f Juli 2013 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Mittwoch, 31. Juli 2013

Celler CD-Kaserne vor fast 100 Jahren


Geschichte eines alten Fotos...


Kürzlich entdeckte ich in meiner Sammlung ein Bild, welches ich zunächst nicht weiter beachtete. Der Zusammenhang des Bildes legte nahe, dass es aus Celle stammen musste. Zeitlich hatte ich das Bild in die Zeit um 1914 bis 1918 datiert, da die 11 Männer auf dem Foto Uniformen des Deutschen Kaiserreiches trugen. 

Offensichtlich standen die Soldaten vor Gebäuden, wie sie für Kasernenbauten typisch sind. Allerdings war es ohne Weiteres nicht möglich den genauen Standort zu ermitteln. 


Bild: uniformierte Soldaten vor Kasernengebäuden. 
Quelle: eigener Bildbestand. 


In die Facebook-Gruppe "Du kommst aus Celle, wenn..." eingestellt, folgten rasch die ersten Vermutungen wo das Bild entstanden sein könnte. Birgit Stephani war sich sicher: das Bild muss auf dem Gelände der heutigen CD-Kaserne entstanden sein. 


Bild: ehemalige Kasernengebäude an der Hannoverschen Straße in Celle. 
Quelle: Google earth. 


Als schlagkräftigsten Beleg ihrer Vermutung präsentierte sie ein heutiges Bild der Fensterfront vom heutigen Verwaltungsgebäude der CD-Kaserne


Bild: Fensterfront Verwaltungsgebäude CD Kaserne.
Quelle: Birgit Stephani, Facebook.


Man erkennt deutlich, dass die Fenster und die Dachhöhe des heutigen Verwaltungs- und Kartenverkaufsgebäudes mit denen/der des Gebäudes auf dem Foto (links vorne) identisch sind/ist. Die Perspektive bzw. die Anordnung der Gebäude im Hintergrund auf dem Foto lässt nur einen Schluss zu: die Männer müssen im Innenhof der Kaserne gestanden haben - seitlich hinter dem heutigen Verwaltungsgebäude.



Bild: Perspektive des Fotos.
Quelle: Google Earth.


Das blaue Kreuz markiert den Ort den dem die Soldaten wohl gestanden haben. Rot markiert ist ein weiteres Gebäude, welches heute nicht mehr steht. Auf dem Foto kann man es auf der rechten Seite erkennen. Es muss etwa dort gestanden haben wo sich heute ein Parkplatz befindet.

Es ist wirklich erstaunlich wie schnell der Entstehungsort des Fotos geklärt werden konnte. Allen, die sich beteiligten, sei an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Mühe gedankt! Besonderer Dank gebührt Birgit Stephani, die nicht nur den entscheidenden Hinweis gab, sondern auch handfeste Beweise für ihre Vermutung hatte.


Viele Grüße, 

Hendrik. 



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Montag, 29. Juli 2013

22. Februar 1945: als Operation Clarion Celle traf

Im Zusammenhang mit Luftangriffen wird in Bezug auf Celle stets der 8. April 1945 genannt. An jenem Tag ereignete sich die folgenschwere Bombardierung des Bahnhofs, auf dem unter anderem ein abgestellter Zug mit KZ-Häftlingen getroffen wurde. Weniger bekannt ist dagegen, dass Celle bereits rund eineinhalb Monate zuvor Ziel eines schweren Luftangriffs gewesen ist. 

Anfang des Jahres 1945 hatten die Alliierten Verbände längst die Überlegenheit im deutschen Luftraum gewonnen. Lageberichte der zuständigen Dienststellen berichteten täglich von einzelnen Tieffliegerangriffen oder sogar von großflächigen Bombardierungen. Kaum ein Lebensbereich war von den Luftangriffen ausgenommen. 

Eine großangelegte Operation zur Zerstörung bestimmter Infrastrukturanlagen wurde ab Herbst 1944 geplant. Der Name der Operation: Clarion  (Deutsch: "Fanfarenstoß"). Es handelte sich um die größte Luftangriffskampagne der anglo-amerikanischen Luftverbände des Royal Air Force (RAF) und der United States Army Air Force (USAAF). Im Vordergrund standen vor allem Verkehrsanlagen: Häfen, Bahnanlagen und Autobahnen. Dies sollten innerhalb von 48 großflächig angegriffen und zerstört werden. Hierbei geriet auch die Stadt Celle in den Fokus. 

Im Februar 1945 wurde die Mission Clarion schließlich ausgeführt. Am 22. und 23. des Monats griffen rund 3500 Bomber und ca. 1500 Kampfflugzeuge in 9000 Einsätzen die vorher ausgearbeiteten Ziele an. Sinn der Operation war es, neben der Zerstörung wichtiger Verkehrsknotenpunkte, die Bevölkerung zu demoralisieren und zur Aufgabe zu bewegen. Die RAF hatte bereits zu Beginn der 40er Jahre ihre Bomber-Strategie geändert und griff vermehrt zivile Einrichtungen und Wohnsiedlungen an. Die Operation Clarion sollte in diesem Zusammenhang die Überlegenheit der Alliierten Bomberverbände unter Beweis stellen und der deutschen Zivilbevölkerung zeigen, dass sie immer und überall mit Angriffen rechnen musste.

Über die genauen Abläufe und Ereignisse des 22. Februar 1945 in Celle ist relativ wenig bekannt. Aus dem Einsatztagebuch der 8. USAAF des 22. Februar 1945 geht folgendes hervor:

452 B-24s are dispatched to hit marshaling yards at Halberstadt (51), Sangerhausen (11), Nordhausen (30), Vienenburg (23), Peine (52), Hildesheim (55), Kreiensen (48), and Northeim (48); targets of opportunity are Nordhausen (11), Ottbergen (10), the rail and highway bridge at Lindern (1) and marshaling yards at Wallhausen (19), Oker (8), Eschwege (30), Gottingen (29) and Celle (8) and other (1); 4 B-24s are lost and 68 damaged; 2 airmen are WIA and 38 MIA. 246 P-47s and P-51s escort; they claim 19-0-16 aircraft on the ground; 4 P-51s are lost (pilots MIA).

Der Bahnhof Celle wurde demzufolge von 8 Maschinen des Typs B-24 angegriffen. Dabei handelte es sich bei Celle lediglich um ein Ausweichziel. 

Bild: Lage des Celler Güterbahnhofs. Quelle: G.S.G.S. Map Sheet 3326 Celle, Third Edition, War Office 1944. 

Der Angriff traf mit Masse den Celler Güterbahnhof. Insgesamt 94 sogenannter GP-Bomben wurden abgeworfen. Es handelte sich um 500 Pfund Bomben des Typs "General Purpose", d.h. Mehrzweckbomben. Diese Sprengbomben mit mittlerer wanddicke und mittlerer Splitterwirkung entfalteten vor allem gegen ungepanzerte Ziele eine hohe Wirkung. 

An jenem 22. Februar 1945 befand sich ein Zug der Reichsbahn mit ungarischen Wehrmachtsangehörigen der Panzertruppe auf dem Güterbahnhof in Celle. Durch den Luftangriff wurde dieser Zug schwer getroffen. Aus den entsprechenden Lageberichten des Chefs der Ordnungspolizei vom 10.03.1945 geht hierzu hervor, dass in Celle ein Angriff auf einen Transportzug ungarischer Wehrmachtsangehöriger erfolgt sei. 

Im Bereich des Güterbahnhofs und in der Umgebung waren Glas- und Dachschäden zu beklagen. Zu beklagen waren zwei Gefallene - es handelte sich wohl um deutsche Soldaten, ansonsten wäre sicherlich von "Getöteten" statt "Gefallenen" die Rede gewesen. Laut Lagebericht wurden darüber hinaus 105 ungarische Wehrmachtangehörige getötet und 71 weitere verletzt - die Hälfte davon schwer. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden später 117 ungarische Soldaten auf dem Celler Waldfriedhof bestattet. Es ist daher zu vermuten, dass von den schwer verletzten Soldaten noch einige verstarben. 

Es ist bemerkenswert, dass der Luftangriff vom 22. Februar 1945 bis heute relativ unbekannt geblieben ist. Zwar hatte es bereits zuvor mehrere Bombenabwürfe und Tieffliegerangriffe im Raum Celle gegeben - eine derart konzentrierte Bombardierung hatte Celle allerdings bis dahin noch nicht erlebt. Insoweit überrascht es etwas, dass der 22. Februar 1945 in der zeitgenössischen Berichterstattung kaum Erwähnung findet. 

Im Ergebnis konnten die Bahnanlagen innerhalb kurzer Zeit wieder einsatzbereit gemacht werden. Erst durch den folgenschweren Luftangriff am 8. April 1945 wurden die Gleise so massiv beschädigt, dass sie bis zum Kriegsende außer Betrieb gesetzt waren. Auch andernorts blieben die militärischen Auswirkungen der Operation Clarion hinter den Erwartungen zurück. In vielen Fällen konnten die Infrastrukturanlagen in wenigen Tagen wieder instandgesetzt werden. 

Die Rekonstruktion der damaligen Zusammenhänge in Bezug auf den Luftangriff am 22. Februar 1945 auf Celle ist aktuell Gegenstand weiterer Nachforschungen. 

H. Altmann

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Stand: 02/2023



Montag, 22. Juli 2013

Neue Hauptwache am Schlossplatz


Bild: neue Hauptwache am Schlossplatz.
Quelle: C. Cassel.

Verwunden aus dem Stadtbild...

Es würde mich sehr überraschen, wenn sich noch Augenzeugen für das, in diesem Beitrag behandelte Objekt fänden. Nicht nur, dass heute überhaupt keine Spuren mehr davon existieren - nein, es ist auch aus den meisten Erinnerungen und Überlieferungen völlig verschwunden.

In diesem kurzen Beitrag soll es wieder in Erinnerung gerufen werden!
Bild: die alte Wache. Rechts vor der Stadtkirche, hinter den angedeuteten Bäumen.
Quelle: C. Cassel.

Bis zum Jahr 1853/1854 befand sich die Wache der Garnison an der Stechbahn vor der Stadtkirche in Celle. Dieses Gebäude war jedoch baufällig geworden und wurde daher abgerissen. Der Neubau entstand auf dem Gelände der, im Jahr 1852, abgerissenen Burgvogtei.
Bild: Neue Hauptwache am Schlossplatz. Im Hintergrund: Stadtkirche.

Am 23. Oktober wurde die neue Hauptwache am Schlossplatz bezogen.

Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch die Preußen im Jahr 1866 hatte Celle nicht mehr die bisherigen militärischen Befugnisse. Die neue Wache wurde im Jahr 1904 für den Neubau des Vaterländischen Museums abgerissen. Das neue Vaterländische Museum wurde im Jahr 1907 errichtet und nach seinem Initiator und Leiter Wilhelm Bomann benannt.
Bild: Bomann-Museum am Schlossplatz.

Von der einstigen Hauptwache blieb nichts erhalten und so geriet das Gebäude recht schnell in Vergessenheit. Dies war nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass das Vaterländische Museum in seinem Neubau als sehr traditionell angelegt wurde. Es wurde sich bewusst an traditionellem Baustil orientiert. Daher erscheint das Museum heute auf den ersten Blick auch älter, als es wirklich ist.
Bild: neue Hauptwache am Schlossplatz. Im Hintergrund die "Steckeltürmchen" (siehe dazu: Zum süßen Türme). Quelle: Celler Soldatenbuch.

Bild: Lage der ehem. neuen Hauptwache und heutiger Standort des Bomann-Museums.
Quelle: Google Earth.

Letztlich gibt es viele Beispiele für solche völlig vergessenen Gebäude - nicht nur in Celle. Es gehört zur Entwicklung einer jeden Stadt alte Gemäuer abzureißen und neue zu errichten. Früher gab es sicherlich deutlich weniger offizielle Stellen, wie z.B. die Denkmalschutzbehörde, die sich für derartige Gebäude einsetzen konnten. Was nicht heißen soll, dass Denkmalschutz nicht wichtig ist, sondern nur, dass jede Zeit ihre eigenen Wege hatte damit umzugehen.

H. Altmann


Sonntag, 21. Juli 2013

Gewalt, Zerstörung und Straßenschlachten in Celle - 18. / 19. Juli 1866 - Teil 2





Am 19. Juli...

Fortsetzung von  Teil I  


Die Ausschreitungen am Tag zuvor hatten einige Bürger dazu veranlasst, bereits am Morgen des 19. Juli die Polizei um ein möglichst hartes Durchgreifen zu bitten. Viele verlangten, dass Vorkehrungen getroffen werden sollten, um derartige Tumulte zu unterbinden.

Anscheinend nahm man aber diese Bedenken der Bürger seitens der Polizeidirektion nicht so recht ernst und beließ es dabei folgende Bekanntmachung zu veröffentlichen:

Bild: Bekanntmachung des 19. Juli 1866.


Im Tagesverlauf kam es immer wieder zu Unruhen woraufhin die Feuerwehr die Allerbrücke zum Schützenhaus absperrte. Die Menge sammelte sich daraufhin auf der Mühlenstraße. Viele bei denn  sich am Vortag die Wut gestaut hatte, waren gekommen.

Bald hatte sich eine breite Demonstrantenfront auf der Mühlenstraße gebildet, sodass die Feuerwehr dorthin abrückte. Kurz darauf flogen die ersten Steine in di Reihen der Feuerwehrmänner. Vom Zaun des Dr. Scheller wurden Latten abgebrochen mit denn sich die Demonstranten zum Angriff wappneten. Bald daraufhin kam es zu einer Straßenschlacht in der viele Feuerwehrmänner die Stile ihrer Beile als Schlagstöcke einsetzten. Ein Feuerwehrmann soll sogar einen Revolver gezogen haben und einen Zuschauer durch zwei Schüsse verletzt haben.

Der Kommandeur der Feuerwehr, Ellecke veranlasste daraufhin das zusammenziehen der "Bürgerwehr" an den Sammelplätzen (siehe Bekanntmachung oben). Kurz darauf wurde er selber durch mehrere Schläge schwer verwundet.

Es fanden sich jedoch nicht genügend Bürger an den Sammelpunkten ein, um dem wütenden Mob Einhalt zu gebieten. Nachdem die Feuerwehr und die helfenden Bürger der Masse nichts entgegenzusetzen hatten, begann diese die Innenstadt zu verwüsten. Die Häuser von Feuerwehrleuten wurden besonders ins Visier der Menge genommen. So wurden vom Haus des eben erst verwundeten Kommandeurs Ellecke alle Fenster eingeschmissen und auch die Fensterrahmen demoliert. Er selbst konnte in einem Hinterzimmer versteckt gehalten werden.


"...das Gebrüll der wütenden Horde tönte durch die Luft." 


Da es im Juli für gewöhnlich lange ausreichend hell ist, brannten eigentlich keine Straßenlaternen. Das war an diesem Tag anders: die Laternen waren aus Vorsicht angezündet worden. Allerdings diente dieser Umstand nun eher den Randalierern, als den friedlichen Bürgern und so konnten die Krawalle auch fortgesetzt werden, als es bereits dunkel wurde.

Die Demonstranten nahmen sich nun das Haus des Fabrikanten Capelle vor. Capelle war "Hof-Materialist" und betrieb mit einen Textilbetrieb "Capelle & Sohn" mit einigen Angestellten in Celle. Nun wurden am 19. Juli die Fenster seines Hauses zertrümmert. Teile seines Treppengeländers wurden in den nahe am Grundstück fließenden Magnusgraben geworfen. Der gesamte Weinbestand des Herrn Capelle wurde in Besitz genommen und sogleich "vernichtet".

Am Markt 18 wurde der dort befindliche Laden des Kaufmanns Lauenstein verwüstet. Die Ladenkasse wurde aufgebrochen und der Inhalt entwendet. Allerdings verlor der Täter wohl seine Brieftasche und konnte daher schnell gefasst werden.

Die Ausschreitungen dauerten bis spät in die Nacht an. Spät Nachts trafen 200 Mann preußischer Landwehr aus Hannover ein. Erst mit ihrer Hilfe konnte der Krawall beendet werden.


Bild: preußischer Soldat 1860. 
Quelle: Ospreys. 


In den folgenden Tagen wurden etliche Verhaftungen durchgeführt. Es begannen Verhöre und Befragungen. Der resultierende Schaden belief sich laut Schätzungen auf mehrere tausend Thaler. 

Die Polizei und die Feuerwehr vermochten an den beiden Krawall-Tagen nicht Herr der Lage zu werden. Die Ursache liegt wohl zum Einen darin, dass niemand mit derartigen Ausschreitungen rechnete und zum anderen, dass die Warnungen nicht ernst genommen wurden. 

Für den Lauf der Geschichte hatte das Ereignis des 18. und 19. Juli 1866 keine Auswirkungen: Celle verlor seine Vormachtstellung im ehemaligen Königreich Hannover und wurde preußisch. 



Am 18. Juli erschien der erste Teil zu diesem Beitrag hier: Teil I   



Viele Grüße, 

Hendrik. 













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Donnerstag, 18. Juli 2013

Gewalt, Zerstörung und Straßenschlachten in Celle - 18. / 19. Juli 1866 - Teil 1









Teil I  - der 18. Juli 1866




"Der 18. und 19. Juli brachten über unser friedliches Celle Stunden banger Sorge und Angst..." 

So beginnt die Zusammenfassung der Ereignisse, wie sie ein zeitgenössischer Beobachter im Jahr 1866 aufgeschrieben hat. 


Was war geschehen?


Vorgeschichte



Am 29. Juni 1866 kapitulierte die hannoversche Armee nach ihrem Pyrrhussieg bei Langensalza (vertiefend: Schlacht bei Langensalza). König Georg V. von Hannover floh daraufhin ins Exil nach Wien. Das Königreich Hannover wurde durch die preußische Armee besetzt. Am 20. September kam es zur Annexion der besetzten Gebiete. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der "Einigung mit dem Schwert" durch die Preußen. 

Celle verlor somit den Status als zweitwichtigste Stadt im Königreich Hannover und sollte von nun an eine einfach Bezirksstadt im geeinten Preußen sein. 


Bild: Denkmal zur Schlacht bei Langensalza im Französischen Garten, Celle Quelle: Wikipedia.






Auswirkungen in Celle



In Celle kam es am 18. und 19. Juli 1866 zu einem Volksaufstand. Die Ausschreitungen fanden am 19. Juli ihren Höhepunkt und wurden durch preußisches Militär beendet. 

Obgleich der Anlass für die Unruhen in der spärlichen Literatur oft in der Annexion durch Preußen gesucht wurde, handelte es sich bei den Ereignissen des 18. und 19. Juli durchaus um eine Art "Aufschrei des Volkes". Das wird vor allem daran deutlich, dass die Proteste von der Arbeiterschaft ausgingen und sich meist gegen gut betuchte Bürger und Industrielle der Stadt richteten.

Bereits am 17. Juni 1866 kam es zu Schlägereien auf dem Bahnhofsvorplatz. Beteiligt waren daran die "königstreuen" und solche Personen, die in ihrer Einstellung mit den Preußen sympathisierten.
Am 12. Juli wurde die sogenannte Benningsensche Erklärung unterzeichnet. Darin wurde unter anderem ein geeintes Deutschland unter preußischer Leitung (ohne Österreich) mit einem einheitlichen Parlament gefordert. Dieses Dokument, welches ebenfalls von Celler Bürgern unterzeichnet wurde, sollte am 18. Juli zu einem Keim der Unruhen werden.

So fand sich am Morgen des 18. Juli ein Aushang am Celler Rathaus in welchen einem der Mitunterzeichner angedroht wurde, er würde "ebenfalls auf die Prügelliste" gesetzt. Diese Liste, welche anscheinend kursierte, enthielt die Namen der mutmaßlichen "Schuldigen".

Im Laufe des 18. Juli verbreitete sich das Gerücht es solle zum Abend eine Versammlung der Arbeiterschaft im Celler Schützenhaus stattfinden.



Bild: Celler Schützenhaus um 1840. Quelle: Celle mit Umgebungen, F. Gruft.


Das Schützenhaus bestand bereits seit 1604 (Schützenhof). Es lag an der Mühlenmasch 1 (heute die Gegend um die Hafenstraße). Das Schützenhaus wurde für große Feste und politische Versammlungen genutzt.


Bild: Celler Schützenhaus um 1925 mit Kriegerverein Celle. Quelle: Celle Lexikon, Möller.


Kurz darauf hatte sich somit das Gerücht herumgesprochen, dass im Schützenhaus ein Widerruf, gegen die geplante Zugehörigkeit zu Preußen, unterzeichnet werden sollte. Und so fanden sich am Abend des 18. Juli zahlreiche Arbeiter, Burschen und Jugendliche am Schützenhaus ein. 

Zwischen 7:00 und 8:00 Uhr Abends hatten sich jedoch immer noch keine "Schuldigen" im Schützenhaus eingefunden, welche die aufgebrachte Menge ja eigentlich zur Rede stellen wollte. Das lag vermutlich daran, dass niemand daran gedacht hatte, diese Herrschaften einzuladen.

Voller Tatendrang zog die gesamte Meute zum Allerclub. Der Allerclub war damals der Treffpunkt der gut betuchten Bürgerschaft - eine Art Gesellschaftclub.


Bild: Celler Allerclub, Postkarte.


Der Allerclub lag in unmittelbarer Nähe zum Schützenhaus - an der späteren Hafenstraße (Nr. 2).

Dort fand die aufgebrachte Menge aber nur Dr. jur. Karl Gerding vor, der sich zudem auch noch weigerte sich der tobenden Menge zu rechtfertigen. Nach einiger Zeit trat er aber dennoch unter die Arbeiter, zumal diese drohten in das Haus einzudringen. Im kleinen Garten des Allerclubs war aber nicht genug Platz - also stimmte Gerding zu die Menge in das Schützenhaus zu begleiten. 

Dort brachten die Arbeiter ihre wesentlichen Punkte vor: 

  • Sie verlangten eine Rechtfertigung der deutschen Politik 
  • Man wollte weiterhin zu Hannover gehören
  • Preußen wurde abgelehnt
  • Es wurde bemängelt, dass nichts geschehe, um den Arbeitern Beschäftigung zu geben
  • Man wollte erfahren wie die Zusammenkunft im Parlament den Arbeitern helfen könnte


Zu der angestrebten geordneten Debatte konnte es allerdings nicht kommen. Immer wieder kam es zu Zwischenrufen und lauten Drohungen seitens der Menge. Gerding konnte, obwohl er auf einem Tisch stehend zur Menge sprach, in dieser unruhigen Atmosphäre kaum jemanden zu einer sachlichen Diskussion bewegen. Es gelang ihm zwar für eine kurze Zeit zur Menge zu sprechen, aber die ständigen Unterbrechungen störten jede Form der Kommunikation. 

Gerding erläuterte seinen Standpunkt dennoch wie folgt: 

  • Die Waffen (Langensalza) hätten die Situation entschieden - es sei müßig nun "entscheiden" zu wollen, da diese Entscheidung bereits getroffen sei. 
  • Diese Form der Unruhen in Celle würden lediglich dazu führen, dass preußische Truppen den möglichen Aufstand niederschlagen. 
  • Alle Arbeitgeber seien selbst knapp bei Kasse - es sei unter diesen Umständen nicht möglich mehr Arbeiter zu beschäftigen. 
  • Die parlamentarische Einheit Deutschlands sei unbedingt notwendig gerade, um den Arbeitern die nötigte Stimme zu geben! 


All diese Worte halfen nicht - die Menge ließ sich nicht beruhigen. Daher einigte sich Dr. Gerding mit einigen disziplinierteren Zuhörern darauf, dass die Versammlung auf den folgenden Tag verschoben werden solle. Außerdem sollten sich dann auch weitere Mitunterzeichner einfinden.

Die Polizei ließ sich an diesem Tage zwar blicken, aber es wurde wohl nichts unternommen, um die aufgebrachte Stimmung im Schützenhaus zu beruhigen.


Ausschreitungen am Abend des 18. Juli


Obwohl man sich im Schützenhaus auf eine Vertagung der Versammlung auf den Folgetag verständigt hatte, kam es noch am Abend des 18. Juli zu groben Ausschreitungen in der Celler Innenstadt. 

Beim Tabakfabrikanten Bruns und beim Tischlermeister Stegemann wurden Fensterscheiben eingeworfen. Beide hatten sich im Vorwege nicht sonderlich politisch beteiligt - es war also reine Willkür der tobenden Menge. Zwischen 22:00 und 23:00 flogen am Altenceller Tor die ersten Steine. 

Nun schritt die freiwillige Feuerwehr auf Genehmigung der Polizei ein. Bis Mitternacht konnten die Krawalle beendet werden. Jedoch waren sich viele Celler Bürger sicher, dass diese Ausschreitungen nur der Anfang waren. 

Sie sollten Recht behalten. Am nächsten Tag kam es zu weitaus schlimmeren Krawallen. Diese werden im nächsten Teil behandelt. 


Am 19. Juli erscheint der zweite Teil zu diesem Beitrag hier: Teil II



Viele Grüße, 

Hendrik. 













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