f November 2012 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 26. November 2012

Die Kesselflickerkuhle bei Langlingen...

Die Kesselflickerkuhle bei Langlingen...


Heute widme ich mich wieder einmal den mythischen Legenden und Sagen unserer Heimat. Es soll um die so genannte "Kesselflickerkuhle" bei Langlingen gehen.


Kessel - Flicker - Kuhle...

Kessel...


Kessel waren früher nicht nur Teekessel, sondern auch Töpfe und andere zum Kochen verwendete Gefäße. Da man in Kesseln/Töpfen Essen zubereitete, stellten sie einen elementaren Gegenstand dar, der unbedingt instand gehalten werden musste!

Kessel/Töpfe gingen kaputt. Zum Einen, weil sie nicht aus unterschiedlich dehnbaren Metallen bestanden - wie heute - und sich daher bei großer Hitzeeinwirkung schnell verzogen und Risse bekamen. Zum anderen, weil sie häufig jahrelang genutzt wurden. (Bild-Quelle: Lüneburger Heimatbuch Bd. II)








Flicker...

Genauso wie es heute noch (sehr) vereinzelt Scherenschleifer (Scherenschleifer) gibt, gab es früher auch noch viele andere Wanderberufe. Diese wurden meist vom so genannten "Fahrenden Volk" (Fahrendes Volk) ausgeübt. Diese Leute wurden häufig als Zigeuner bezeichnet. Sie zogen mit ihrem Hab und Gut von Dorf zu Dorf, trieben Handel und übten ihre Wanderberufe aus. Beim bürgerlichen Volk bzw. der Dorfbevölkerung waren sie häufig nicht gerne gesehen. 



Dabei hatten es diese Menschen wirklich nicht leicht: durch Armut von der Gesellschaft ausgegrenzt, gerieten sie schnell in den Ausschluss vom sozialen Alltag. Für viele begann mit kleineren Vergehen eine teuflische Abwärtsspirale, die meist in einem Leben in der Wanderschaft endete. Rechtlich war es bestimmten Bevölkerungsschichten nicht erlaubt Berufe auszuüben (z.B. Zunft-Berufe). Schnell wurden ärmere Menschen aus der Stadt verwiesen und mussten sehen wo sie blieben. Sie mussten auf der Hut sein - Räubereien und Vergehen wegen Landstreicherei brachten sie schnell hinter Gitter. Ohne feste Bleibe waren sie auf das Wohlwollen ihrer Mitmenschen angewiesen - soziale Unterstützung Seitens des Staates gab es nicht. (Bild-Quelle: Der Speicher - Heimatbuch für den Landkreis Celle). 




Das "Fahrende Volk" gibt es praktisch schon seit jeher. Krisenzeiten, wie die Pest oder der Dreißigjährige Krieg (Kriege im Allgemeinen) brachten Menschen immer wieder dazu ihre Heimat zu verlassen. 

Als Berufe kamen für die ungelernten Menschen meist nur sehr einfache und schlecht bezahlte Tätigkeiten in Betracht (Kesselflicker). Vielerorts wurde den Wander-Beruflern unterstellt sie würden vagabundieren, betteln, stehlen und betrügen. Daher wollte auch niemand diese Leute zu lange in seiner Nähe haben...

Kuhle...

Dieser Teil des Wortes bedarf kaum einer Erklärung - eine Kuhle meint eine geologische Depression, d.h. eine Senke oder Mulde die sich durch ihre tiefere Lage vom Rest des Geländes abgrenzt. 

Der Ort...

Wir finden die mutmaßliche Kesselflickerkuhle im Langlinger Holz, westlich von Langlingen. 

Bild: Messstichblatt 1901. Quelle: Deutsche Fotothek. 

Wie in vielen Wäldern nahe der Aller finden sich auch im Langlinger Holz zahlreiche alte Dünen - noch aus der Zeit in der die Oker südlich des Langlinger Holzes floss. Diese Dünen sind schon sehr alt, wie Funde aus dem Mesolithikum (Mittelsteinzeit - ca. 6.000 bis 4.000 v. Chr.) belegen. Die Dünen sind heute mit Kiefern bewachsen. Vor noch gut 200 Jahren waren sie mit Heide überwuchert. 
Die Senken zwischen den Dünen bieten natürlichen Schutz. 

Bild: Langlinger Holz westlich von Langlingen. Quelle: Google Earth. 

Heute fallen die "Kuhlen" kaum noch weiter auf. 

Bild: Kesselflickerkuhle bei Langlingen. 

Quelle: Kesselflickerkuhle bei Langlingen. 



Warum gab es eine Kesselflickerkuhle bei Langlingen...?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten sich dieser Frage mithilfe der Lagebeschreibung und dem nun bekannten Hintergrund zu nähern. Die logischste Erklärung ist, dass die Kuhle ein Ort war an dem die Kesselflicker vorübergehend wohnten. Das kann allerdings schon lange zurückliegen - schätzungsweise stammt die Legende aus der Zeit zwischen 1650 und 1850. Die "Auswärtigen" sollten vermutlich nicht direkt im Ort wohnen, da man vielleicht Krankheiten und Diebstähle fürchtete. Generell wurde diesen Menschen, wie eingangs erwähnt, wenig Vertrauen geschenkt. Die Dienste nahm man aber gelegentlich gerne in Anspruch und so mussten die "Zigeuner" ja irgendwo Unterschlupf finden. 

Die Legende besagt, dass die Kesselflicker auf der Durchreise waren und im Wald bei Langlingen kampierten. In einer Nacht soll einer der Kesselflicker von Dorfbewohnern ermordet worden sein. - Allerdings ist die Legende nur mündlich überliefert. Es kann sich genauso gut um einen alten Platz handeln, dem diese Geschichte nur angedichtet wurde, um seine Bedeutung zu unterstreichen. 

Fazit...

Wie schon an anderer Stelle gesagt haben alte Erzählungen meistens einen wahren Hintergrund. Bei dieser Legende ist das Problem, dass sie recht unpräzise überliefert ist. So ist uns weder die Zeit, noch der Hergang bekannt. Vielmehr wird bloß weitergegeben, dass dort einst ein paar Kesselflicker im Wald lebten, von denen einer wohlmöglich umkam. Das scheint ein wenig mager. 

Im Ergebnis muss man wohl eingestehen, dass es sich eher um eine Geschichte handelt mit denen man vielleicht Kindern klarmachen wollte nicht alleine in den Wald zu gehen. Trotzdem hat die Geschichte meiner Meinung nach etwas Spannendes. Das Langlinger Holz ist an manchen Ecken noch ein richtig natürlich Wald - etwas sehr Seltenes in unserer Gegend! Und zu einem alten Wald gehört einfach auch eine gute Legende ;) 



Gruß, 

S.t.a.l.k.e.r.




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Sonntag, 25. November 2012

Der Alte Exerzier-Platz bei Lachendorf

Der Alte Exerzier-Platz bei Lachendorf...

Ein Relikt aus militärhistorischer Zeit verschwindet im Wald zwischen Lachendorf und Oppershausen.


Fährt man die L 311 von Lachendorf nach Oppershausen fällt schnell das neue Lachendorfer Gymnasium zur Linken auf. Auch der Segelflugplatz des Hannoverschen AERO Clubs bei Oppershausen hebt sich deutlich von der Landschaft ab. Die ausgedehnten Kiefernwälder scheinen für uns schon seit Jahrhunderten ihren Platz zwischen den beiden Ortschaften gefunden zu haben. Die älteren Dorfbewohner werden es noch aus Erzählungen kennen - die Tage in denen man von Oppershausen nach Lachendorf blicken konnte, ohne einen Baum im Weg zu haben - die Tage in denen die Fläche von der Allerheide bewachsen waren. 

Aus dieser Zeit vor der Verkoppelung und Aufforstung der sogenannten "Gemeinheiten" (Hud und Heide) stammt auch die Überlieferung vom Alten Exerzierplatz bei Lachendorf. Ähnlich wie heute mussten auch schon früher die Soldaten im Felde üben. Der Exerzierplatz diente also als ein früher Truppenübungsplatz. es bot sich an diesen Platz im überschaubaren Gelände anzusiedeln - also war eine ausgedehnte Heidefläche geradezu perfekt nutzbar. Schauen wir in die Kurhannoversche Landesaufnahme können wir die Fläche der Allerheide deutlich zwischen Lachendorf und Oppershausen erkennen. Nun, eben dort war der Alte Exerzierplatz angelegt. 

Erst später wurden schnell wachsende Fichten und Kiefern gesäht, um das Gelände aufzuforsten - Holz wurde für vielseitige Zwecke benötigt. 

Heute ist das Gelände in Vergessenheit geraten. Nicht, weil es so fern ab liegt, sondern weil es direkt vor der Nase vieler Lachendorfer liegt. 


Bild: Messstichblatt von 1899. Quelle: Deutsche Fotothek. Hier: eingebunden in Google Earth. 


Bild: Kartenlayer des Messstichblattes von 1899. Quelle: Deutsche Fotothek und Google Earth. 

Man erkennt hier deutlich die Lage des Alte Exerzierplatzes: südlich des Postweges Celle - Ahnsbeck. 


Bild: Das Gelände heute. Quelle: Google Earth. 

Schon auf dem aktuellen Satellitenbild (s.o.) erkennt man, dass von der alten Allerheide zunächst einmal nichts mehr geblieben ist. Das geschulte Auge erkennt auch, dass der Baumbestand in weiten Teilen des Geländes eher jung ist (schmale Reihen - z.B. rechts oben). 


Bild: Alter Weg auf dem Alten Exerzierplatz. 


Bild: Breiter, alter Weg auf dem Gelände. 


 
Bild: Alter Weg mit Eichenbäumen. 


Was erkennt man heute noch im Gelände...?

Nun, ich bin mal über das komplette Gelände gestiefelt und wollte entsprechende Punkte per GPS einmessen. Interessante Punkte wäre Wälle, Gräben oder alte Schanzen gewesen, die auf die Nutzung durchs Militär hätten schließen lassen. Gerne (wirklich gerne) hätte ich diese Punkte als KMZ-Dateien hier hochgeladen. 

Leider kann man den Alten Exerzierplatz nur noch auf der Karte wieder finden. Die Einbindung als Layer in Google Earth ermöglich es das Gelände zu finden. Vor Ort sind praktisch keine sichtbaren Spuren mehr vorhanden. Möglicherweise fände man im Boden Spuren - oberflächlich ist nichts mehr sichtbar. Das hat nicht zuletzt mit der Aufforstung zu tun. Wie schon erwähnt erkennt man auf dem Satellitenbild große Flächen, die mit jungen Kiefern bewachsen sind. Der Boden im Wald ist umgepflügt - alle noch sichtbaren Spuren alter Wälle und Schanzen wurden dabei zerstört. 


Fazit...

Viele Lachendorfer nutzen die angrenzenden Wälder zur Erholung ohne zu wissen was dort noch vor 150 Jahren los war. Denn heute kann man vom Alten Exerzierplatz praktisch landschaftlich nichts mehr nachweisen. Der Wald wurde gründlich aufgeforstet - Spuren zu finden kann man eigentlich vergessen. 

Es ist schade, dass die Wälder anscheinend nur den Sägen offen stehen - nicht aber der Nachsuche nach Spuren, denn die Bodensuche im Wald ist verboten. Etwas paradox, wenn man bedenkt wie viel Boden durch moderne Harvester und andere Maschinen bewegt/gestört wird. 



Viele Grüße, 

S.t.a.l.k.e.r. 






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Montag, 12. November 2012

Justiz, Gericht und Vollstreckung zu alter Zeit...

Justiz, Gericht und Vollstreckung zu alter Zeit...

Was früher geschah, um "Recht und Ordnung" durchzusetzen. 

Bild: Kupferstich nach P. Breugeld d.Ä. 1525 - 1569: Das jüngste Gericht. Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Einleitung...

Heute haben wir ein ausgefeiltes Rechtssystem. Das Strafrecht, Strafverfahrens- und Strafvollzugsrecht wird durch die staatliche Herrschaft in gesetzlicher Form repräsentiert. Eine angeklagte Person darf nur wegen eines Verbrechens verurteilt werden, welches durch ein Gesetz verboten wurde. Darüber hinaus gilt bis zur Feststellung der Schuldigkeit die sogenannte Unschulds-Vermutung: Niemand soll danach auf bloßen Verdacht verurteilt werden können. Auch werden dem Angeklagten umfangreiche Möglichkeiten zur Verteidigung ermöglicht. Richter und Ankläger sind im Verfahren nicht ein und dieselbe Person - und selbst der Ankläger (die Staatsanwaltschaft) muss die für den Angeklagten sprechenden Umstände berücksichtigen. 

Ziel des Strafprozesses heute ist es einen Angeklagten mit seiner Schuld zu konfrontieren und ihm die Möglichkeit zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. Es erfolgt also eine gezielte Methode zur Sozialisation und Erziehung, um dem Verurteilten ein straffreies Leben zu ermöglichen. Es wird somit die menschlich-soziale Sichtweise vertreten. 

Blickt man in frühere Zeit bis ins Mittelalter zurück, offenbart sich ein völlig gegensätzliches Bild vom Strafvollzug. In grausamen Schauprozessen die von einer weitgehend mitleidlosen und willkürlichen Maßlosigkeit geprägt waren wurden die Verurteilten gepeinigt, gefoltert und hingerichtet. Nicht der die Besserung des Verurteilten stand dabei im Vordergrund, sondern die Vergeltung, Rache und Wut der Gesellschaft. Ohne Gnade, Erbarmen und die Möglichkeit die Unschuld zu beweisen, wurden Menschen mittels abscheulicher Methoden verstümmelt und massakriert. 

Daher rührt die Redensart des "finsteren Mittelalters" - worum es in diesem Beitrag gehen soll. Auch soll aufgezeigt werden wo "unsere" Gerichte früher ihren Platz hatten... 


Rechtsauffassung früherer Zeiten...

Wie eingangs erwähnt unterscheiden sich unsere und damalige Rechtsauffassungen sehr. 


Bild: Entstehung und Herkunft des heutigen Strafprozesses. Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 

Dem Menschen war immer schon ein hoher Hang zur Gerechtigkeit gegeben. Die Bibel sagt der Mensch solle sich die Natur und Tiere zum Untertan machen. Als das höchste Wesen nach Gott, hat der Mensch scheinbar freie Hand auf der Erde zu walten. Der Begriff "Gerechtigkeit" hat jedoch viele Ausprägungen und Interpretationen erlebt. Wenn man heute von einem "gerechten" Prozess bei Gericht spricht, kann dieses Verständnis keineswegs auf die alten Gerechtigkeitsbegriffe übertragen werden. 

Sehr früh finden sich Verbindungen zwischen Recht und Religion. Dies hatte u.a. folgende Gründe: 

  • Glaube und Gesellschaft waren eng miteinander verbunden. 
  • Gott und Glaube wurden positiv gewertet - Verbrechen dagegen als negativ und für die Gesellschaft als schädlich angesehen. 
  • Das Gute musste über das Böse (das Verbrechen) siegen - dann siegte auch Gott. 
Die o.g. Gründe führten dazu, dass es als legitim betrachtet wurde im Namen des Glaubens zu töten - wenn damit der Glaube unterstützt werden sollte. Ein gewonnenes Geständnis hatte eine sehr hohe Bedeutung. Heute dient das Geständnis vor allem um die sachlich korrekte Abfolge bei Gericht und die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Zur damaligen Zeit bedeutete ein Geständnis bereits Läuterung: der Verurteilte schwor damit dem Satan ab und verriet ihn. Damit kehrte er in den Schoß der Kirche zurück - das Gute siegte. 

Und - was bedeuteten schon körperliche Qualen, wenn man durch das passende Geständnis die Seele erretten konnte. Da war sozusagen jedes Mittel recht. Dies verdeutlicht, warum "Folter" häufig ein Mittel der Wahl wurde und als vollkommen legitim betrachtet wurde. Die Menschheit wurde immer kreativer was die Methoden der Folter betraf. 

Bild: Die Folterkammer in Nürnberg. Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der damaligen Rechtsauffassung war die Rache oder Vergeltung. Der Übeltäter musste leiden. Nur so konnte das Unheil, welches er verübt hatte gesühnt werden und seine Taten rein gewaschen werden. Er musste nicht nur sterben, um den hervorgerufenen Zorn Gottes zu besänftigen, sondern auch, um den Geschädigten zu sühnen. Auch zur Abschreckung anderer Täter wurden somit immer grausamere Methoden entwickelt, die alle ein Ziel verfolgten: die Wiederherstellung der geistlichen und weltlichen Gerechtigkeit. 

Die Hinrichtung des Geständigen war eigentlich nur die logische Folge seines Geständnisses. Zwar war er jetzt der "arme Sünder", der seiner Schuld geständig war, aber er musste nun schnellst möglich aus der Welt geschafft werden. Nicht nur im Interesse der Gesellschaft, sondern auch in seinem eigenen Interesse: bereits einmal hatte er der Sünde nicht widerstanden - es sollte vermieden werden, dass ihm dieser Fehler erneut geschah. 


Gründe der Qualen...

Ohne Weiteres lassen sich die Taten der Menschen damals nicht begreifen. Auch ein sehr verdrehtes Weltbild und merkwürdige Ansichten würden einen Menschen normalerweise nicht dazu bringen andere Menschen leiden zu lassen. Es war häufig der Glaube daran Gutes zu verrichten, der die Menschen zu diesen abscheulichen Taten trieb. Sie standen also sicherlich felsenfest hinter dem was sie ihren Mitmenschen antaten. 

Aber was waren die Gründe und Anlässe? 

Bild: Missetaten und Hinrichtung eines Werwolfes im Oktober 1589 in Köln. Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 

Nun diese Frage kann nur im zeitgeschichtlichen Kontext beantwortet werden. Folgende Ereignisse lieferten u.a. Gründe: 

  • Krankheiten (Seuchen - z.B. Die Pest(-Wellen))
  • Aberglaube (Hexen, Werwölfe, Verwünschungen)
  • Okkultismus 
  • Verrohung (durch Kriege - Gewalt)
Während der Pest sahen viele die Bestätigung, dass Gott die Menschheit für ihre Vergehen strafen wolle. Auch wurde vermutet Satan sei dabei gegen Gott zu siegen. Vielerorts konnte man die Toten nicht so schnell begraben, wie neue hinzukamen. Dörfer, Städte und ganze Landstriche wurden binnen kurzer Zeit menschenleer. Die Überlebenden suchten verzweifelt nach Gründen - und gelangten schnell zu dem Schluss es handle sich um Hexerei und Ketzerei. Die Folge waren Selbstjustiz gegen unschuldige Frauen. Mancherorts brannten die Scheiterhaufen solange bis es kaum noch Frauen im Ort gab. 

Es war somit die Angst vor dem eigenen Unheil und die Zwanghaftigkeit dem Glauben zu folgen, der häufig den Nährboden für die grausamen Methoden bildete. Kaum war ein Grund ausgeräumt folgte ein nächster. Die Zeiten im 15. bis 17. Jahrhundert boten viele Ereignisse. Auch der 30 Jährige Krieg, der fast eine Generation andauerte und von Greul und Gewalt geprägt war, ließ es für nötig erscheinen dem Bösen den Kampf anzusagen. Die Leidtragenden waren die Beschuldigten. Beschuldigter wurde man schnell - dazu musste man als Frau nicht in einer einsamen Hütte im Wald hausen. 



Methoden des Strafvollzuges...

Es gibt wohl unumstritten ein Gebiet auf dem die Menschheit immer schon am einfallsreichsten gewesen ist: Kriegstechnologie, Waffen und Grausamkeit. 

Man steht den damaligen Methoden schier fassungslos gegenüber. Wer schwache Nerven hat, der sollte dieses Kapitel vielleicht überspringen...

Man muss allerdings auch sagen - obgleich die Methoden häufig maßlos angewendet wurden, gab es viele Strafen, die einem heute fast lächerlich erscheinen mögen. So gehörte es zu den leichteren Strafen den Übeltäter an den Pranger zu stellen und ihn dem Volk wehrlos und ausgeliefert zu präsentieren. Gefesselt und in Handeisen gelegt musste der vermeintliche Täter dann dem Spott und Hohn standhalten, wurde veralbert, geärgert und manchmal mit unsäglichem Abfall beworfen. Auch war es üblich den Täter mit Ruten auszupeitschen oder auch zu verbannen - aus der Stadt/dem Dorf zu jagen. 

Anders dagegen bei folgenden Methoden, die wohl die grausamsten überlieferten ihrer Art sein dürften: 

Bild: Augenausstechen. Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 

Bild: Enthaupten mit gleichzeitigem Handabhacken. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Bild: Enthaupten durch die Dille. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Bild: Enthaupten am Richtstuhl. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 

Bild: Pfählen. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 



Bild: Erhängen. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Bild: Rädern. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Bild: Ertränken und Rädern. 
Neubauersche Chronik Nürnberg, 17. Jh. Stadtarchiv Nürnberg. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Bild: Geistlicher Beistand bei der Enthauptung. (Aus "Laienspiegel",Tengler, 1509) 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Bild: Hexenverbrennung. Aus: Wickania, Zentralbibliothek Zürich.  
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 



Bild: Brandenburgische Halsgerichtsordnung, Titelblatt gedruckt von Jobst Gutknecht, Nürnberg 1516. 

Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984. 


Das Bild zeigt die damals üblichen und gebräuchlichsten Methoden des Strafvollzugs. Allen Methoden ist gemein, dass sie dem Verurteilten größtmögliche Qual und Marter zufügen sollten. Dabei waren sie so ausgerichtet, dass der Leidende häufig in lächerliche/erniedrigende Positionen genötigt wurde und unter den Augen des Volkes nach langem Leid verstarb. 


Schon an dieser Stelle sei gesagt, dass die Gerichtsstätten mit Bedacht an öffentlichen Plätzen aufgestellt waren. So konnte das Volk meist auf Marktplätzen, an viel benutzten Straßen und anderen zentralen Plätzen das "Schauspiel" verfolgen. Hier wurde zum Einen die gewünschte Abschreckung erzielt. Zum Anderen legitimierte man so die Methoden. 



Bild: Bei Gericht... (Aus "Laienspiegel",Tengler, 1509) 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984.  

Exemplarisch sollen die Qualen an der besonders beliebten und besonders grausamen Strafe "Rädern" verdeutlicht werden.  

 "Rädern"...

Gerädert wurden ausschließlich Männer. Die Strafe wurde nur bei vorliegen eines schweren Verbrechens, wie Mord angewendet. Bis ins 18. Jh sind derartige Strafvollzüge bekannt.  

Bild: Räderung. Aus: Nequambuch 14. Jh. 
Quelle: Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984.


Es gab unterschiedliche Versionen dieser Strafe. Im ersten Fall war der Verurteilte bereits tot. Im zweiten Fall verstarb er unter Qual erst auf dem Rad. 

In beiden Versionen wurde der Verurteilte auf das hölzerne Rad gelegt. Unter seine Glieder legte man wiederum Rundhölzer, sodass seine Glieder quasi "hohl" über dem Rad lagen. Dann wurde eine vorher im Strafmaß festgelegte Anzahl von Stößen mit einem dicken Holz auf die einzelnen Glieder ausgeführt. Im Regelfall brachen diese. 

Wenn die vorgegebene Anzahl an Stößen ausgeführt war, wurde der Verurteile (noch lebend oder tot) auf das unter ihm liegende Rad geflochten. Da die Gelenke "gebrochen" waren konnte man ihn nun relativ frei auf die Speichen des Rades "flechten". Seine Arme und Beine wurden dabei mit Stricken fixiert. Das Rad wurde dann auf einen weit sichtbaren Pfahl gestellt. So der Verurteile dies noch erlebte, litt er unvorstellbare Qualen, verblutete (innerlich). In seltenen Fällen verdurstete er. 


Foltermuseum Prag...

In Prag gibt es das Museum der Folter. Man muss kein Sadist sein, um es sich anzusehen - im Gegenteil - es ist wirklich eher ein Museum, als ein Gruselkabinett. Allerdings ist es entsprechend aufgemacht. Die scheußlichen Instrumente würden in einer hell erleuchteten Halle sicherlich auch an Wirkung verlieren. Für einen Besuch in Prag kann ich das Museum wirklich empfehlen. Es liegt ziemlich Zentral und der Eintritt ist recht fair. 

Hier einige Impressionen aus der Ausstellung...

Bild: Brandeisen im Foltermuseum Prag.

Bild: Armsschrauben und Instrumente zum Quetschen...

Bild: unangenehmer Stuhl...

Bild: Foltermeister an der Streckbank...

Bild: Gerichtsschreiber an der Streckbank - hier geht's um ein Geständnis... 

Bild: Gefangenenkäfige - vielleicht wurde an dieser Stelle etwas "dick" aufgetragen im Prager Museum. Aber auf jeden Fall schafft es eine beklemmende Atmosphäre...


Was hat das alles mit unsrer Heimat zu tun...? 

- Diese Frage kann man sich nun sicherlich stellen. Heute gibt es keine Hinweise mehr auf die alten Gerichte. Viele der Orte sind heute verschwunden (zum Glück!). Aber dennoch gibt es einige Hinweise auf alte Gerichtsstellen die man sehr einfach auffinden kann. 

Drei der alten Gerichte seien an dieser Stelle erwähnt: 
  • Das alte Gericht zu Beedenbostel
  • Das alte Gericht zu Wathlingen und 
  • Das alte Gericht zu Celle an der Blumenlage. 
Alle Gerichtsstellen lasen sich der Kurhannoverschen Landesaufnahme 1781 entnehmen: 


Bild: Das Gericht Beedenbostel. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1781. (LGLN)

Bild: Gericht Beedenbostel. Papen Atlas 1839 (LGLN). 

Das alte Gericht Beedenbostel lag einst an einem viel genutzten Weg. Heute kommen nur noch Wanderer, Radfahrer und Einwohner des kleinen Dörfchens Burghorn (Höfer) an diesem Platz vorbei. Der Gerichtshügel ist noch sichtbar. 


Bild: altes Gericht Beedenbostel. Quelle: Google Earth. 

Die Darstellung aus der Karte von Papen (1839) entspricht schon sehr dem Galgen aus den Abbildungen von oben. Der Galgen setzte sich vornehmlich durch die staatliche Gerichtsbarkeit durch. Er stand für die allerhöchste weltliche Instanz und wurde meist an viel genutzten Wegen aufgestellt - als Abschreckung und als Zeichen für "Recht und Ordnung."

Noch heute heißt der Hügel bei Burghorn "Galgenberg" - was auf seine einstige Funktion schließen lässt. Direkt an der Straßengabelung der West-Ost Verbindung (Postweg Celle - Höfer) und der Nord-Süd-Achse (alte Straße Uelzen - Celle) stand der Galgen auf einer Anhöhe. Heute erinnert nichts mehr an den einstigen Richtplatz. Welche Arten der Hinrichtung hier vorgenommen wurden, ist unklar. Durch die Bezeichnung "Galgenberg" kann man sicherlich von einem Galgengerüst ausgehen. 

Bild: altes Gericht bei Celle (Blumenlage). Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1781 (LGLN). 

Der gelb/orange Weg, der das Bild diagonal durchläuft ist nichts anderes als die heutige B 214 (Celle - Braunschweig). Früher verlief dort der alte Postweg. Aus der Karte kann man ablesen, dass es sich vermutlich um einen Galgenberg handelte. Deutlich geschwärzt erkennt man die Anhöhe auf der das Gericht steht. 

In der Aufnahme von 1839 (Papen Atlas) ist das Gericht verschwunden. Heute erinnert fast nichts an den einstigen Richtplatz. Er liegt hinter dem heutigen Ernistinum (Gymnasium). Die Straße "Galgenberg" deutet auf die ungefähre Lage hin. 


Bild: altes Gericht zu Wathlingen. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1781 (LGLN). 

Das alte Gericht zu Wathlingen lag etwas abseits der alten Straße zwischen Wathlingen und Nienhagen in der Heide. Auf der Karte von 1839 ist es nicht mehr verzeichnet. 


Auch von anderen Orten z.B. Seershausen (Gericht Meinersen) ist die ungefähre Lage der alten Galgenberge bekannt. 


Fazit...

Man will vielleicht lieber nicht genauer wissen wer alles in unserer Umgebung der Willkür und Erbarmungslosigkeit der alten Gerichte zum Opfer gefallen ist. Mit Sicherheit waren nicht nur schlimme Verbrecher unter den Verurteilten, sondern auch solche, die sich der Beschuldigung einfach nicht erwehren konnten. 

Es ist aus heutiger Sicht nicht möglich die Motive der Menschen damals zu verstehen. Zu unfassbar erscheinen uns die Gräueltaten welche in alte Zeit im Namen des Glaubens und der Gerechtigkeit verübt wurden. 

Allerdings kann man aus heutiger Sichtweise auch nur schwerlich den Menschen von damals einen Vorwurf machen: wir genießen heute die Privilegien die es Jahrhunderte vor uns nicht gegeben hat. Noch nie war das Recht des Einzelnen ähnlich viel wert wie heutzutage. 

Sicherlich ließe sich an dieser Stelle noch einiges mehr zu den o.g. Gerichten schreiben. Auch zu den Verfahren, der Prozessordnung u.ä. Dingen könnte man bestimmt noch einiges hervorbringen. An dieser Stelle wollen wir es jedoch damit bewenden lassen, die Lage einiger alter Gerichte im Landkreis zu kennen und einen Überblick über den Strafvollzug alter Zeit erhalten zu haben. 


Beste Grüße, 
S.t.a.l.k.e.r.


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Quellen: 
- Justiz in alter Zeit, Band VI, mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, 1984.
- Google Earth
- Kurhannoversche Landesaufnahme (LGLN)
- Papen Atlas (LGLN)





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