f August 2013 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Samstag, 24. August 2013

Celle am 24. August 1942




Bild: CZ am 24. August 1942. 



24. August 1942


Vor 71 Jahren, mitten im Sommer 1942 tobte der Zweite Weltkrieg an allen Fronten. Etwa ein halbes Jahr zuvor, am 7. Dezember 1941, war das Kaiserreich Japan in den internationalen Konflikt eingetreten. 

In Europa hatten die Alliierten Flächenbombardements und die Deportationen in die KZ eingesetzt. So verließ am 24. August 1942 Deportationszug Nr. 23 Frankreich in Richtung Deutschland. 

Im Osten tobte der Krieg gegen Russland. Die anfänglichen großen Landgewinne aus den Blitzkriegen konnten zwar nicht mehr erzielt werden, dennoch ging es im Sommer 1942 noch immer voran. Erst Ende 1942 / Anfang 1943 kamen die deutschen Truppen in der Winteroffensive Stalins zum Stehen, bzw. wurden empfindlich getroffen. 

Wie an jedem anderen Tag, so erschien auch am 24. August 1942 in Celle die Cellesche Zeitung und berichtete über das Weltgeschehen wie auch lokale Ereignisse. Einen kurzen Abriss davon wollen wir im Folgenden näher betrachten: 



*** Die Bilder können durch Anklicken vergrößert werden ***



Bild: "Vorwärts im Kaukasus"
Quelle: CZ am 24. August 1942. 


Am 28. Juni 1942 startete die deutsche Sommeroffensive. Die deutschen Verbände sollten dabei unter Anderem bis Grosny und Baku vorstoßen, um die dortigen Ölfelder zu besetzen. In einem kürzlich erschienen Beitrag wurde die Import-Abhängigkeit von ausländischem Öl bereits thematisiert (Erdölbohrungen bei Wienhausen). 

Was in der Theorie gut als strategisches Kriegsziel verkauft werden konnte, mussten in der Praxis viele tausend Soldaten fern ab der Heimat mit dem Leben bezahlen. Zwar gelangte das deutsche Reich durch diese Offensive zu seiner größten Ausdehnung, jedoch wurden die Frontabschnitte in vielen Bereichen löchrig und konnten kaum ausreichend überwacht werden. Zudem kam der Nachschub nicht hinterher und es entstanden erhebliche Versorgungsengpässe. 

Auch ein Mitglied meiner Familie ließ im Kaukasus sein Leben: mein Großonkel Heini (Krohne) aus Schwachhausen (Mehr dazu). 


Bild: "vergangene Woche an der Ostfront"
Quelle: CZ am 24. August 1942. 


Bild: "122 Sowjet-Flugzeuge abgeschossen". 
Quelle: CZ am 24. August 1942. 


Entsprechend der kriegerischen Unternehmungen im Osten wurde selbstverständlich auch die Heimatfront mit den neusten Erfolgsmeldungen versorgt. 

Die Ausgabe der CZ hätte wohl nicht ausgereicht, um alle Kriegsschauplätze zu würdigen. Am 24. August begann die Seeschlacht um die Solomon-Inseln. Am 22. August war Brasilien in der Krieg eingetreten. Japanische Truppen landeten auf Guinea, in Nordafrika kämpfte die Wehrmacht unter General Rommel gegen die vorrückenden Briten und Amerikaner und in den Niederlanden begann die SS Juden aus Maastricht zu deportieren. 


Bild: "Mitteilungen" 
Quelle:  CZ am 24. August 1942. 


Das gesellschaftliche Leben in Celle selbst kann zu diesem Zeitpunkt weitgehend als "normal" bezeichnet werden. Viele glaubten in diesen Tagen nicht, dass der Krieg auf deutscher Seite verloren werden könnte. 


Bild: "die Roten, sie wurden geschlagen" 
Quelle:  CZ am 24. August 1942. 


Das belegt unter Anderem ein Bericht über das "Großgeländespiel" im Neustädter Holz bei Celle (siehe vorstehendes Bild). Ausgerichtet wurde dieses Ereignis von den "Pimpfen" bzw. dem Deutschen Jungvolk, einer Jugendorganisation der Hitler Jugend. Dabei spielten die Kleinen regelmäßig das nach, was für ihre Eltern täglich harter Ernst war. Die Geländespiele beinhalteten unter Anderem Orientierungsübungen. 


Bild: "Aus der Stadt Celle"
Quelle: CZ am 24. August 1942. 


Auch der Lokal-Teil zum Parteigeschehen in der Stadt Celle sollte nicht zu kurz kommen. 


Bild: "KDF-Lehrgang"
Quelle: CZ am 24. August 1942. 



Bild: "Anzeigenteil"
Quelle: CZ am 24. August 1942. 



Gemessen am Weltgeschehen scheint der 24. August vor 71 Jahren in Celle nicht weiter ins Gewicht gefallen sein. Interessant ist es trotzdem sich anhand dieses Tages die Geschehnisse vor Augen zu führen und dabei die lokalen Entwicklungen zu verfolgen. Viele waren zu diesem Zeitpunkt mehr als jemals zuvor vom nationalsozialistischen Regime überzeugt. Die teils überhebliche Propaganda an der Heimatfront macht deutlich, wie sicher für viele der Sieg des Krieges schien. Dass sich die Lage im fernen Russland schon ein halbes Jahr später dramatisch verschlechtern würde und der Rückzug aus Afrika bevorstand, ahnte sicherlich kaum jemand. 



Hendrik Altmann

Donnerstag, 15. August 2013

Erdölbohrungen bei Wienhausen 1934 bis 1945


Einleitung


Einige der älteren Wienhäuser können sich vielleicht noch an die Ereignisse erinnern, die schon einmal in der 30er Jahren und dann wieder im Zweiten Weltkrieg unweit des Ortes stattfanden: die Suche nach Erdöl. 

Heute gibt es keine Hinweise mehr auf Förderanlagen oder dergleichen. Es stellt sich also die Frage, was aus der Suche nach dem schwarzen Gold wurde. Es scheint fast so, als müsste man etwas weiter ausholen, um die Zusammenhänge zu verstehen, die 1943 dazu führten, alte Bohrlöcher wieder neu zu untersuchen...


Hintergründe


Bereits im Ersten Weltkrieg hatte sich Erdöl zu einem äußerst wichtigen und kriegsnotwendigen Rohstoff entwickelt. Die zunehmende Technisierung brachte es mit sich, dass der Bedarf an Erdöl, zunächst in der verarbeitenden Industrie und als Schmierstoff drastisch zu steigen begann. Die treibende Kraft war in Deutschland dabei gar nicht mal so sehr das Benzin, zumal Anfang der 20er Jahre nur ein Automobil auf 200 Personen kam. 

Wichtig wurde das Öl im Ersten Weltkrieg vor allem bei den neu entwickelten und erstmals eingesetzten Panzern ("Tanks"). In der zivilen Industrie wurde der Rohstoff vor allem bei der Herstellung neuartiger Produkte immer bedeutender. 

Schon vor dem Ersten Weltkrieg waren fossile Rohstoffe zur Energiegewinnung eingesetzt worden. Es wurde auch bereits Erdöl gewonnen, wobei man sich meist bis zur Jahrhundertwende auf natürlich Zutage tretende Vorkommen beschränkte (sog. "Teerkuhlen"). 

Schon im Jahr 1652 wird im Celler Landkreis von einer solchen natürlichen Quelle berichtet. Sie lag auf einem Acker, der dem Wietzer Hinrich Lohmann gehörte. Dort soll in besagtem Jahr eine natürliche Teerquelle Zutage getreten sein. Bis 1859 wurde der Teer bzw. das Öl mit Handbohrern oder auch mittels Kellen gewonnen und abgeschöpft. Diese primitiven Mittel reichten aus, um den Bedarf zu decken, denn das Öl wurde meistens nur für, aus heutiger Sicht, nebensächliche Zwecke verwendet. 

Beispielsweise wurden Heilmittel daraus gewonnen, Schmiere zum Abdichten hergestellt und es kam sogar zum Export Wietzer Öl nach Hamburg. Erst in den Jahren 1859 bis 1885 wurde die systematische Ausbeutung der Ölfelder westlich von Celle begonnen. Der gestiegene Bedarf schuf eine lukrative neue Branche: das Geschäft mit Bohrungen und der Forderung des "schwarzen Goldes".  


Bild: Bohrbetriebe bei Wietze, um 1905. 
Quelle: Speicher. 

Die Anzahl der Bohrungen im Raum Wietze nahm über die Jahre ein so erhebliches Ausmaß an, dass Beobachter teilweise von einem "deutschen Baku" sprachen. 

Im Jahre 1904 erbaute die Celle-Wietze-Aktiengesellschaft eine Raffinerie, die fortan 200 Fässer Erdöl am Tag verarbeiten konnte. Als Haupterzeugnis entstand Petroleum. Damit wurde gleichzeitig ein Versuch unternommen den deutschen Markt von Importen unabhängig zu machen. 


Bild: Förderanlagen bei Wietze, um 1905. 
Quelle: Speicher. 

Auch die Gebiete um Nienhagen versprachen hohe Förderraten. So kam es im Raum Nienhagen bereits in den Jahren nach 1860 zu zahlreichen Flachbohrungen und ab 1920 auch zu den ersten Tiefbohrungen nach Erdöl. 1920 bohrte die neugegründete Gesellschaft "Elwerath" erstmals in eine Tiefe von über 500m und wurde dabei fündig. Die Quelle war so ergiebig, dass das Öl über ein Jahr lang frei aus dem Bohrloch sprudelte. Die Förderung des Erdöls wuchs im Jahr 1930 auf eine so hohe Menge an, dass in Nienhagen ca. 51% des Erdölbedarfes des Deutschen Reiches gefördert wurden. Zusammen mit den Ölfeldern bei Wietze lag somit das größte deutsche Ölfeld vor dem Zweiten Weltkrieg in der Region um Celle. 

Die Erweiterungen der Elwerath in der Nienhagener Umgebung lagen auf Platz Eins der Produktionsstatistik im Deutschen Reich. Bis zum Jahr 1938 wuchsen die Gewinne entsprechend der Fördermenge exponentiell an. Dabei war stets zu beobachten, dass die Fördermenge und der Bedarf stark miteinander korrelierten, d.h. von einander bedingt waren. Ohne den enormen Bedarf an dem Rohstoff Öl wäre es vermutlich nie zu den Explorationen in der Region gekommen. 

Im Jahr 1938 verkalkulierte sich die Elwerath durch teilweise unvorhersehbare Fehlbohrungen (Mölme, Fallstein, Broistedt, Abbensen, Meckelfeld). Zudem wurden die Gewinne aus dem gewonnenen Erdöl nicht strategisch reinvestiert, sodass die Elwerath ab 1938 vor dem Problem stand sich neue Lagerstätten anzueignen, bzw. neue Vorkommen zu erschließen (Kockel, T., Deutsche Ölpolitik 1928-1938). 


Andere Entwicklungen...


Schon vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges stand fest, dass dieser Krieg anders sein würde, als vorhergegangene. Das war auch den deutschen Strategen und Hitler selbst bewusst. Sein Ziel war es in vielen Belangen Unabhängigkeit von den Nachbarländern zu erreichen. Während also im Iran und um das Kaspische Meer die riesigen Welt-Erdölvorkommen entdeckt wurden, entwickelten deutsche Ingenieure fieberhaft eine Technologie, die das Dritte Reich von Importen unabhängig machen sollte. 

Recht schnell wurde den Forschern klar, dass in Deutschland keine ausreichenden Erdölvorkommen lagerten. Wohl aber gab es enorme Kohlevorkommen. Es war daher möglich mittels neuer, aufwendiger Verfahren langkettige Kohlenstoffe in kürzere Kohlenwasserstoffe zu spalten. Dieses Verfahren bezeichnet man auch als "Cracken" (Aufbrechen). Im Reich wurden sogenannte "Hydrierwerke" errichtet, die genau dies erzielen sollten (mehr dazu: Hier). 

Es ist umstritten, ob Shell oder Esso zuerst in der Lage waren dieses Verfahren anzuwenden. Ein interessanter Spiegel-Artikel zu diesem Thema findet sich hier: Spiegel-Artikel 1954. (Auch relevant: Westdeutschlands größte Raffinerie, Zeit, 1954). 

Die Hydrierwerke waren somit in der Lage Benzin synthetisch herzustellen und schufen so einen gewissen Gegenpool zum Erdölmarkt. Allerdings waren die Investitionen in derartige Anlagen so hoch, dass bei Ausbruch des Krieges nicht ausreichend Hydrierwerke existierten, um den deutschen Gesamtbedarf zu decken. Es waren also auch weiterhin Importe notwendig. Die Bedarfssituation konnte daher nur in Teilen entspannt werden. Die Nazis nutzen diesen Umstand selbstverständlich für Propagandazwecke. Schließlich galt es, das deutsche Volk auf einen Krieg einzuschwören - da kam die Nachricht, man sei in der Lage von Importen unabhängig zu sein, gerade recht. Auch wenn dies nicht der Realität entsprach. 

Als die deutsche Wehrmacht im Spätsommer 1939 Polen überfiel, fuhren die Panzer zur Hälfte mit synthetisch erzeugten Benzin. Hitler hatte schon frühzeitig Verträge mit Rumänien und Russland geschlossen, um die Rohstoffversorgung zu sichern. Als Polen eingenommen und durch den Nichtangriffspakt Hitlers mit Stalin die deutsche und russische Grenze zusammenfielen, rollten auch zahlreiche Tankwagen mit russischem Öl ins Deutsche Reich. 

Für die Strategie der "Blitzkriege" war es wichtig über enorme Ressourcen zu verfügen. Die deutschen Panzer verschlangen in den Angriffsschlachten etliche Tonnen Treibstoff. 

Die Flächenbombardements der Alliierten und der Überfall auf Russland brachten das Deutsche Reich im Verlauf des Krieges recht bald an den Kollaps, was die Erdölversorgung betraf. Die Hydrierwerke lagen in weiten Teilen in Schutt und Asche. Sie waren meistens Überirdisch errichtet worden, da niemand zu Beginn des Krieges mit Luftangriffen gerechnet hatte. Nun wurden Raffinerien und Hydrierwerke zu einem der Hauptziele alliierter Angriffe. Man hatte erkannt, dass dies eine der empfindlichsten und verwundbarsten Stellen des Deutschen Reiches war. 

Durch den Überfall auf Russland kamen zudem keine Rohstoffe aus den reichen Erdölgebieten Stalins mehr ins Deutsche Reich. Darüber hinaus wurde die Versorgung durch rumänisches Erdöl durch Partisanenangriffe und schließlich die Bedrohung durch die Rote Armee gefährdet. 



Alternativen


Schon 1943 war die Lage im militärischen Treibstoffsektor derart desolat, dass man Auswege suchte, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Wie bereits eingangs erwähnt, orientierte sich die deutsche Fördermenge seit Beginn des 20. Jahrhunderts stark am Bedarf - und dieser war im Zuge des Krieges immens geworden. Alleine im Wüstenkrieg wurden etliche Reserven verbraucht. Auch die weiten Russlands erforderten ein unglaubliches Maß an Treibstoff - ohne diesen kamen ganze verbände zum Stehen. Teilweise konnten sich ganze Frontabschnitte nicht bewegen, alleine weil es am kostbaren Treibstoff mangelte. 

Diesen Missstand erkannten auch die deutschen Förderbetriebe. Es mussten Alternativen her, um zumindest dem akuten Notstand entgegenzuwirken. 

Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatten deutsche Erdölbetriebe die Felder erkundet. Recht früh hatte die Elwerath die Untersuchung der Umgebung Wienhausens begonnen und schon Anfang der Dreißigerjahre einige Tiefenbohrungen vorgenommen. 


Bild: Bohrungen um Wienhausen.
Quelle: NIBIS Kartenserver, LBEG 2013.


Legende: 


Bild: Legende zu den Bohrungen bei Wienhausen. 
Quelle: NIBIS Kartenserver, LBEG 2013. 


Auf einem Ackerstück am alten Postweg südöstlich von Wienhausen brachte die Elwerath Anfang 1937 die tiefste Bohrung Deutschlands hervor. Mit einer Tiefe von ca. 3.400m war dies eine europaweit rekordverdächtige Tiefenbohrung. Sie trug den Namen "Wienhausen 10". Die Bohrung wurde durchgeführt von der Deutag, einer Bohrfirma die auch heute noch existiert. Sie erfolgte in der Zeit zwischen Mai und Dezember 1936. Allerdings wurde die Bohrung schon wenige Monate später von einer anderen Tiefenborhung vom ersten Platz abgelöst. 

Es scheint fast so als wären diese Bohrungen bei Ausbruch des Krieges 1939 bereits vergessen gewesen. Dann 1943 aber wurden sie wieder aufgenommen. Dabei wurden zahlreiche neue Bohrlöcher im Bereich des Mühlenkanals angelegt. Bis in den Januar 1945 wurde bei Wienhausen gebohrt, wobei etwa die Hälfte der Bohrungen nicht zur Freigabe kam. Insgesamt 28 Tiefenbohrungen unterschiedlicher "Endteufe" (Endtiefe) wurden im Raum Wienhausen-Postweg-Mühlenkanal schließlich vorgenommen.

Die Vorkommen bei Wienhausen waren sicherlich nicht ergiebig genug, als dass sich ein Ausbau der Förderanlagen gelohnt hätte. Es fehlte zudem an Ressourcen und Möglichkeiten die Vorkommen wirtschaftlich auszubeuten. 


Bild: Lage des Bohrloch Nr. 10 am Postweg bei Wienhausen. 
Quelle: Google Earth. 


Da das Deutsche Reich schon vor dem Zweiten Weltkrieg über die Hälfte seines Erdölbedarfes durch Importe decken musste, konnten die neuen Explorationen nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein bedeuten. Die Ölbetriebe der Elwerath in Nienhagen wurden währenddessen mehrfach durch alliierte Luftangriffe in Mitleidenschaft gezogen. Noch im unmittelbaren Vorfeld des verheerenden Angriffes auf den Celler Güterbahnhof am 8. April 1945 griffen amerikanische Bomberverbände Nienhagen an. 

Bereits vorher war das Öl verheerend knapp geworden: als am 16. Dezember 1944 die Ardennenoffensive begann, waren nicht ausreichend Reserven vorhanden. Zwar verfügte die deutsche Armee über schlagkräftige Panzerverbände - diese kamen aber vielerorts aus Treibstoffmangel nicht voran. Obwohl die Ardennenoffensive allgemein als letzter und verzweifelter Versuch angesehen wird, den Kriegsverlauf doch noch einmal entscheidend zu beeinflussen, war sie u.a. auch aus Versorgungsgründen im Vorhinein zum Scheitern verurteilt. 

"Wunderwaffen" die Hitler dem deutschen Volk versprochen hatte, nämlich die neuentwickelten Raketen (V1 / V2), konnten nicht wie geplant eingesetzt werden. An vielen Abschussrampen mussten die Waffen am Boden bleiben, da nicht genügend Treibstoff vorhanden war und der Nachschub nicht gewährleistet werden konnte. Dieses Schicksal traf auch die Luftwaffe. Neben geschulten und einsatzerprobten Piloten war der Treibstoffnachschub eines ihrer größten Probleme.

Als der Krieg endete, war zwar auch die deutsche Erdölindustrie massiv in Mitleidenschaft gezogen. Andererseits gab es aber auch nicht mehr das enorme Ausmaß an Maschinen, die versorgt werden mussten: der Bedarf war zunächst eingebrochen. Die Hydrierwerke wurden nicht wieder neu aufgebaut. 

Recht schnell zeichnete sich ab, dass die Erdölförderung in Deutschland nicht wieder aufleben würde, zumal ausländische Unternehmen und andere Nationen den internationalen Erdölmarkt dominierten. 


Fazit


Bis in die 50er Jahre wurden noch Bohrversuche bei Wienhausen unternommen. Allerdings entwickelte sich dort nie ein vergleichbares "Erdölrevier" wie in Wietze oder Nienhagen. Ein Grund dafür wird sicherlich gewesen sein, dass es anderen Ortes ergiebigere und leichter abbaubare Vorkommen gab. Außerdem waren die Bohrverfahren technisch noch nicht auf dem Stand kleinere Vorkommen effizient auszubeuten. Es wäre zu seiner Zeit unwirtschaftlich gewesen. So gesehen sind die Bohrungen bei Wienhausen eher als Probe-Bohrungen zu werten. Ein organisierter Förderbetrieb entstand nicht. 

Heute sind die Bohrungen in Vergessenheit geraten. Die Bohrlöcher sind in der Landschaft natürlich nicht mehr sichtbar. Nur auf Karten, wie dem NIBIS-Projekt der LBEG kann man den genauen Standort der Bohrungen nachvollziehen. 

Festzuhalten bleibt, dass es nie zu Bohrungen in der Umgebung Wienhausens gekommen wäre, wenn sich die Bedarfssituation und sich die Lage auf dem Erdöl-Markt, zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, nicht so dramatisch verschärft hätten. Durch die Erschließung der großen Erdölvorkommen in Saudi Arabien, in Zentralasien und Russland, wie auch in Mittel- und Südamerika, war jede Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit deutschen Erdöls gestorben. Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis heute wird die Abhängigkeit vom internationalen Erdölmarkt deutlich. 

Auch wenn heute möglicherweise kleinere Vorkommen effizienter ausgebeutet werden könnten - rein technisch - ist es dennoch wirtschaftlich kaum sinnvoll derartige Projekte wieder aufzunehmen. Wie die Dokumentationen (beispielsweise im Erdölmuseum in Wietze ) zeigen, entwickelte sich der deutsche Erdölboom in einer Zeit, zu der "moderne" Themen, wie Umweltschutz oder erneuerbare Energien, keine Rolle spielten. Um die Jahrhundertwende (1900) kümmerte es keinen, wenn weite Ölteppiche auf dem Fluss Wietze trieben. 


Interessante Dokumentationen zum Thema: 







Viele Grüße, 

Hendrik
















Samstag, 10. August 2013


"Found Places" - das sind Orte, die Geschichte vermitteln. Interessante und spannende Erzählungen gibt es über viele Plätze und zahlreiche davon finden sich vor der eigenen Haustür... 

Früher waren es vor allem Lehrer und Pastoren, die sich mit der Heimatgeschichte befassten. Heute ist dieses Thema weitgehend aus dem Alltag verschwunden. Kaum jemand befasst sich auf verschiedenen Ebenen mit der historischen Entstehung der eigenen Heimat. 

Dabei ist das Thema an sich aktueller als je zuvor. Die Landschaft hat sich vielerorts stark gewandelt. Während früher die kleinbäuerliche Landwirtschaft die Region prägte, werden die Felder heute immer größer und die Bauern immer weniger. Die Menschen zieht es in die Städte. Im täglichen Hin- und Her haben wir kaum noch Zeit uns mit unserer Umgebung eingehend zu befassen. So sind es auch oft Ältere, die der Heimatgeschichte nachspüren, obwohl das Interesse gerade bei Jüngeren ungebrochen ist. In diesem Blog geht es um Heimatgeschichte in der Region Celle. Ganz gleich, ob es nun Orte, Geschichten oder Legenden betrifft, werden hier zahlreiche Themen aufgearbeitet und zeitgemäß präsentiert. 

Ursprünglich stamme ich aus Schwachhausen bei Wienhausen, im Süden des Landkreises Celle. Dort hatten meine Großeltern einen Bauernhof aufgebaut. Zur Schule bin ich in Hamburg gegangen. In meiner Freizeit habe ich Freundschaften in meiner Heimat gepflegt, von denen zum Glück viele bis heute halten. Besonderes Interesse hatte ich seit jeher für meine Umgebung, die Natur, Geschichten, Sagen, historische Begebenheiten und alles was dazu gehört. 

Während des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums in Jena begann ich die Geschichten aufzuschreiben. Mit der Zeit bemerkte ich, dass mein Interesse für Heimatgeschichte einen guten Ausgleich neben meinem Studium bot. Diesen konnte ich ebenfalls neben meinem wirtschaftsrechtlichen Studium in Kassel aufrecht erhalten. Auch wenn die Zeit knapper wird, recherchiere ich in meiner Freizeit immer noch gerne heimatgeschichtliche Themen und stelle sie hier im Blog vor. 

Seit ich den Blog Anfang des Jahres 2012 ins Leben gerufen habe, wurde er bereits regional und überregional gut angenommen. Das wird nicht zuletzt daran liegen, dass "Heimatgeschichte" kein per se langweiliges Thema ist, sondern dass es auch hier auf die Methoden und auf die Darstellung ankommt. 


Daher bin ich stets bemüht die Beiträge möglichst anschaulich und interessant zu gestalten ohne die Faktenlage außer Acht zu lassen. Ob es nun Google-Overlays sind bei denen selbst Karten von 1780 in aktuelle Satellitenbilder Eingebungen werden, Recherchen in Online-Datenbanken oder die gute Vernetzung zwischen klassischen und modernen Quellen - das Thema Heimatgeschichte lässt sich hervorragend vermitteln. 

Als genehmigter und zertifizierter Sondengänger kann ich Ackerflächen im Raum Celle mit einem Metalldetektor begehen. Entsprechende Funde werden an den Landesarchäologen gemeldet. Diese Art der Forschung bietet die Möglichkeit einer spannenden Zusammenarbeit zwischen Heimatforschern, Denkmalschützern und Archäologen. 

Ich freue mich jederzeit über Hinweise, Material und Kritik. Wer eine interessante Geschichte oder dergleichen beizutragen hat, kann sich gerne bei mir melden. Kontaktaufnahme ist am besten per E-Mail möglich: found-places@live.de. Ich rufe auch gerne zurück. 

Damit wünsche ich weiterhin viel Spaß in diesem Blog! 

Beste Grüße, 

Hendrik 

Donnerstag, 8. August 2013

"Zum süßen Turme" und die Hofkrämerei zu Celle




Bild: Konditorei Wolde am Celler Schlossplatz.
Quelle: C. Cassel.


Verschwunden aus dem Stadtbild...


Vor einiger Zeit berichtete Found Places über die neue Hauptwache am Schlossplatz, die schon seit vielen Jahren aus dem Stadtbild verschwunden ist. Ähnlich ist es bei dem Gebäude um das es nun gehen wird.

Am 5. August veröffentlichte das Celler Bomann-Museum auf seiner Facebook-Seite ein "Objekt der Woche" (hier zu sehen: Bild Bomann-Museum ). Es handelte sich dabei um ein Aquarell aus dem Jahre 1835, welches die Celler Stechbahn mit Blick in Richtung Schloss zeigt. Zur Linken auf dem Bild befindet sich ein seltsam anmutendes Gebäude mit zwei auffälligen Türmchen (im Volksmund liebevoll "Steckeltürmchen" genannt). Was hat es damit auf sich?



Bild: Blick aus der Stechbahn auf das Schloss. Leider nicht so schön farbig, wie die Darstellung im Bomann-Museum. 
Quelle: C. Cassel.


Es handelt sich um ein altes Gebäude des Celler Schlossbezirks: die sogenannte Hofkrämerei. Sie lag seitlich zur Stechbahn ausgerichtet direkt neben der Hofkornschreiberei. Ihr gegenüber, auf der anderen Seite der Stechbahn lag die Schlosspförtnerei. Der Begriff "Steckel" hängt mit der Celler Stechbahn zusammen. Früher fanden dort Rittertuniere und Wettkämpfe statt, die der späteren Straße den Namen gaben.


Erbaut wurde die Hofkrämerei, oder auch "Hofkrambude" im Jahr 1682. Sie besaß zwei Türme im Weserrenaissance-Stil. Im Jahr 1785 stürzte der Torbogen, welcher zwischen der Hofkrämerei und der Schlosspförtnerei die Stechbahn überquerte, ein. Er wurde nicht wieder aufgebaut und ist daher auf dem Aquarell des Bomann-Museums (s.o.) aus dem Jahr 1835 nicht mehr zu sehen.

Bild: Zwei Türme ("Steckeltürmchen") an der Hofkrämerei an der Stechbahn.
Quelle: C. Cassel. Zeichnungen im Original v. J.H. Steffens/Völker.



In diesem und im vorstehenden Bild sieht man den alten Torbogen noch.



Bild: Blick vom Schloss aus. Links befindet sich die alte Schlosspförtnerei und rechts im Bild sieht man die Hofkrämerbude mit den beiden Türmen. Verbunden werden die beiden Teile der Stechbahn durch einen Torbogen, sodass sich dahinter ein freier Platz in Richtung der Stadtkirche eröffnet.

Quelle: C. Cassel. Zeichnungen im Original v. J.H. Steffens/Völker.



Bild: Lage der ehemaligen Hofkrambude.
Quelle: Google Earth.


Später befand sich in der alten Hofkrämerei die Konditorei Wolde. Scherzhaft nannte man sie auch "Zum süßen Turme".


Im Jahr 1885 wurde das Gebäude abgerissen. Allerdings galten die beiden niedrigen Türme als ein unverkennbares Wahrzeichen für die Stadt Celle, die ansonsten kaum über Türme verfügte. So baute man sie kurzerhand in der ehemaligen Fockengasse 2a, der heutigen Spangenbergstraße 5, wieder auf. Ein dort angelegter Verbindungsgang zwischen beiden Türmen wurde frei hinzugefügt.

Bild: Seitenansicht der ehem. Hofkrämerei.
Quelle: C. Cassel.



In den Jahren 1886 und 1887 wurde an der Stelle der ehemaligen Hofkrämerei am Schlossplatz das Postgebäude errichtet, so wie man es heute kennt.

Im Jahr 1967 wurden die "Steckeltürmchen" in der Spangenbergstraße abgebaut und Teile davon eingelagert (siehe u.a.: Zeitsprünge Celle, Webermann, Knieriem, Schmidt, S. 51). Immer wieder gab es Bestrebungen die Türme wieder in das Stadtbild zu integrieren. Im Rahmen eines Planspiels zur Stadterneuerung im Jahr 2001 (Informationen dazu: hier) konnten die Celler Bürger über verschiedene Varianten mittels einer Computersimulation abstimmen. Die Variante "Steckeltürme" bekam am wenigsten Zulauf und wurde dementsprechend nicht weiter verfolgt…


Bild: "Steckeltürmchen" - im Vordergrund die neue Hauptwache am Schlossplatz (siehe auch: Neue Hauptwache).
Quelle: Celler Soldatenbuch.



Fazit...


Die ehemalige Hofkrämerei mag vielleicht aufgrund ihrer einzigartigen Türme am meisten ins Auge fallen, jedoch war sie bei Weitem nicht das einzige Gebäude, welches gegen Ende des 19. Jahrhunderts weichen musste. Besonders im Bereich des Schlossbezirkes kam es in den Jahren nach 1866 (Annexion des Königreiches Hannover durch Preußen) zu vielen baulichen Veränderungen.

Schade eigentlich - so betrachtet sind die Türmchen doch ganz ansehnlich...




Viele Grüße,  

Hendrik. 


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Empfehlungen:


Garnison-Museum Celle: 
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Die Schatzregister (zu erwerben): 
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Offensen-Schwachhausen: 
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Schatzsuche:  die Teufelsinsel in Wietze: 
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Antiquarische Bücher: Celler Versandantiquariat Ehbrecht: 



Montag, 5. August 2013

Die Schwedenschanze bei Rebberlah

Nördlich von Celle, zwischen Scheuen und dem kleinen Ort Rebberlah bei Eschede, erstrecken sich die weiten Ausläufer des Lüßwaldes. Südlich von Rebberlah beginnen einige Wander-, Rad- und Reitwege die sich teilweise bis Hermannsburg ziehen. Heute gehört diese Region zum Naturpark Südheide und stellt eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Norddeutschlands dar.

Auf den Wegschildern in Rebberlah werden unter anderem Wandertouren vorgeschlagen, die an der so genannten "Schwedenschanze" vorbeiführen sollen. Nachzulesen ist die Tour übrigens hier: Wander-Tour.

Was hat es mit dieser "Schwedenschanze" auf sich?

In der vorgeschlagenen Wandertour wird dieser Ort mit dem Punkt Nr. 10 angegeben und als "eine alte Befestigungsanlage" erklärt. Nun ja - erklärt ist eigentlich zu viel gesagt. Im Grunde bleibt es dem Wanderer überlassen sich den ganzen Weg über zu fragen worum es sich dabei wohl handeln könnte.

Warum Schanze? Gut, eine Schanze lässt sich noch gerade eben so mit Militär in Verbindung bringen, auch wenn Jüngere damit sicher eher einen beliebten Hamburger Stadtteil assoziieren.

Warum Schweden? Nun, die Haftanstalt Salinenmoor ist nicht weit weg. Aber sollte das ein Hinweis aus "schwedische Gardinen" sein...? Und was tut so eine Befestigungsanlage mitten im Nirgendwo im Wald?

Einen Überblick, mögliche Erklärungsansätze und viele Bilder, die zeigen was es dort wirklich heute noch zu sehen gibt sollen im nachstehenden Beitrag folgen.

Wenn man das Messtichblatt der preußischen Landesaufnahme (1899/1901) betrachtet, ist die Schwedenschanze deutlich verzeichnet.

Bild: Schwedenschanze.
Quelle: preußisches Messtichblatt 1901.

Man erkennt, dass die Schanze durch einen leicht geknickten, von Süd-Westen kommenden Weg geteilt wird. Der Weg verläuft Richtung Nordosten - in Richtung Rebberlah. Die Wälle sind für die Gegend untypisch. Es finden sich dort keine sonstigen natürlichen Erscheinungen solcher gradlinig verlaufenden Wälle.

Es spricht einiges dafür, dass es den Weg bei der Errichtung dieser Anlage schon gab. Zwar teilt der Weg scheinbar die Anlage, aber bei genauem Hinsehen fällt auf, dass es sich um zwei separate Anlagen handelt. die südliche ist leicht vorgelagert und deutlich von der nördlichen abgetrennt.

Bild: Satellitenbild Schwedenschanze.
Quelle: Google Earth.

Auf dem aktuellen Satellitenbild kann man die Anlage quasi überhaupt nicht erkennen (beachte den geknickten Wegverlauf!).

Bild: Karte & Satellitenbild Schwedenschanze.
Quelle: preuß. Messtichblatt 1901 und Google Earth.

In Kombination mit dem preußischen Messtichblatt lässt sich die Lage der Schwedenschanze erahnen. Das hilf erheblich bei der Lokalisierung der Anlage.

Sehr interessant wird es aber erst, wenn man sich vor Ort umsieht und die gemachten Beobachtungen in die Karte einfließen lässt.

Bild: Ortsbegehung Schwedenschanze.
Quelle: Google Earth.

Mithilfe eines GPS-Tracks kann man den Verlauf der Anlagen sichtbar machen. Dazu habe ich ein GPS-Gerät eingeschaltet und bin dem im Gelände sichtbaren Verlauf der Anlage gefolgt. Die Messergebnisse habe ich dann in Google Earth importiert (Blau). Das ist keineswegs die vollständige Anlage - es sind die Strukturen, die mir im Gelände ins Auge fielen. Diesen konnte ich dann folgen.

Bild: Schwedenschanze - Messergebnisse.
Quelle: preuß. Messtichblatt 1901 und Google Earth.

Nun kann man in Google Earth auch das Messtichblatt der preußischen Landesaufnahme (1901) als Layer zuschalten. Die Ergebnisse sind verblüffend. Genau an Strecke, an der ich entlanggelaufen bin, ist in der Karte die Wallgrenze der Schwedenschanze eingezeichnet.

Somit ist bewiesen, dass die Karte stimmt, denn an der bezeichneten Stelle befindet sich tatsächlich ein Wall.

In der Wegbeschreibung des Naturpark Südheide Wanderweges ist der Punkt Nr. 10 klar als Schwedenschanze vermerkt. Das Problem ist nur: so klar ist der Punkt in Wirklichkeit nicht auffindbar.

Möglicherweise läuft ein ahnungsloser Wanderer einfach über die Schwedenschanze hinweg ohne es zu merken. Das hat man wohl auch seitens des Naturparks erkannt und einfach einen kleinen Pfahl mit dem Punkt Nr. 10 in den Boden gerammt. Schön...

Schöner wäre es doch aber für den Wanderer, wenn er nicht nur den "Punkt Nr. 10" finden würde, sondern vielleicht auch das sehen könnte was dahintersteht. Er ist wohl kaum 5 km durch den Wald gelaufen, um nun ein Plastikschild mit der Nr. 10 zu sehen, oder?

Zuerst dachte ich, dass es dort tatsächlich gar nichts mehr von der mutmaßlichen Schwedenschanze zu sehen gäbe. Leider ist der Wald an dieser Stelle zu 100% aufgeforstet worden. Die jungen Kiefern stehen dicht an dicht.

Bild: Im "Knick" in der Schwedenschanze. Blick in Richtung Rebberlah.
Quelle: eigenes Bild.

Vom Weg aus sieht man eigentlich nichts auffälliges. Weder Erdhügel, noch Gräben sind erkennbar.

Bild:  Im "Knick" in der Schwedenschanze. Blick in Richtung Scheuen.
Quelle: eigenes Bild.

Mit Mühe und Not erkennt man beim Blick in Richtung Scheuen, dass der Weg einen kleinen gleichmäßigen "Huckel" überquert. Es bedarf schon sehr viel Phantasie daraus eine alte Befestigungsanlage zu machen...

Aber dafür ist Found Places schließlich da. Wäre ja lächerlich, wenn man gleich wieder nach Hause marschiert, nur weil man vom Weg aus nichts sieht.

Also ab ins Unterholz. Das ist übrigens in den Monaten April bis Oktober keine wirkliche Freude. Es warten jede Menge Zecken, Blinde Fliegen, Mücken und undurchdringliche Sträucher. Aber auch das kann einen Heimatforscher nicht abhalten. Abseits des Weges wurde ich dann auch endlich fündig.

Bild: Schwedenschanze. Nördlicher Wall.
Quelle: eigenes Bild.

Als ich auf diesen Wall stieß, war mir klar, dass ich die Schwedenschanze gefunden hatte. Dem Verlauf folgend konnte ich weitere Bilder der Anlage machen und den oben erwähnten GPS-Track erstellen.

Bild: Schwedenschanze. Nördlicher Wall. 
Quelle: eigenes Bild. 

Bild: Schwedenschanze. Findling am nördlichen Wall. 
Quelle: eigenes Bild. 

Bild: Schwedenschanze. Westlicher Wall längsseits.
Quelle: eigenes Bild. 

Bild: Schwedenschanze. Westlicher Wall längsseits.
Quelle: eigenes Bild. 

Bild: Schwedenschanze. Westlicher Wall längsseits.
Quelle: eigenes Bild.

Bild: Schwedenschanze. Westlicher Wall längsseits.
Quelle: eigenes Bild.

Bild: Schwedenschanze. Westlicher Wall längsseits.
Quelle: eigenes Bild.

Zur anderen Seite des abgeknickten Weges (siehe oben) kann man ebenfalls noch Teile der Anlage erkennern...

Bild: Schwedenschanze. Südlicher Wall.
Quelle: eigenes Bild.

Bild: Schwedenschanze. Südlicher Wall.
Quelle: eigenes Bild.

 
Bild: Schwedenschanze. Südlicher Wall.
Quelle: eigenes Bild.


Es lassen sich somit im Gelände eindeutige Belege dafür finden, dass es dort einmal eine von Menschenhand errichtete Anlage gab. Die Form und die Lage der Anlage deuten darauf hin, dass es sich um eine Verteidigungsanlage gehandelt haben könnte. 

Es ist auszuschließen, dass es sich um eine ausschließlich zivile Anlage handelte. Wenn es sich um eine zivile Anlage handelte, dann müsste sie schon zu zivilen Verteidigungszwecken errichtet worden sein. 

Mögliche zivile Zwecke wäre ein Bienenzaun (Bienenkästen, die mit einem Erdall umgeben sind). Aufgrund der Walldicke und Größe der Anlage scheidet diese Erklärung aus. Zum anderen wäre ein Bienenzaun als solcher in der preußischen Landesaufnahme vermerkt gewesen. 

Eine weitere Erklärung wäre ein ziviles Viehgehege. Zu Kriegszeiten (z.B. oft im Dreißigjährigen Krieg) kam es vor, dass die Dorfbewohner ihr Vieh vor Überfällen in fernab gelegene Viehgatter brachten. Damit sollte verhindert werden, dass die Plünderer das Vieh an sich nahmen. Diese Erklärung scheidet aber ebenfalls aus, da die Anlage dafür einfach zu groß ist. 

Viel plausibler dagegen erscheint die Erklärung, dass es sich um ein Verteidigungsbauwerk handelte. Dafür spricht sowohl die Größe, als auch die Lage und die Ausrichtung der Anlage. In welcher Epoche die Anlage ursprünglich entstanden ist, kann man nur vermuten. 

Der Name "Schwedenschanze" legt nahe, dass es sich um ein Schanzbauwerk schwedischer Truppen gehandelt haben könnte. 

Eine Schanze ist im allgemeinen ein Verteidigungsbauwerk, welches sich durch Wallanlagen bzw. Grabenanlagen auszeichnet. Eine Schanze ist somit eine altertümliche Bezeichnung für eine provisorische bzw. vorübergehende Befestigungsanlage. 

Die Schweden standen im Dreißigjährigen Krieg auf protestantischer Seite gegen die Katholische Liga mit den Kaiserlichen Truppen unter Tilly und später Wallenstein. 

Celle wurde zwar nicht selber Kriegsschauplatz, hatte aber unter Einquartierungen und hohen Repressalien in Form von Abgaben und Zahlungen an die Krieg führenden Mächte zu leiden. Es soll an dieser Stelle aber nicht auf das Kriegsgeschehen selbst eingegangen werden. Vielmehr soll die Frage nach den schwedischen Truppen nach welchen die besagte Anlage benannt sein könnte verfolgt werden. 

Im Jahr 1635 sollen ca. 20.000 schwedische Soldaten im Celler Land gelagert haben. Sie versorgten sich vornehmlich mit dem was sie von der Zivilbevölkerung bekommen konnten. Was sie nicht bekommen konnten nahmen sie sich einfach. So wird berichtet, dass Bauern aus Wohlde und Wietzendorf ihre gestohlenen Pferde zurückkaufen mussten. Die Landbevölkerung hatte unter der Quasi-Belagerung aufs Ärgste zu leiden. Zum Einen mussten hohe Abgaben entrichtet werden. Zum anderen nahmen sich die schwedischen Soldaten, was sie an Lebensmitteln und sonstigen Dingen gebrauchen konnten. 

Zahlreiche Dörfer blieben im Rückstand mit den Leistungen, da sie nicht in der Lage waren die Forderungen zu erfüllen. 

Im November 1641 kam der schwedische General Torstensson und lagerte unter anderem bei Winsen. Am 2. Januar 1642 brach Torstensson mit seiner Armee von Bergen in Richtung Hermannsburg auf und richtete dort sein vorübergehendes Hauptquartier ein. Von Hermannsburg aus zog er weiter in Richtung Wittingen und Knesebeck. Es sind etliche Beispiele für den rüden Umgang seitens der schwedischen Soldaten mit der Zivilbevölkerung überliefert. Sie nahmen Bauern das Vieh und auch sonst alles Hab und Gut. Zurück blieben oft mittellose Familien, die weder Haus noch Hof halten konnten. Auch kam es vor, dass die Schweden das Vieh mitnahmen und erst gegen ein enormes Lösegeld wieder herausgaben. 

Mit den schwedischen Soldaten kamen auch Räuber, Deserteure, Landstreicher und alles andere Gesinde, welches den ortsansässigen Bauern das Laben schwer mache. Schließlich kam fast alles Leben zum Erliegen. Die Straßen waren nicht mehr sicher, die Pest wütete, die hohen Forderungen der Obrigkeit konnten nicht beglichen werden. In dieser Situation starben ganze Landstriche aus. Den Dörfern wurden zudem viele junge kräftige Leute entzogen, da Kriegswerber umher zogen um immer neue Heere zusammenzutragen. 

Im Norden des Celler Kreises kam es zu einer Wolfsplage. Sicherlich nicht zuletzt in dieser liegt einer der Ursprünge für das Werk "der Werwolf" von Hermann Löns. 

Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass es sich bei der so genannten "Schwedenschanze" tatsächlich um eine Verteidigungsanlage der schwedischen Truppen im Dreißigjährigen Krieg handeln könnte. 

Zumal sich schwedische Truppen nachweislich in der besagten Gegend aufhielten, spricht einiges für diese Theorie. In welcher Situation und zu welchem Zweck die Schanze errichtet wurde, kann nur gemutmaßt werden. Die Schweden hielten sich recht lange im Celleschen auf - es ist davon auszugehen, dass Vorkehrungen getroffen wurden, um strategisch wichtige Straßenverbindungen zu sichern. Da die Orte Bergen und Hermansburg wichtige Orte für die Schweden waren, könnte man schlussfolgern, dass man diese durch bestimmte Verteidigungsanlagen an den Flanken schützen wollte. 

Interessant ist, dass sich ausgerechnet der Name Schwedenschanze erhalten hat. Weit und breit gibt es keine Siedlung in der Nähe. Bei all den damaligen Kriegswirren ist es doch sehr verwunderlich, dass ausgerechnet den Schweden diese Anlage zugeschrieben wird. Wie weiter oben bereits ausgeführt, hatte die Zivilbevölkerung größte Not zu leiden. Es besteht außerdem der gute Grund zu der Annahme, dass sich niemand von seinem Hof/Dorf entfernt hat. Wenn nun also mitten im nirgendwo solch eine Anlage entstanden ist, dann hätte es der gewöhnliche Bauer sicherlich gar nicht mitbekommen. 

Andererseits das auch ein guter Beweis für die Wirksamkeit mündlicher Überlieferungen sein. 

Viele Grüße & viel Spaß bei einem Ausflug zur Schwedenschanze, 

Hendrik