f März 2012 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Dienstag, 27. März 2012

Die Nordburg



Wir kennen unsere Landschaft als eine Mischung von Wiesen, Feldern, Kiefernwäldern und Dörfern. Es bereitet uns keine Probleme ins Auto zu steigen und 15 Kilometer zum Einkaufen zurück zu legen, dabei begradigte Flüsse zu passieren und auf befestigten Landstraßen schnell gen Ziel zu fahren. Uns scheint es unvorstellbar welchen Umständen unsere Vorfahren bei derartigen Unterfangen ausgesetzt gewesen sein mochten.
Dieser Eintrag soll die Geschichte der Nordburg näher erläutern. Dabei werde ich sowohl auf die damaligen Zustände als auch auf die heutigen zu sprechen kommen.

Wie schon der Name sagt handelt es sich bei der Nordburg um eine "Burg". Sie war aber keine "Ritter-"Burg so wie es einem nun in den Sinn kommen mag. Vielmehr war sie ein Zufluchtsort, ein befestigter Platz der Schutz gegen einfallende Feinde bieten sollte.
Annahmegemäß war die Nordburg die nördlichste Burg des Bistums Hildesheim. Zumal das "Flotweddel" (= Flot von "Fließen" und Weddel von "Widdi" = "Wald" --> sinngemäß für feuchte Wälder) um 900 zum Bistum Hildesheim gehörte, erscheint das plausibel.
Der Theorie nach bildete die Burg eine Verteidigung gegen die Wenden (Definition, Geschichte der Wenden). Die Wenden waren in weiten Teilen Nord- und Ostdeutschlands heimisch. Sie waren ein slawischer Volksstamm der aufgrund seiner "heidnischen" Abstammung oft in Konflikte mit den christlichen Provinzen geriet. Orte wie "Wendeburg" oder das "Wendland" geben heute noch wieder wo das Volk einst heimisch war.

Ortsbeschreibung:

Nordburg liegt etwa 7 Km östlich von Wienhausen und ca. 3 Km hinter Schwachhausen. Im Süden liegen die bewaldeten Dünen der Aller. Im Norden liegt das Schwarzwasser. Weiter im Norden liegen die morastigen Allerdreckwiesen. Bis zur Begradigung beider Flüsse war die Gegend um Nordburg sehr feucht. Eine Burganlage war dort sehr schwer einnehmbar.

Geschichtliche Entwicklung:

Um 993 errichtete Bischof Bernward am äußersten Rand seines Bistums ("wo Oker und Aller zusammenfließen") eine Verteidigungsanlage gegen Slaweneinfälle (Wenden), welche er mit bewaffneten (sog. "Gewappneten") Truppen versah. Diese Burg, die Mundburg, wurde lange Zeit an der heutigen Okermündung bei Müden (heutiges Gut Dieckhorst) vermutet. Zu jener zeit jedoch floss die Oker nicht bei Müden in die Aller, sondern zwischen dem heutigen Bockelskamp und Wienhausen. Anhand von Sedimentation und Dünenaufwerfungen im Raum Langlingen - Wienhausen - Sandlingen ist der alte Flussverlauf noch heute nachvollziehbar. Wenig später ließ Bernward auch noch bei Wahrenholz, weiter im Norden eine derartige Schutzburg errichten. Diese Burg bei Wahrenholz lag an einer alten Handelsstraße aus Richtung Wittingen. Die Burg bei Wahrenholz sicherte die einzig passierbare Stelle im sonst moorigen Gelände und war somit hervorragend geeignet um die nördlichsten Grenzen des Bistums Hildesheim vor einfallenden Horden zu schützen. Neure Theorien besagen, dass die Mundburg (ursprünglich Müden) bei Wienhausen zu vermuten sei, da sie dort ebenfalls in der Lage gewesen wäre die Handelsstraße an anderer Stelle zu schützen. Für diese Theorie spricht sowohl der Beweis des alten Flussverlaufes der Oker, als auch noch ein anderer Aspekt. Wienhausen wurde um 1053 durch Kaiser Heinrich III Markt- und Münzrecht verliehen. Das Münzrecht war ebenso eine wichtige Eigenschaft der früheren Mundburg und der Burg bei Wahrenholz gewesen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Die Mundburg und Wienhausen enger miteinander verknüpft sind, als angenommen.

Im Jahre 1202 fiel die Gegend des Flotwedel durch Erbteilung unter den Söhnen Heinrich des Löwen dem Pfalzgrafen Heinrich zu. Ob nun die Nordburg zu einem angelegten System mehrerer Burgen gehörte die zum Schutz gegen die Wendeneinfälle angelegt wurde, bleibt offen.
Es bestehen Theorien, dass die alte Burg abgetragen wurde und in Schwachhausen wieder aufgebaut wurde. Laut zuverlässigen Quellen waren die Ackerböden bei Schwachhausen wesentlich fruchtbarer und besser zu bewirtschaften. Aus der reinen Kartenauswertung scheint dies schlüssig zu sein, denn Schwachhausen liegt "unterhalb" der Allerschleife. Ein Hochwasser wird also immer in Richtnung Nordburg gedrückt, während Schwachhausen und Offensen nur wenige Hochwasser zum Verhängnis wurden. Es wäre plausibel, dass die Nordburg am Standort des alten Rittergutes in Schwachhausen wieder aufgebaut worden sein könnte. Das ist jedoch rein spekulativ.

Es ist jedoch bekannt, dass Schwachhausen und Nordburg sehr eng miteinander verknüpft sind.

Schwachhausen und Nordburg:

Im 14. und 15. Jahrhundert lebte vermutlich ein Zweig der Familie v. Hodenberg auf der Nordburg. Sie gehörten zum Niedersächsischen Uradel (Informationen dazu). Wilhelm v. Hodenberg war der letzte männliche Nachfahre dieses Familienzweiges. Als die Herren von Langeln ausstarben, fiel das Gut zu Schwachhausen (Rittergut Schwachhausen) dem Wilhelm v. Hodenberg zu Lehen. Er war zwar der letzte männliche Abkömmling seiner Familie, hatte aber eine Tochter: Sophie Ilse v. Hodenberg. Diese heiratete den Süddeutschen Schenk von Winterstedt. Dieser wurde später Gutsherr über die Nordburger Bauern. An dieser Stelle schließt sich der Kreis.
Auf der einen Seite haben wir Nordburg, dass über eine alte Burganlage verfügte. Diese wurde jedoch im Zeitablauf mehr und mehr überflüssig, als die Zeiten sicherer wurden. Auf der anderen Seite haben wir den Langlinger Besitz an fruchtbaren Böden in Schwachhausen. Wie die von Hodenbergs in den Besitz der Nordburg kamen ist nicht sicher belegt. Sie waren jedoch schon seit jeher ein einflussreiches Adelsgeschlecht. Ihr Ihr Besitz ging in den der Schenk v. Winterstedt über.

Heutige Burg:

Heute ist die Burganlage in Nordburg immer noch begehbar und wird häufig besucht. Warum? - Der Friedhof liegt heute auf dem Gelände.
Der Glockenturm in der Mitte des heutigen Friedhofs ist auf alten Fundamenten des Wehrturms erbaut. Die Steine die dort das Fundament bilden wurden sehr häufig zum Burgenbau in der Gegend verwendet.




Man erkennt heute noch den Wall und einen Teil des Grabens. Auffällig ist der große Durchmesser der Anlage. Für eine reine "Fluchtburg" ist dies zu groß.




Schon in frühster Zeit ist von dem Friedhof in Nordburg die Rede. Zumal Wienhausen schon alleine wegen des Zisterzienser-Klosters nach 1300 eine Vormachtstellung einnahm und auch Offensen und Schwachhausen nicht über eigene Friedhöfe verfügte, ist verwunderlich, dass Nordburg einen eigenen Friedhof besitzt. Es kann vermutet werden, dass eine Bestattung der Toten in Nordburg selber notwendig wurde, wenn die Aller über längere Zeit über ihre Ufer trat.
Nach der Aller-Begradigung und dem Brückenbau bei Schwachhausen nahm die Landschaft ein gänzlich anderes Bild an. Heute kann man die Burg nicht mehr als solche erkennen. Daher ist es sinnvoll hier über sie zu berichten.


Vor - Fazit und meine eigene "Burgen-Theorie":

Alle der aufgeführten Theorien sind plausible Rückschlüsse, die auf geografischen, logischen und anthropologischen Schlüssen beruhen. Aber es bleibt dahin gestellt, ob die Mundburg, die Nordburg und die Burg bei Wahrenholz in einem so engen Zusammenhang standen. Vielleicht waren es auch nur "Polizeistationen" um bei einem Überfall informiert und gewarnt zu sein und wenigstens einige Truppen vor Ort zu haben.
Da es zur Mundburg bei Wienhausen bisher keine archäologischen Funde gibt, bleibt dies vorerst ein Mythos - auch wenn es plausibel erscheint aus heutiger Sicht. Ob die Nordburg eine echte Verteidigungsanlage war, oder nur der Nordburger Bevölkerung Schutz bieten sollte, ist nicht bekannt. Allerdings sprechen die Umstände für eine größere Anlage. Erstens war das Ackerland in Nordburg nicht besonders gut und zweitens war die Burganlage für das kleine Nordburg damals viel zu groß.

Ich stelle mal meine eigene Theorie auf was die Burg angeht.


Hier haben wir Hildesheim in der Mitte. Die Burgen darum herum sind Teil meiner Theorie.
Diese stützt sich auf der These eines "Verteidigungswalles" um Hildesheim.
Von der Mundburg gehe ich in meiner Theorie stark davon aus, dass es sinnvoll ist, sie bei Wienhausen zu vermuten. Betrachtet man eine Karte der Gegend, so erkennt man, dass Wienhausen, Nordburg und Wahrenholz eine fast waagerechte Linie bilden. Müden läge südlich zwischen Nordburg und Wahrenholz. Ein dortiger Standort ergäbe wehrtechnisch keinen Sinn.

Die beiden anderen Burgen sind Sassenburg und Vienenburg. Wobei Vienenburg und nahe liegende Burgen nachweislich unter der Herrschaft und dem Auftrag Hildesheimer Bischöfe entstanden (Vienenburg). Zwar liegen mehr als 200 Jahre zwischen der Entstehung der Burgen Wienhausen-Nordburg-Wahrenholz und der Vienenburg, jedoch dürften sie alle das Ziel gehabt haben Hildesheim zu schützen. Sassenburg ist eine sächsische Verteidigungsanlage die um 1300 entstand. Fraglich ist aber, ob es nicht dort schon vorher eine Burg gab. Möglicherweise wurde die sächsische Burg nur auf eine vorher entstandene, günstig gelegene Burganlage gebaut.
Die drei Burgen im Norden - die Linie "Wienhausen-Nordburg-Wahrenholz" scheint sehr naheliegend als eine mögliche Verteidigungslinie. Die Burgen hätten alle nur eine Entfernung von 8-10 Km gehabt, was sicherlich kein Zufall war.
Ich weise darauf hin, dass dies lediglich eine Theorie ist. Es müssen solche Theorien aufgestellt werden, damit es einen Grund gibt sie zu widerlegen zu versuchen.

Leider sind in diesem Beitrag recht wenig Bilder zu sehen. Auf Funde sind hier nicht enthalten. Gäbe es nachweisbare Funde, so wären sie von enormer wissenschaftlicher Bedeutung, denn sie würden eine der Theorien um die Burgen im Raum Wienhausen/Nordburg/Müden beweisen.

Ich werde diesen Artikel sicherlich noch einmal überarbeiten, sobald mir neue Erkenntnisse vorliegen.


Viele Grüße,

S.t.a.l.k.e.r.





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Ich suche jederzeit Material zur Heimatgeschichte. Wenn Sie alte Fotos, Postkarten, Zeichnungen, Karten oder andere geschichtliche Dokumente besitzen und gerne etwas dazu erfahren möchten, dann bitte ich Sie mich zu kontaktieren. Alle Informationen werden mit größter Sorgfalt behandelt! 

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Mail: found-places@live.de
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Mittwoch, 21. März 2012

Reichs-Berufs-Wettkampf 1934

21.03.2012

Dieser Beitrag wurde von mir aufgrund eines zufälligen Fundes recherchiert.

Ich war Ende letzten Jahres zufällig in der Celler Feldmark unterwegs und fand "im Vorübergehen" ein Abzeichen der HJ.
Es handelte sich dabei um ein Verleihungsabzeichen des Reichsberufswettkampfes 1934 der deutschen Hitlerjugend.

Vorderseite des Abzeichens. Das Hakenkreuz in der Mitte wurde absichtlich abgeändert um nicht gegen bestehende Gesetze zu verstoßen!

Der Fundzustand war um Vieles schlechter - erst nach sorgfältiger Aufarbeitung wurde der Schriftzug und die Prägungen wieder sichtbar...

Oben eingeprägt sieht man HJ für Hitlerjugend.

Eingefasst wird das Standart-HJ-Zeichen in der Mitte durch den Schriftzug "Reichsberufswettkampf deutscher Hitlerjugend 1934".

Rückseite. Eher umspektakulär. Im Ursprungszustand war hier eine Spange zur Befestigung angebracht. Außerdem war unten "Reichsverband Pforzheim" eingeprägt.



In besserem Zustand ist das Abzeichen hier zusehen:



Hier

Nicht ganz billig...wie man sieht.


Zum Reichsberufswettkampf:

Der Wettkampf gehörte zum Gleichschaltungsprogramm der NSDAP und wurde schon im Jahr 1933 durch die Reichsjugendführung und die Deutsche Arbeitsfront   (DAF) ins Leben eingeführt. 1934 fanden die ersten Wettkämpfe statt. Es nahmen ca. 500.000 Jugendliche in 20 unterschiedlichen Ausbildungsberufen teil.
Der Wettkampf diente zur Vereinheitlichung von Ausbildungsstandards und zur Überprüfung des Wissensstandes der Teilnehmer. Des Weiteren konnte so seitens des Staates leicht Druck auf Betriebe ausgeübt werden indem angedroht wurde die Ausbildungserlaubnis im Falle eines zu schlechten Abschneidens zu entziehen.
Ab 1935 kamen Disziplinen für studentische Berufe hinzu. Ab 1938 durften Erwachsene ebenfalls teilnehmen. Nach Kriegsbeginn verschwand der Wettbewerb von der Bildfläche. Lediglich 1944 kam es in Dresden zu einem versuch den Wettkampf wieder aufleben zu lassen.

Insgesamt wurde nach Außen das eigeizige Ziel verfolgt nur mit einer gut ausgebildeten Jugend wäre es möglich die wirtschaftliche Lage wieder auf Niveau  von vor dem ersten Weltkrieg heben zu können. Somit sollte der Glaube an die deutsche Wirtschaftsleistung gestärkt werden.
Real herrschten jedoch die Ziele der Partei vor. Die Bevölkerung sollte möglichst einheitlich auf den Willen des Führers ausgerichtet werden und in derartige Unterorganisationen eingegliedert werden. Der Wettkampf war zwar neben dem Reichssportwettkampf ein zentrales Medium der Außenrepräsentation der HJ, diente aber letztendlich nur den Gleichschaltungszielen Hitlers und der NSDAP.

Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Reichsberufswettkampf
http://www.ehrenzeichen-orden.de/nationalsozialismus/ehrenzeichen-kreissieger-im-reichsberufswettkampf-1939.html
http://www.militaria.cl/1203_orden_order_medal_germany_ww2.html

Beste Grüße,

S.t.a.l.k.e.r.




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Freitag, 9. März 2012

Das Ende der SS Kampfgruppe Wiking

Dieser Beitrag wird im Rahmen der Recherchen des bald erscheinen Buches "Die letzten Kriegstage" grundlegend überarbeitet! 



Einleitung :

Viele verbinden mit dem zweiten Weltkrieg (WK II) Ereignisse die sich weit weg zugetragen haben. Das ist falsch - der Krieg hat sich auf unseren Straßen und in unseren Gärten abgespielt.
Dieser Beitrag soll die Geschehnisse um das Ende der SS Kampfgruppe Wiking näher beleuchten. Nicht alle Ereignisse lassen sich bis ins Detail nachvollziehen, aber anhand alter Karten, Aussagen von Augenzeugen und Beteiligten kann man sich ein Bild des Geschehens machen.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass sich dieser Beitrag von jeder Form der Verherrlichung der Ereignisse in und um den Krieg distanziert. Alle Informationen beruhen auf Recherche und der Interpretation von Fakten. Es können heute nur noch sehr wenige darüber berichten. Eine letztgültige Wahrheit gibt es nicht. 

Lage:
Langlingen - Wienhausen - Bockelskamp - Oppershausen - Nordburg - Hohne - Hahnenhorn - Bokelberge - Wilsche. (Geodaten im entsprechenden Bereich unten).

Ereignisse vom  02. bis zum 20. April 1945:

Gesamtkontext:

Frühjahr 1945:

Hauptsturmführer Nikolussi-Leck bekam den Auftrag mit einem sog. "Abholkommando" einige Kampfpanzer aus Deutschland zu seiner Division, die im Südosten (Balkan) kämpfte, zu überführen. Er wurde mit ca. 150 Mann per Zug aus Ungarn nach Hesselteich bei Gütersloh entsandt. Von dort aus gelangte das Abholkommando auf Umwegen nach Hannover - ohne die Panzer wie geplant in Paderborn in Empfang nehmen zu können. Die britischen Verbände standen zu diesem Zeitpunkt schon bis kurz vor Hannover. 


Hauptsturmführer Nikolussi-Leck (Ritterkreuz des E.K.: 9.04.1944 as SS-Ostuf.u.Chef 8./SS-Pz.Rgt. 5/5.SS-Pz.Div. "Wiking"/AOK 2/Heeresgruppe Mitte, Eastern Front)






Hauptsturmführer Nikolussi-Leck bei Kämpfen in Kowel (Ostfront) 


Am 02.04. kam es in Harsewinkel zu einem Schusswechsel mit Panzern der 5. US-Pz.Div, woraufhin sich die Kampfgruppe Wiking in Richtung Minden zurückziehen musste. 
In der Nacht vom 04. auf den 05. erreichten die Gruppe Bückeburg aus einem Fahrzeug-Depot 13 Schützenpanzerwagen (SPW) übernahmen. (Siehe hier: Schützenpanzer). Mit diesen Halbkettenfahrzeugen (Sd.Kfz.251) gelangte die SS-Kampfgruppe schließlich nach Hannover. Die Einheit ging in Verteidigungsstellung um die anrückenden amerikanischen Verbände aufzuhalten (nordwestlich von Stöcken, entlang der Reichsstraße 6). Man erwartete die herannahende 84. US-Inf.Div. Dazu kam es jedoch nicht, denn der Hauptsturmführer Nikolussi-Leck erfuhr von einem Arbeiter der Hanomag Werke, dass sich fabrikneue, kampfbereite Panzer in den Werkshallen befänden. Nachdem einige Panzerfahrer die fahrtüchtigen Panzer in Empfang genommen hatten, besaß die anfangs spärlich ausgestattete Kampfgruppe nunmehr die 13 SPW sowie 7 Jagdpanther und einen Bergepanther. 


Kampfpanzer Jagdpanther 1945.
Seitliche Ansicht. 

Der Panzer an sich war auf frontale Angriffe ausgelegt. Aufgrund seiner 8,8 cm Kanone und seiner starken Panzerung war er vielen der gegnerischen Panzer (z.B. dem amerikanischen Sherman) haushoch überlegen. Allerdings verfügte er über keinen drehbaren Turm. 


Ansicht von Oben. 

Zwar fehlten den Panthern die Zieloptiken, Munition und Treibstoff, diese wurden jedoch in Kürze aus einem Depot bei Celle (Scheuen) herangeschafft. Die Kampfgruppe Wiking war somit in Kürze zur stärksten gepanzerten Einheit, die in diesem Raum operierte, 
aufgestiegen. 



Es soll an dieser Stelle nicht weiter auf die Umstände eingegangen werden, die die SS-Kampfgruppe dazu veranlassten am 10.04. in Richtung Lehrte abzurücken. 


Zerstörter Jagdpanther (Wiking) in Hannover. 


Nach einem recht chaotischen Rückzug aus Hannover stand die Kampfgruppe nun in Lehrte und zählte noch 5 Panther, 9 SPW und den Bergepanther. Man plante nach Nordosten über Wittenberge zur Elbe durchzustoßen. 
In der Ortschaft Abbensen traf die Kampfgruppe Wiking jedoch erst einmal auf einige Panzer einer Panzer-Lehr-Division, der es gelangen war aus der Ruhrkessel auszubrechen. Die Gruppe wollte sich jedoch nicht der Waffen-SS-Kampfgruppe unter Leck anschließen und so für der Hauptsturmführer mit seinen Männern Richtung Uetze und weiter nach Langlingen. 

Langlingen - Wienhausen - Oppershausen: 


Auf dem Weg erbeutete die Gruppe zwei LKWs, sowie einen Jeep und machte ca. 50 Gefangene. Diese ließ der Hauptsturmführer Leck jedoch gegen Abend wieder laufen. Insgesamt sollte Feindkontakt vermieden werden, um kein Aufsehen auf sich zu ziehen. Das gelang auch soweit. 
Am 12.04. bezogen die Männer der Kampfgruppe im Wald westlich von Langlingen ("Langlinger Holz"), nicht weit östlich von Sandlingen ihr Nachtlager. Im Wald waren sie vor feindlicher Luftaufklärung weitgehend geschützt.


Lageentwicklung am 12.04.1945. (Bild: Saft).

Man erkennt die "versteckte Kampfgruppe im Wald bei Sandlingen.




Nikolussi-Leck entsandte einen schwer bewaffneten SPW um die Allerbrücke bei Wienhausen zu sichern. 
Zu dieser Zeit waren sämtliche Allerbrücken (bis auf Schwachhausen, Altencelle und Wienhausen) 
bereits durch deutsche Truppen gesprengt worden um den alliierten Vormarsch zu stoppen. (Siehe dazu: Allerbrücke Schwachhausen). Es war also eine sehr wichtige Aufgabe der Amerikaner eine unzerstörte Allerbrücke zu erlangen. 


Allerbrücke bei Wienhausen 1937.




Gegen Mittag am folgenden Tag fand der Spähtrupp der SS-Kampfgruppe (SPW) die (noch) unzerstörte Brücke vor. Es waren schon Sprengladungen angebracht. Möglicherweise um das Kloster Wienhausen zu schonen (in dem Verwundete versorgt wurden) ließ der Spähtruppführer auf der Oppershäuser Seite der Aller in Stellung gehen. Dies sollte ihnen zum Verhängnis werden, denn fast zeitgleich rollten aus Richtung Bockelskamp bereits die ersten SPW amerikanischer Verbände des 333. US-Rgt unter Befehl von Capt. Bradford heran. Sie legen Halt ein um zu überprüfen ob die Wienhäuser Allerbrücke noch intakt sei. Nachdem die Amerikaner den lauernden SPW erspäht hatten, eröffneten sie sogleich das Feuer. Mit einer so großen amerikanischen Übermacht hatten die SS-Soldaten nicht gerechnet. Vielleicht führte das dazu, dass der deutsche Feldwebel Ehrbeck glaubte von eigenen Truppenteilen beschossen zu werden. Er fuhr eiligst mit einem Fahrrad die Straße von Oppershausen Richtung Wienhausen um dem Dauerbeschuss Einhalt zu gebieten. Als er seinen Fehler erkannte war es zu spät - er wurde von amerikanischen Soldaten erschossen. 
Die Lage für den Spähtrupp auf der Oppershäuser Allerseite wurde nun immer verzweifelter, denn zwischen ihnen und ihrer Einheit lag die Aller und ein Regiment der Amerikaner. Als sie diese nicht länger aufhalten konnten, befahlt ihr Obersturmführer die Sprengung der Brücke. Somit bildete die Aller erst einmal ein natürliches Hindernis für die Amerikaner. Diese beschossen Oppershausen nun mit Mörsern und Phosphor (Brandmunition). Viele Gebäude wurden zerstört. Es gelang den 12 SS Soldaten jedoch die Ortschaft noch ganz 9 Stunden zu halten und damit ihrer Kampftruppe zeitlichen Spielraum zu verschaffen. 
Die Soldaten wurden in Opperhausen beigesetzt. 

Nikolussi-Leck, der immer noch im Sandlinger Holz wartete befand sich durch die Brückensprengung bei Wienhausen nun jedoch in einer noch schlimmeren Lage, denn sein Handlungsspielraum wurde im Nordwesten (Wienhausen) durch das 333. Rgt. der U.S. Armee, im Norden durch den Mühlenkanal und im Südosten durch das, sich nähernde 3. Bat. des 334. U.S. Rgt beschränkt. Dass in diesem schmalen Streifen eine so kampfstarke Truppe versteckt liegen konnte, grenzt an ein Wunder (alle Truppen besaßen schließlich Aufklärung und erkundeten die Umgebung!). 
SS-Untersturmführer Karl Jauss schrieb hierzu später in seinem Buch:"Eine aus etwa 50 Panzern bestehende Kolonne war in Richtung Müden-Gifhorn unterwegs. Der Bahndamm von dem aus wir beobachteten war mehrere Meter höher als die Straße. Wenn wir Panzer mit Türmen gehabt hätten, wäre dies ein ungleicher Kampf geworden. Viele der Amis wären nicht davongekommen..." 
Es hätten an dieser Stelle nur drei Möglichkeiten bestanden: Aufgeben, Vormarsch, Abwarten. 
Leck entschied sich für den Vormarsch und setzte auf das Überraschungsmoment. 

Lage am 13.04.
Leck brach in Richtung Sandlingen vor bis zum Rand des Langlinger Holzes. Von dort aus ging es nordwestlich Richtung Wienhausen. Ein auf der Straße Offensen/Wienhausen fahrendes Artillerie Bataillon der Amerikaner wurde entdeckt und unter Beschuss genommen, woraufhin die Amerikaner in Wienhausen alarmiert waren und mit je einer Batterie die südöstlich Dorfeingänge sicherten. 
Leck führte daraufhin seine Kampfgruppe südlich um Wienhausen herum auf Bockelskamp zu. Aus den wienhäuser Überlieferungen ist bekannt, dass die Amerikaner den Wald (Sundern) unter Feuer setzten. 
Es gelang der Kampfgruppe Bockelskamp zu erreichen. Hier schoss die Gruppe noch vier Fahrzeuge einer amerikanischen Versorungskolonne ab. Ein aus Richtung Altencelle anfahrender amerikanischer Jeep geriet ebenfalls unter das Feuer der Deutschen. Er stürzte in einen Graben. Seine Insassen (Leutnant Robbins und sein Fahrer) wurden gefangen genommen. 
Nun schien für die Kampfgruppe abermals das Ende zum Greifen nah. In Wienhausen, Altencelle und Eicklingen standen die Amerikaner. Die Tarnung war aufgeflogen. Im Rücken floss die Aller. 

Unter den Dorfbewohnern fand sich ein Mädchen (Anna Scheller), die der SS-Gruppe über eine Furt durch die Aller berichtete. Die Bauern nutzten sie um die Heuernte vom Osterloher Ufer zu holen. Im Buch von Untersturmführer Karl Jauss tritt Anna Scheller schon früher in Erscheinung. Nämlich bevor die Kampfgruppe aus dem Langlinger Holz ausbrach. Möglicherweise ist dies ein Hinweis, dass Nikolussi-Leck schon vorher von der Furt gewusst hat und nicht erst in eine ausweglose Lage kam. Sein Ziel war ja der Durchbruch nach Osten um auf Deutsche Truppen zu stoßen. Hätte er sich für ein Verweilen im Langlinger Holz, oder einen Angriff in Richtung Langlingen entschieden, wäre diese Option versagt geblieben. 

Anna Scheller war (wie alle anderen Mädchen) beim BDM - Bund deutscher Mädchen (Gegenstück zur HJ) und soll damals ihre Uniform getragen haben. Freundinnen berichteten nach dem Krieg, dass es sich nicht um eine politisch motivierte Tat handelte, sondern, dass Anna Scheller immer schon sehr kameradschaftlich war. 
Wie nun die Ereignisse mit der Brücke in Schwachhausen (Eintrag hier) verbunden sind, ist nur mündlich überliefert. Die Brücke bei Schwachhausen stand ja noch und vermutlich wartete man mit der Sprengung eben auf genau diese SS-Kampfgruppe Wiking. Anders lässt sich ein Herauszögern des Sprengbefehls nicht deuten. Die Kampfgruppe war aber abgeschnitten und Schwachhausen zu erreichen wäre unmöglich gewesen. 

Die Furt bei Bockelkamp: 

Zwischen Dorf und Furt lag weites, freies Feld. Ebenso auf der anderen Seite der Aller zwischen Furt und rettendem Osterloher Wald. Sollten Jagdbomber oder feindliche Artillerie aufmerksam werden, wäre die Kampfgruppe in starke Bedrängnis geraten, da sie quasi auf dem Präsentier-Teller stand. Nachdem die Gegebenheiten auskundschaftet waren und man wusste, dass keine andere Option blieb, wurden die SPW an die Jagdpanther gekettet und als Notfall-Abschleppfahrzeug der Bergepanther bereit gehalten. Folgende Schilderung stammt vorwiegend aus den Überlieferungen des Untersturmführers Karl Jauss. 
Nachdem die Gruppe Kurs auf die Furt genommen hat, taucht plötzlich ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug auf. Dies führte nicht zu einer Planänderung der Kampfgruppe. Kurz bevor sie die Furt erreichen schlägt in ca. 800m Entfernung die erste amerikanische Artilleriegranate ein. Somit war zumindest der Standort der Gruppe aufgeflogen - nicht aber das Vorhaben. Die Artillerie schießt sich ein (anhand der Einschläge wird die Ausrichtung der Geschütze korrigiert). Das Beobachtungsflugzeug soll so nahe gekommen sein, dass es einem SPW gelingt einige Treffer mit der 2cm Kanone anzubringen woraufhin das Flugzeug, laut Aussage Karl Jauss', in etwa 1 Km abgestürzt sein soll. Jedoch soll gleich darauf ein zweites aufgetaucht sein. 


Nikolussi-Leck (Kowel). 



Als die Amerikaner erkennen, dass die Deutschen dabei sind durch den Fluss zu fahren, erkennen sie den Plan und belegen ein 500m x 500m großes Areal um die Furt mit schwerem Artilleriefeuer. Laut Jauss dampfte der weiche Wiesengrund zwar etwas die Splitterwirkung der Granaten, jedoch mussten die Panzer direkt in das feindliche Feuer fahren. Nach etwa 20 Minuten unter schwerem Beschuss schafft es die Kampfgruppe mit fast allen Panzern den Fluss zu überqueren. Ein SPW sprang nicht wieder an, da Wasser in den Motorraum gelaufen war. Die Infanterie traf es härter. Viele wurden verletzt. Sie wurden im Osterloher Holz versorgt. Der gefangene Leutnant Robbins und sein Fahrer waren die ganze Zeit dabei. Untersturmführer Jauss und Obersturmführer Ola Lin waren von der Hilfsbereitschaft der Amerikaner beeindruckt. So soll Leutnant Robbins einigen Verwundeten Deutschen geholfen haben.  
So hatte es die Gruppe abermals geschafft den amerikanischen Verbänden zu entkommen. Nach der Überquerung wechselten Leutnant Robbins und Hauptsturmführer Leck einige Worte. Leck bot ihm Zigaretten an, da die des Leutnants nass geworden waren. Leutnant Robbins schrieb nach dem Krieg: "Sie trugen ein Eisernes Kreuz um den Hals...Sie beeindruckten mich als exzellenter Soldat..."
Auf eine Frage konnte der Leutnant jedoch nicht antworten. Leck wollte wissen, warum Deutsche und Amerikaner überhaupt gegeneinander kämpften und sich nicht im Kampf gegen Russland verbündeten...

Die Amerikaner besetzten im nördlich gelegenen Lachendorf die Ortsausgänge und die Allerheide (Heidefläche am alten Postweg). 


Blick in Richtung Bockelskamp von der Osterloher Allerufer-Seite. Etwa auf dieser Höhe lag die ehemalige Furt. An der Stelle an der dieses Foto aufgenommen wurde, rasselten 1945 deutsche Panzerketten. 

Die Panzerschlacht bei Hohne und das Hahnenmoor: 

Nun wandte sich die Kampfgruppe am nächsten Tag Richtung Oppershausen. Dies wurde nördlich umfahren. 
Es zeigte sich eine weitere Herausforderung: die Allerdreckwiesen. Noch heute sind die ausgedehnten Flächen nördlich von Offensen/Schwachhausen/Nordburg und südlich von Lachendorf/Ahnsbeck/Helmerkamp meistens als Wiese genutzt. Zwar wurden durch Staugräben viele sumpfige Stellen trocken gelegt und urbar gemacht, aber es ist auch heute noch sehr nasses Terrain. Damals war es vermutlich um einiges schlimmer - keine Gegend die man mit schwerem Gerät befahren sollte. 
Der Kampfgruppe gelang es an diesem 14.04. aber eine schmale Wegpassage zu finden, welche ausreichend harten Untergrund bot. Heute dürfte diese in der Verlängerung des Asphaltweges zur Oppershäuser Schleuse liegen. Diese fuhr die Kampfgruppe bis südlich von Helmerkamp. 
Ob derweil ein Zusammenhang zu SS-Einheiten in Nordburg gegeben war, ist ungewiss. Wahrscheinlich war ein Vorstoßen durch die Allerdreckwiesen zu diesem Zeitpunkt nur möglich, weil die Amerikaner diesem Gebiet kaum Aufmerksamkeit schenkten. Laut Augenzeugen sollen sich SS-Einheiten aus Nordburg schon am 12/13.04. zurückgezogen haben. 

Die SS-Kampfgruppe ging über Helmerkamp und Neuhaus bis in das dichte Waldgelände "Harzhorn" vor. Dieses liegt südlich von Hohne gelegen. Im Süd-Osten liegt das Hahnenmoor. Dieses war für die ca. 45t schweren Panzer unüberwindbar. Heute werden die weiten Flächen des Hahnenmoores zwar landwirtschaftlich genutzt, aber vor der Trockenlegung war das Moor unbesiedelt und stellte ein natürliches Hindernis dar. 
Von Süden, aus Richtung Müden drang der Motorenlärm der Amerikaner (102. Infanterie-Div.). Somit entschloss sich der Hauptsturmführer Leck dafür von der alten Poststraße Richtung Gifhorn abzubiegen und weiter in Richtung Norden (Hohne/Ummern) vorzustoßen. 


Karte der Ereignisse um Hohne/Müden. 

Man muss wissen, dass eine so starke Kampfgruppe nicht einfach in einem Waldstück halten konnte um die Geschehnisse abzuwarten. 
1) hatte Nikolussi-Leck das Ziel in den Osten zu verbündeten Truppen zu stoßen und, 
2) wäre jeder Stopp der amerikanischen Luftaufklärung aufgefallen. Die Gruppe verdankte ihre "Tarnung" lediglich dem Umstand, dass sie in Bewegung blieb und sich somit nicht genau lokalisieren ließ. 

Hohne wurde Richtung Süden zu diesem Zeitpunkt von dem 771. Panzer-Bataillon der Amerikaner gesichert. Richtung Norden wird Hohne vom Bach "Wiehe" begrenzt - daher konnte ein deutscher Angriff nur aus Süden erfolgen. Jedoch rechneten die Amerikaner keinesfalls damit 60 Km hinter der Front einem deutschen Panzerüberfall standhalten zu müssen. So sicherten an diesem 14. April etwa 20 amerikanische Sherman Panzer Hohne in Richtung Süden gegen einen Feind, der von dort eigentlich nicht erwartet wurde. 

Amerikanischer Sherman. 
Aufgrund seiner Panzerung und Bewaffnung war er den meisten deutschen Panzern unterlegen. 



Die Amerikaner in Hohne werden ihren Ohren nicht getraut haben, als plötzlich Panzermotoren aus Richtung Süden zu hören waren. 
Leck befahl drei Jadgtpanther zur Sicherung abzustellen und ließ zwei Schützenpanzer sowie den drei anderen Jagdpanther nach Hohne vorrücken. 


Hohne heute. 
Auf diesen Feldern rückte die SS-Kampfgruppe vor 67 Jahren an den Ort heran. 


Die lauernden Shermans schossen auf die anrückenden Deutschen. Es muss verheerend gewesen sein. Die beiden Schützenpanzer brannten aus. Ebenfalls wurde einer der Jagdpanter getroffen und brannte. Fünf SS-Soldaten starben sofort. Überlebende retteten sich brennend aus den Fahrzeugen und schmissen sich auf den Boden um die Flammen zu ersticken. Einer der Jagdpanther schaffte den Durchbruch und fuhr Richtung Wittingen. Auch der dritte, im Angriff befindliche, Jagdpanthter wurde schließlich getroffen und brannte aus. Die drei Panzer die mit Leck zur Sicherung verblieben waren schossen sich derweil die Rohre heiß. Untersturmführer Jauß berichtete später, dass der Feind in Hohne "vollständig niedergekämpft wurde". 
Tatsächlich vernichtete die Kampfgruppe an diesem Tag sämtliche Panzer in Hohne. Der Ort war sturmreif. Jedoch fehlte der Panzer der Richtung Wittingen durchgebrochen war. Außerdem gab es zahlreiche Verwundete und die Kampfgruppe verfügte kaum noch über Geschosse. Leck ließ daraufhin Richtung Süden marschieren. 
Er wusste vermutlich nicht einmal über die Kampfstärke der Amerikaner und tat nur das was in diesem Moment rational war. Hätte in Hohne weitere amerikanische Verstärkung gewartet, wäre der Kampf verloren gewesen. Es war nun klar, dass der Kampf verloren war. Ohne Munition und Treibstoff in ungewissem Moorgelände war es nur eine Frage der Zeit, bis die Amerikaner wussten was sich abspielte und ihre Überlegenheit ausnutzten. 
Der durchgebrochene Jagdpanther soll angeblich bis Wittingen gekommen sein. Dort wurde er laut Aussagen von amerikanischen Jagdbombern zerstört. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er bei Gifhorn durch amerikanische Panzer abgeschossen wurde. 


Abgeschossener Jagdpanther bei Gifhorn. Vorne






Abgeschossener Jagdpanther bei Gifhorn. Hinten.






In Wirklichkeit werden sich die Überlebenden in Hohne gefreut haben, als sie die SS-Kampfgruppe Richtung Süden fahren sahen. Ohne Zweifel wäre es möglich gewesen Hohne zu erobern. Jedoch wäre es nicht zu verteidigen, geschweige denn zu kontrollieren gewesen. 
Es muss ein bedrückendes Gefühl gewesen sein sich auf heimischem Boden in unbekanntes Gebiet zurück zu ziehen, jedoch konnte sich die Kampfgruppe keinerlei Verluste mehr leisten. Die Verwundeten wurden einem Schäfer bei Hahnenhorn übergeben. Der verbleibende Rest der Kampfgruppe zog sich weiter Richtung Müden zurück. In der Nacht vom 14. auf den 15. erbeutete die Gruppe noch überfallsartig zwei amerikanische LKW in der Hoffnung, dass diese Treibstoff geladen hätten. Es handelte sich jedoch nur um Mehl. 
Klar, dass damit die Enttäuschung wuchs. Der Krieg war vorbei. Neben der "Wiking" rollten die amerikanischen Kolonnen Richtung Elbe. Keiner konnte dagegen mehr etwas ausrichten. 
Karl Jauss (Untersturmführer) vermerkte in seinem Buch, dass der Obersturmführer Ola Lin und der Hauptsturmführer Leck sich verabschiedeten und Leck Richtung Hohne fuhr. Er ergab sich dort den Amerikanern. Damit war auch für den Rest der Kampfgruppe die Zeit begrenzt. 
Die Amerikaner waren baff erstaunt, dass ein deutscher Hauptmann diese militärischen Operationen in ihrem Rücken durchgeführt hatte. Sie vermuteten mittlerweile eine "geheime" Panzerarmee und wollten einen General gefangen nehmen. Leck wurde aufs Schärfste durch den Geheimdienst verhört und geriet in Gefangenschaft. 
Die KG Wiking, die sich immer noch im Wald zwischen Müden und Wilsche aufhielt sollte aufgelöst werden. Am 15.04. wurden dazu die Vorbereitungen getroffen. Laut Jauss waren die Gefangenen (Überfall der LKW tags zuvor) in heller Angst - sie wussten nicht, dass sie am Abend freigelassen werden sollten. Der Untersturmführer ließ die amerikanischen LKW um 21:00 auf den Bahnübergang Bokelberge fahren und anzünden. Die Bahnstrecke Celle - Gifhorn war damit blockiert. Jauss besetzte mit vier Mann einen amerikanischen Jeep mit Maschinenpistolen und Panzerfäusten und schlug sich tatsächlich bis nach Süddeutschland durch. Der Rest der Gruppe zog Richtung Wilsche an den Bahngleisen entlang ab. Nach ca. 600m sollen die verbliebenen zwei Jagdpanther im Moor versenkt worden sein. 
Das ist jedoch falsch. Erstens war das Moor nicht tief genug und zweitens hatten die Panzer zu viel Fläche. Daher ist es nur realistisch, dass sie bis zu den Ketten einsanken und nicht mehr fahrtüchtig waren. Sie wurden dann vermutlich von den Soldaten angezündet um nicht dem Feind in die Hände zu fallen. Meine Großmutter war ca. zwei Jahre nach den Ereignissen dort mit dem Fahrrad unterwegs und erzählte mir von den Panzern, die dort im Graben standen. 
Laut Aussage vom Untersturmführer Karl Jauss wurde den "Fussmarschierern" ein Vorsprung gegeben bevor die Lastwagen auf den Gleisen angezündet wurden. 
In Wilsche tauschten die SS-Soldaten ihre Uniformen gegen Zivil und trennten sich. Ein Bauer beobachtete wie einige Soldaten ihre Gewehre auf Feldsteinen zerschlugen. Somit endet die Geschichte der KG Wiking am alten Postweg Müden - Wilsche. 

Heute/Funde: 

Alter Postweg. Blick Richtung der ehemaligen Haltestelle Bokelberge an der sich die SS-Kampfgruppe auflöste. 

 Die ehemalige Bahnstrecke Celle Gifhorn. Blick in Richtung Müden (Celle).


 Die ehemalige Bahnstrecke Celle Gifhorn. Blick in Richtung Wilsche (Gifhorn).


Laut Zeugenaussage soll sich in direkter Nähe zu der Stelle an der die Panzer "versenkt" wurden ein "kliner eingedeichter Graben" und eine Bahnstrecke befunden haben. Beides trifft hier zu!
Der Graben ist direkt im Bild erkennbar, während die Bahnstrecke links am Rand liegt...



Der ehemalige Bahnübergang Bokelberge. Hier wurden die amerikanischen LKW angezündet...
Heute ist dort nur noch Asphalt zu sehen.




Metallteil. Stahl. Gefunden an der recherchierten Stelle.

Metallsteil. Stahl. Dickwandig. Ebenfalls dort gefunden.


Metallteil. Stahl. Unmittelbar an der beschriebenen Stelle gefunden.


 Krater 1


 Krater 2
 Metallteil 3.


... Daraus folgt:

Die Panzer wurden natürlich nicht im Moor versenkt. Sie wurden am Wegesrand stehen gelassen, angezündet und nach dem Krieg (1949) verschrottet.
Die gefundenen Krater stammen aus der Zeit um 45. Das erkennt man am Bewuchs sowie am Zustand. Sie stammen definitiv von Sprengungen, da sie mit Metallsplittern (wie auf den Bildern) übersät sind. Somit ist deutlich, dass mithilfe meiner Recherche die Stelle auffindbar war an der sich die SS-Kampfgruppe Wiking aufgelöst hat.

Fazit:

Es liegt mir fern zu den Geschehnissen Stellung zu beziehen. Zumal beide Kriegsparteien Todesopfer aus den dargestellten Ereignissen zu beklagen haben kann man nicht von "Gewinn" oder "Verlust" reden.
Fakt ist jedoch, dass die Kampfgruppe Wiking unter Führung des Hauptsturmführers Nukolussi-Leck sehr effizient hinter den feindlichen Linien gewirkt hat. Während die Division Wiking an der Ostfront zu den berüchtigtsten SS-Divisionen zählte, verhielt sich die Kampfgruppe in der Heimat teilweise sogar "human". Unnötige Opfer wurden bewusst vermieden und Gefangene wurden nach Kriegsrecht behandelt und meist sogar wieder freigelassen. Den Soldaten der Kampfgruppe war anscheinend bewusst, dass Sie zwar unter dem geleisteten Eid standen, jedoch handelten sie überlegt und für damalige Verhältnisse sehr rational. Die Amerikaner waren ihnen zu diesem Zeitpunkt schon zahlenmäßig viel zu überlegen, als dass es Sinn gemacht hätte weitere Opfer einzugehen oder am 15.04. weiter zu kämpfen. Die Wiking-Soldaten bestanden zum Einen aus dem ursprünglichen Kern - aus gut ausgebildeten, kampferfahrenen SS-Soldaten. Zum Anderen jedoch waren im Laufe der Ereignisse um Hannover auch ständig neue Soldaten zur Gruppe hinzugestoßen. Es gab zu diesem Zeitpunkt natürlich keine kontrollierten Aufzeichnungen mehr. Das Ziel - die Elbe zu erreichen und zu verbündeten Truppen durchzustoßen war keineswegs unrealistisch. Im Raum Uelzen/Lüneburg operierte die Panzerdivision Clausewitz. Diese gehörte zur Armee Wenck. Hitler schmiedete in diesen Tagen in Berlin im Bunker der Reichskanzlei Pläne, wie die die Armee Wenck nach Berlin durchstoßen sollte um die Rote Armee aufzuhalten. Dazu kam es jedoch nicht mehr.
Die Kampfgruppe Wiking war mit Sicherheit sehr gefährlich für den alliierten Vorstoß im Raum Hannover. Hätte der direkte Befehl darin bestanden in Niedersachsen eine Verteidigung aufzubauen und dem Feind in die Flanken zu fallen, hätte es vermutlich höhere Verluste gegeben. Doch gerade an der Begegnung am alten Offensener Bahnhof erkennt man, dass die Wiking Soldaten nicht auf Konfrontation mit den Amerikanern aus waren.

Viele sehen die Ereignisse von damals immer unter dem Gesichtspunkt der Filmindustrie, die jahrzehntelang aus diesen Geschichten ein Bild geschaffen hat, das weder real war, noch hilfreich ist. Es ist absolut legitim zu versuchen den Krieg in all seinen Grausamkeiten darzustellen, jedoch lenkt das davon ab, dass die Menschen damals nicht aus angeborenem Menschenhass, sondern aus Ideologie und Überzeugung gehandelt haben.
An den letzten Tagen der SS-Kampfgruppe Wiking wird deutlich wie bedrohlich nahe der Krieg in unsere Heimat gekommen ist.

Ziel des Beitrages war, möglichst wahrheitsgetreu über diese (letzten) Tage des Krieges in der Region zu berichten. Der größte Teil der Zivilbevölkerung saß im Keller oder in Bunkern als sich dies alles zutrug - Unparteiische Zeugenaussagen sind somit selten. Überlebende gibt es nur sehr wenige. Somit beruht Vieles auf Recherchen aus Aufzeichnungen, Erzählungen und logischen Schlussfolgerungen. Dies bitte ich stets zu bedenken.

Nikolussi-Leck verstarb am 31.08.2008 in Bozen (Südtirol - seiner Heimat).
Hier der Wikipedia Eintrag. Ich sage jedoch gleich, dass dieser Eintrag nicht objektiv sein kann. Auch was die Recherche angeht, lässt er zu wünschen übrig, denn dass die Kampfgruppe Wiking aktiv in die Ruhrkesselkämpfe einbezogen wurde ist unrichtig.
http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Nicolussi-Leck

Über Rückmeldungen, Kommentare und Kritik freue ich mich!
Über Updates wird informiert.

Hier noch einige Bilder, die nicht sich nicht in den Beitrag einordnen ließen:

Leck mit einem Kampfpanzer Panther.


Karte der alliierten Vorstöße im April 1945 (Raum Braunschweig).



Nikolussi-Leck




Nikolussi-Leck


Gruß,

S.t.a.l.k.e.r.


Quellen:
- Karten aus "Krieg in der Heimat" von Ulrich Saft






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