwar etwa 120 Apfel- und 50 Birnensorten; von nun an wurde auch der Katalog regelmässig in jedem Jahre neu herausgegeben. Es fand schon ein reger Versand nach auswärts statt, auch wurden Samenniederlagen in verschiedenen Provinzstädten eingerichtet. Im Jahre 1835 wurde der gesamte Grund und Boden mit 12.600 Thalern bewertet. 

Johann Heinrich Ebermann heiratete und hatte 5 Kinder. 



Die letzten Schiebler...


Der älteste Sohn von Johann Heinrich Ebermann wurde gemäß des Wunsches seines Großvaters ebenfalls Gärtner. Er hieß Jakob Friedrich Ludwig Ebermann (Schiebler)

Man bedenke: 



Bild: Grabmal Jakob Friedrich Ludwig Schieblers
Quelle: eigenes Bild. 


Jakob Friedrich Ludwig Ebermann (Schiebler) lernte in Herrenhausen und arbeitete auf der Pfaueninsel bei Potsdam. Später ging er in den botanischen Garten in München und von dort nach Wien, wo er in der einst berühmten Baumschule von Rosenthal arbeitete. Während er die Steiermark, die Schweiz, Italien, Frankreich, England, Belgien Irland und Schottland bereiste, wirtschaftete sein Vater auf der heimischen Gärtnerei bei Celle. 

Im Alter von 24 Jahren kehrte Jakob Friedrich Ludwig Ebermann (Schiebler) im Jahr 1837 nach Celle zurück. Dort angekommen trat er in das väterliche Geschäft ein und brachte es zu nie geahnter Größe. Er ließ Gewächshäuser nach französischem und englischen Muster erbauen. Er führte Staudenkulturen ein. Er kultivierte eine unglaubliche Sammlung von Ziergehölzen und Rosen. Einhergehend mit diesen Entwicklungen kaufte der junge Ebermann (Schiebler) weite Flächen bei Groß Hehlen, Altenhagen und bei Celle auf. 


Bild: Flurnamen "Tannholz". 
Quelle: Region Celle Navigator. 


In diese Zeit fielen die Neuzüchtungen wie "Schieblers Mörgenröte" (Maierbse), eine Stangenwachsbohne, Schieblers neue Zuckerrunkel, Schieblers rote Eierpflaume, Schieblers Herbstborsdorfer und 1864 Schieblers Taubenapfel, der noch heute im Handel ist. Auch eine gelbe Levkoje, sowie an Coniferen: "Picea orientalis Schiebleriana" und "Thuja gracialis Schiebleri" verdanken Ebermann ihre Züchtung. 

Im Jahr 1849 setzte Ebermann (Schiebler) bei der Eisenbahndirektion durch, dass Pflanzen als lebende Gewächse zum einfachen Frachtpreis transportiert werden konnten. Vorher war auf diese Waren ein doppelter Frachtpreis zu entrichten. im Jahr 1874 wurde Ebermann in den Landtag gewählt und 1877 in den Vorstand des "Deutschen Pomologenvereins" (Pomologie = Obstbaumkunde). 

Als der König von Hannover die Obstbaumplantage Schiebler & Sohn besuchte und sich Ebermann nicht als Schiebler vorstellte, forderte der König ihn persönlich auf sich in "Schiebler" umzubenennen. So wurde aus dem Pflegesohn Ebermann abermals Schiebler. 

Der älteste Sohn Jakob Friedrich Ludwig Schieblers hieß Heinrich Schiebler. Er wurde 1840 geboren und trat bereits 1860 in den Gärtnereibetrieb ein. Er hatte, wie sein Vater einige wichtige Stationen in der internationalen Gärtnerausbildung durchlaufen. So war er ebenfalls in Potsdam, Schottland, und England gewesen. Aus dem Erlös einer selbst verfassten Festschrift finanzierte er sich eine Reise durch Deutschland und die Schweiz, Frankreich und Algier. Auch darüber schrieb Heinrich Schiebler ein Buch. 

Als Jakob Friedrich Ludwig Schiebler 1877 in den Landtag eintrat, führte sein Sohn Heinrich das Geschäft in Celle gemeinsam mit seinem Bruder alleine weiter. Sein Bruder hieß ebenfalls Ludwig und hatte die Gärtnerei in Potsdam erlernt. Er zog auf das Anwesen in Tannholz bei Celle. Am 29. November 1882 starb der Vater. Als 1889 nach langem Leiden auch sein Bruder Heinrich verstarb, zog Ludwig Schiebler zurück nach Celle in die Lüneburger Straße 16. 

Eine schlimme Zeit setzte für den Betrieb ein. Ludwig Schiebler starb im Jahr 1894. Seine Ehefrau führte fortan die Geschäfte weiter, da sein ältester Sohn noch nicht volljährig war. Sie konnte einen weiteren verfall der Firma nicht aufhalten. Auch sie verstarb bald darauf im Jahr 1896. 

Die Firma wurde vormundschaftlich vom Garteninspektor Kähler weitergeführt. In den Jahren 1902 bis 1908 schaffte es Hermann Belz erneut ein laufendes Geschäft zu etablieren, welches in den Jahren 1909 bis 1916 durch nun volljährigen Sohn Ludwigs fortgeführt wurde. Auch dieser hieß Ludwig und setzte alles daran den väterlichen Betrieb zu retten. 

Ludwig Schiebler diente als Leutnant im Reserve Infanterie Regiment 201 der 1. Kompanie (später 8. Kompanie). Er gilt seit dem 21. Oktober 1917, der Schlacht am Chemie des Dames als vermisst (Verlustlisten des WK I, Seite 13.502). 

Damit war der Gärtnereibetrieb der Schiebler ein für allemal verloren. 

Die ehemaligen Besitzungen kaufte nun die Stadt Celle nach und nach auf. Zunächst wurden sie durch einen Gutsinspektor verwaltet. Später wurden einige der bei Celle gelegenen Flächen zum Bau des Celler Friedhofs verwendet. 



Die Blütezeit...


Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte der Gärtnereibetrieb eine ungeahnte Blüte. Dies hebt unter anderem der Bericht der Hamburger garten- und Blumenzeitung hervor. Darin geht es um den einen Besuch ausgewählter Gäste auf den Plantagen der Schieblers in Celle: 




Bilder: Hamburger Garten- und Blumenzeitung. 
Quelle: Hamburger Garten- und Blumenzeitung, 1864. 



Weitere Impressionen...



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. Umgestützter Grabstein. 
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 


Der Stein trägt die Inschrift "Hier ruht unser lieber Sohn Heinrich … (Geburts- und Sterbedaten unleserlich)". 



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 


Der Stein lautet auf den Nachnamen "Schiebler"


Bild: Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 


Bild: Privatfriedhof der Schiebler. Grabstein J. FR. Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 



Bild: Weg zum Privatfriedhof der Schiebler. 
Quelle: eigenes Bild. 



 Bild: Blick in Richtung Vorwerk. Hier wuchsen einst die Obstbäume der Schieblers. 
Quelle: eigenes Bild. 





Bild: Blick auf den Privatfriedhof von Vorwerk aus (Talweg). Vor den Bäumen wuchsen einst die Obstbäume...
Quelle: eigenes Bild. 




Freimaurer...


Jakob Friedrich Ludwig Ebermann (ab 1859 Schiebler) gehörte der Celler Freimaurerloge an. Er war Meister vom Stuhl "des Hellerleuchtenden Sterns" - der Freimaurerloge Nr. 242 zu Celle. Bereits der Prinz Ernst von Mecklenburg-Strelitz war einer Loge der Freimaurer zugehörig. 

Dementsprechend erklärt sich auch die Symbolik des Grabsteins: 

Bild: Grabstein Jakob Friedrich Ludwig Schieblers. 
Quelle: eigenes Bild. 


Ganz nach der humanistischen Tradition der Freimaurer sei die Symbolik und der Spruch wie folgt erläutert: 



Quelle: Quelle: Hamburger Garten- und Blumenzeitung, 1864. 




Das Ende...


Es ist nicht weiter verwunderlich, dass die Schiebler'schen Besitztümer untergingen und schließlich an die Stadt fielen. Niemand hatte ein Interesse am Fortbestand eines großen Gärtnereibetriebes. Die Bauern wollten schnellstmöglich Zugriff auf kultiviertes Ackerland erhalten. Der Staat brauche im- und nach dem Ersten Weltkrieg alle verfügbaren Ressourcen - für Kunstzüchtungen und Gartenliebhaberei war kein Platz. 



Fazit


Heute erinnert nichts mehr an die ehemaligen Besitztümer und positiven Einflüsse auf Celles Entwicklung durch die Familie Schiebler. Ein verrottender Privatfriedhof ist alles, was den Mitbegründern der modernen Agrarwirtschaft geblieben ist. Täglich rauschen etliche Personen- und Güterzüge an dem Ort vorbei, der einst ein Celler Vorzeige-Projekt war.


Bild: Privatfriedhof der Schieblers. Hintergrund: ICE aus Hamburg. 
Quelle: eigenes Bild. 


Während der Begründer und Vertreter moderner Agrarwirtschaft, Albrecht Thaer, einen eigenen Platz und ein großzügiges Denkmal im Zentrum der Stadt bekam, ruhen die Mitbegründer Norddeutscher Agrarkultur neben einer Zugtrasse. Auf einem verwahrlostem Friedhof. 

Dabei waren Thaer und Schiebler Zeitgenossen und Gleichgesinnte. Sie pflegten ein freundschaftliches Verhältnis und gaben einander Ratschläge. Thaer soll Schiebler zum Bau seiner Großgärtnerei angeregt haben. Umgekehrt soll Schiebler Thaer, der zunächst im Celleschen nur als Arzt bekannt war, dazu ermutigt haben in den Bereich der Agrarwirtschaft einzusteigen. Im Nachhinein lassen sich die Erfolge nicht gegeneinander aufwiegen. 

Dennoch bleibt festzuhalten, dass der Gründer des Celler Betriebes, Johann Ludwig Schiebler, wie auch seine Nachfahren, alles an den Ausbau ihrer Firma in Celle setzten. Obgleich es Misserfolge gab und anderweitige internationale Herausforderungen lockten, blieben die Schieblers der Stadt Celle treu und waren dabei einer der wichtigsten Arbeitgeber für fast 100 Jahre. 

Flächenmäßig war das Unternehmen der Schiebler-Familie stetig gewachsen und umfasste am Ende weite Teile des nördlichen Celles. Dabei waren es auch die Schiebler, die die Böden kultivierten und später wichtige Reformen (Verkoppelung des Rolandes bei Altenhagen) durchführten. 

Darüber hinaus wurde der Name Schiebler überregional bekannt und stand für Fleiß, Schaffenskraft und Innovation. Letztere betrieben besonders die ersten Schieblers in Celle wie keiner sonst. Die Einführung der neuen Kartoffelsorte "Victoria", der erste Tabakanbau in Norddeutschland und unzählige Entwicklungen neuer Sorten ist ihnen zuzuschreiben. Teilweise existieren diese Sorten sogar noch heute, wie beispielsweise "Schieblers Taubenapfel". 

Als der Adel sich immer weiter aus Celle zurückzog, fiel eine wichtige Grundlage der Landschaftsgärtner weg. Die Anpassung an privathaushaltliche Bedürfnisse gelang nicht in allen Bereichen. Zu diesem Zeitpunkt hatten es die Schiebler jedoch auch selbst schon politisch weit gebracht und waren mit Jakob Friedrich Ludwig Schiebler im Landtag vertreten. 

Trotz aller Bemühungen gelang es nicht den Fortbestand des Betriebes über das Kaiserreich hinaus zu sichern. Nachdem sein Vater, Jakob Friedrich, sein Bruder Heinrich und dessen Frau innerhalb von nur 15 Jahren nacheinander verstarben, setzte Ludwig, als letzter Schiebler alles daran den familiären Betrieb zu retten. Er gilt seit Ende des Ersten Weltkrieges als vermisst. Zuletzt kämpfte er in einer der blutigsten und zehrendsten Schlachtes des Krieges. 

Trotz der Tragik der vorliegenden Familiengeschichte zeichneten sich schon bald positive Verwedungsmöglichkeiten für die ausgedehnten Gärtnereiflächen ab: bei Groß Hehlen und Vorwerk entstand weites und kultiviertes Ackerland. Teile des Betriebes an der Lüneburger Straße wichen zugunsten des AKH, welches nach dem Ersten Weltkrieg expandierte. Andere Flächen dienten zur Errichtung des Celler Friedhofes. 
Was ist geblieben von dem einstigen Celler Vorzeigebetrieb? 

Liest man den Grabvers:



"WER IM GEDÄCHTSNISS 
SEINER LIEBEN LEBT, 
IST JA NICHT TODT, 
ER IST NUR FERN!

TODT NUR IST, WER
VERGESSEN WIRD." 


fragt man sich wie es sein kann. Wie konnte eine so einflussreiche Familie derart schnell aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwinden? 

Heute erinnert nur eine Seitenstraße (Schieblerstraße), hinter dem Stadtfriedhof, an die Familie. Nur in den älteren Geschichtsbüchern (C. Cassel, O. Weltzin) taucht der Name "Schiebler" überhaupt auf. 

Meiner Meinung nach ist dies einer geschichtlich verwurzelten Stadt wie Celle nicht würdig. 

Immerhin sei eines schon jetzt erreicht: die Toten werden nicht vergessen sein. 



Viele Grüße, 

Hendrik



Weiterführende Links: 















5 Kommentare:

  1. Malwieder sehr interessant, ich freue mich immer über neue Geschichten rund um meine Heimatstadt Celle.
    Wären solche Beiträge nicht auch für das Kulturlandschaftswiki interessant?
    http://www.kleks-online.de/

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  2. Die Geschichte des Tannholz erklärt ja auch die besonderen Bäume, die am Vorwerker Bach bei der Überquerung durch die Bahn stehen. Sie sind auf jeder Karte eingezeichnet. Einer ist jedoch schon umgestürzt... Leider ist außer der behördlichen Markierung kein weiterer Hinweis vor Ort angebracht. Wenigstens eine botanische Bestimmung wäre schön...
    Gruß BM

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  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. Moin
    Ein schön schauriger Ort. Leider waren dort schon Grabschänder am Werk. Von alleine sind die Grabsteine bestimmt nicht umgefallen.
    Ist etwas über das abgebrannte Haus bekannt? Wann abgebrannt?, Von wem bewohnt?, Hatte es eine Bezug zum Friedhof?
    LG

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    1. Einen umfassenden und sehr langen Bericht zum damaligen Brand, seinen Brandstifter und die Arbeit der Feuerwehren enthält das Buch "Die Webersiedlung - Beiträge zur Geschichte Vorwerks" von Joachim Hartig, 1987, Siedlergemeinschaft Celle-Vorwerk. Die alte Burgvogteil wurde 1853 abgebrochen, und in Tannholz wieder aufgebaut. Der Enkel von Louis Schiebler, Heinrich Ehlers lebte 1987 noch und erfreute sich bester Gesundheit. Nach ihm verwaltete sein Schwiegersohn, Wilhelm Otte, das Gut, was danach wieder dessen Schwiegersohn, Wilhelm Knoop gehörte.

      Die Grabsteine wurden übrigens vom ehemaligen realen Familien-Friedhof dorthin "entsorgt", weil zur Nazi-Zeit niemand diese Grabsteine auf dem Hof sehen wollte und an der jetzigen Stelle abgelegt. Beerdigt ist an dieser Stelle niemand. Eine Gedenkstätte, ein Familiengrab und die letzte Ruhestätte, irgendwo dicht hinter Bahngleisen, wäre übirgnes auch damals schon nicht in Frage gekommen.

      Zum Brand: der Brandstifter war ein Landarbeiter aus Hustedt, der volltrunken als Brandstifter unterwegs war. Aufgegriffen hatte die Polizei ihm am Silbersee, schlafend. Alles weitere im lesenswerten Buch über die Geschichte Vorwerks (s.o.) Joachim Hartig recherchierte vieles, von der Steinzeit bis zum Erscheinungsjahr 1985. Hartig war lange Zeit, bis zu seinem Tode, der Ortsbürgermeister von Vorwerk.

      Heute erinnert die Schieblerstraße in Celle (nähe Stadtfriedhof) an die Familie Schiebler. So ganz vergessen ist die Familie Schiebler also durchaus nicht.

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