f April 2014 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 28. April 2014

Pest in Wienhausen: Elendwiese und Schwarzer Hamm

Es sind Geschichten wie diese, die mich immer wieder auf's Neue begeistern. Es geht um eine fürchterliche Katastrophe, die sich schon vor knapp 700 Jahren ereignete: die Pest.  Aber der Reihe nach. 

Am alljährlichen Osterfeuer sprach mich der Vater eines guten Freundes an. Er erzählte mir von einer alten Flurbezeichnung in der Nähe des Klosters Wienhausen. Ich hatte von der Geschichte um die "Elendwiese" bis dahin noch nichts gehört - obwohl ich die Gegend kenne wie meine Westentasche. Der Name soll aus der Zeit der Pest stammen - ich fing an zu recherchieren und entdeckte interessante Zusammenhänge dieser Zeit im Bereich des Ortes. 

Es ist das Jahr 1350. Im Wienhäuser Kloster hat die Äbtissin Luitgard III, Gräfin von Delmenhorst die Leitung inne. Es begab sich, dass in ihre Amtszeit eine der schwersten Pestepidemien fiel, die jemals im Landkreis wüteten. Die Menschen starben einem zeitgenössischen Bericht zufolge, ohne die heiligen Sakramente zu empfangen. Schon Kinder wurden vom "Schwarzen Tod" ungetauft dahingerafft. An manchen Tagen wurden von Morgens bis Abends Leichen begraben. Der Pest konnte man nicht entfliehen - ob reich oder arm - die Krankheit machte keinen Unterschied. Ganze Landstriche vereinsamten, Felder wurden nicht mehr bestellt und ganze Familien starben aus. 

Aus dieser Zeit soll der Flurname "Elendwiese" stammen. Bereits Friedrich Barenscheer vermerkt diesen Namen in seiner Flurnamensammlung für den Landkreis Celle. Dort soll ein Haus für die Pestkranken gestanden haben, heißt es. Eine genaue Ortsangabe findet sich leider nicht. Jedoch konnte die offizielle Flurnamensammlung im Celler Stadtarchiv helfen, den Ort zu lokalisieren. 

Bild: Elendwiese (links), Kloster (Mitte) und Schwarzer Hamm (rechts) bei / in Wienhausen. 
Quelle: Google Earth. 


Bild: Elendwiese bei Wienhausen. 
Quelle: Google Earth. 


Dank Herrn Geier aus dem Celler Stadtarchiv erhielt ich die Flurnamensammlung für Wienhausen sehr kurzfristig. Darin ist die Elendwiese unter der Nummer 3a verzeichnet. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zur einer auffälligen Kurve des Mühlenkanals, welche bereits Jahrhunderte in dieser Form überdauert hat. 

Bild: Elendwiese bei Wienhausen. 
Quelle: Flurnamensammlung Wienhausen, Stadtarchiv Celle. 


In der Erklärung der Nummerierung heißt es zur 3a: 
"Dort wurde 1350 ein Haus erbaut in welches man die Pestkranken brachte." 

Bild: Flurnamenerklärung. 
Quelle: Flurnamensammlung Wienhausen, Stadtarchiv Celle. 


Von der namentlichen Entstehung macht die Bezeichnung "Elendwiese" natürlich schon mal Sinn - die Pest war DAS Elend, was die Menschheit zu ihrer Zeit traf, wie nie zuvor. Sie breitete sich auf unterschiedlichen Wegen aus. Heute kennen wir die Übertragungswege der Lungen- und der Beulenpest. Einst waren die Menschen schlicht damit überfordert Ursachen und Wirkungen richtig zu identifizieren. Auch in Wienhausen wütete die Pest - sie hinterließ uns jedoch nur wenige Spuren. Neben der Elendwiese gibt es weitere Hinweise auf die Zeit der Pest in Wienhausen. 

Es war üblich, dass man glaubte die Pestkrankrankheit sei eine Strafe Gottes. Um wieder zurück in den Schutzbereich des Herrn zu gelangen wurden vielerorts hohe Geldsummen an die Kirche gestiftet. Auch viele Kirchenneubauten fallen in diese Zeit. Viele dieser Gotteshäuser erhielten die Namen der Schutzheiligen Sebastian oder Fabian. 

So geschah es auch in Wienhausen. Die Äbtissin Luitgard III ließ eine Kapelle zu Ehren des heiligen Fabian und Sebastian erbauen. Diese befand sich dort wo heute der Gemeindefriedhof liegt. Bereits nach der Grundsteinlegung soll die Pest im Ort nachgelassen haben. In freudigen Prozessionen brachte man nun ungetaufte Kinder in die Kapelle um sie taufen zu lassen. Der Hildesheimer Bischoff weihte die Kapelle ein und sie wurde von Kardinälen und anderen Bischöfen reich beschenkt. Erstmals besaß diese Kapelle einen Eingang für die Jungfrauen aus dem Kloster und die Bewohner Wienhausens.  Für eine Zeit in der die katholische Kirche eine strenge gesellschaftliche Trennung vorlebte, war dies etwas Außergewöhnliches. 

Und dennoch verließ man sich wohl nicht nur auf die Barmherzigkeit Gottes. Auf einer Wiese im Sunder soll daher in dieser Zeit ein Pesthaus gebaut worden sein. Dort brachte man die Infizierten der Pest hin. Der Name Elendwiese deutet noch darauf hin, denn sicherlich verstarben viele der Kranken innerhalb kurzer Zeit. 

Bild: Elendwiese bei Wienhausen. 
Quelle: Google Earth, Kurhannoversche Landesaufnahme 1780. 


Die Lage der Elendwiese stimmt ziemlich gut mit der damaligen Auffassung zur Heilung der Pest überein. Einst glaubte man das Wasser hätte eine heilende Kraft. Weiter nahm man an diese Kraft wäre in der Lage die Pest aus dem infizierten Körper herauszuziehen. Pest- und Siechenhäuser wurden daher regelmäßig in der Nähe von Flussläufen und Gewässern erbaut. So beispielsweise auch an den Ratsteichen bei Celle. Die heutige Hüttenstraße nördlich der ehemaligen Ratsteiche trägt ihren Namen aus der Zeit in der dort die Pesthütten der Stadt Celle standen. Auch hier wurde dem Wasser eine heilende Wirkung zugeschrieben. 

Heute erinnert auf der Elendwiese bei Wienhausen recht wenig an die Zeit der Pest.  

Bild: Elendwiese bei Wienhausen heute. Links: Kreisstraße 50 nach Celle. 
Quelle: Hendrik Altmann.


Bild: Elendwiese bei Wienhausen heute. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Elendwiese bei Wienhausen heute. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Elendwiese bei Wienhausen heute. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Elendwiese bei Wienhausen heute. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Im Jahr 1531 ließ Herzog Ernst der Bekenner die Fabian- und Sebastian Kapelle abreißen. Auch weitere Baulichkeiten des einst katholischen Klosters wurden in dieser Zeit abgerissen. Das Kloster konnte diesem Schicksal entgehen - der evangelische Glaube wurde angenommen. Dies bedeutete jedoch eine gravierende Veränderung, welche durch die zerstörten Gebäude gut sichtbar wird. 

Der Flurname "Fabian" überdauerte die Zeit. Noch bis ins 20. Jahrhundert kannte man unter dieser Bezeichnung einen Bereich des Wienhäuser Gemeindefriedhofs. Dort befand sich einst die von Luitgard III gestiftete Kapelle. 

Noch eine weitere Flurbezeichnung bei Wienhausen soll sich auf die Zeit der Pest beziehen.  Der "Schwarze Hamm" soll einst ein Moor unweit des Klosterortes gewesen sein. 

Bild: Schwarzer Hamm (rechts). 
Quelle: Google Earth. 


Laut Friedrich Barenscheer deutet die Bezeichnung Schwarzer Hamm darauf hin, dass in dem einstigen Moor Pestleichen versenkt wurden. 

Die Pest forderte vielerorts so viele Opfer, dass normale und übliche Bestattungen nicht mehr ausgeführt werden konnten. Es gab mehr Tote als Grabstellen und mehr Leichen als Totengräber. Es kam zu Massenbestattungen und Verbrennungen. Das Versenken von Leichen im Moor scheint im Notfall ebenfalls plausibel zu sein. 

Bild: Schwarzer Hamm bei Wienhausen. 
Quelle: Hendrik Altmann.  


Bild: Moor im Schwarzen Hamm bei Wienhausen. 
Quelle: Hendrik Altmann.  


Anders als die Überlieferungen der Elendwiese und der Fabian-/Sebastiankapelle scheint die Geschichte der Versenkung von Pesttoten im Moor eher ein Märchen zu sein. Sicher griff man in den Zeiten der Pest zu neuen / ungewöhnlichen Maßnamen. Es scheint sehr plausibel zu sein, dass nach dem Wissensstand von 1350 auf der Elendwiese tatsächlich ein Haus für Pestkranke gestanden hat. Die Entfernung, Flurbezeichnung und das Vorhandensein von (heilendem) Wasser sprechen für diese These. 

Jedoch ist es sehr unwahrscheinlich, dass wirklich im Moor des Schwarzen Hamm Pesttote versenkt wurden. Zum einen hätte man die Toten, welche ja auch im Pesthaus auf der Elendwiese verstarben, durch den ganzen Ort tragen müssen. Wenn man damals schon wusste, dass jene Infizierten in einem isolierten Haus fernab vom Ort untergebracht werden mussten, wäre es sehr unlogisch die Leichen mitten durch den Ort zu tragen und eine Ansteckung zu riskieren. Auch wusste man damals bereits, dass man das Trinkwasser reinhalten musste. Aus diesem Grund hätte man die Pesttoten niemals östlich vom Ort im Moor versenkt. Die Sorge vor einer Verseuchung des Trinkwassers wäre - berechtigter Weise - viel zu groß gewesen. Zumal alles Wasser aus eben dieser Richtung nach Wienhausen gelangte, hätte man die Pestleichen anderswo gelassen. 

Hier zeigt sich wieder einmal die enge Verbindung von Legende und Geschichte. Sicherlich scheint die Vermutung, dass die Elendwiese einst Quarantäne-Sation für Pestkranke war sehr plausibel. Weit genug von Ort entfernt war diese Wiese noch immer nahe genug, um die Infizierten täglich mit Nahrung zu versorgen. Auch die Nähe zu fließendem Wasser (Mühlenkanal) sprichfür diese Annahme, denn man schrieb dem Wasser einst eine heilende Wirkung zu. 

Dagegen scheint die Geschichte der Pestleichen, die im Moor des Schwarzen Hamm versenkt worden sein sollen sehr fiktiv. Logische Gründe die diese These stützen gibt es nicht. Eher hätte man die Pestleichen weiter westlich im Bereif der Elendwiesen gelassen - wenn überhaupt. 

Die Überlieferung derartiger Flurnamen bis in unsere Zeit beweist, dass die damaligen Ereignisse geschichtsprägend waren. Die Pest veränderte die Menschheit - und einige dieser Veränderungen wirken bis in unsere Zeit. 


Viele Grüße, 
Hendrik




Donnerstag, 24. April 2014

Verschwundene Bahnstrecke zwischen Beedenbostel und Höfer

Unweit hinter Beedenbostel befinden sich alte Gleisstränge im Boden. Wer vielleicht schon einmal mit dem Rad in der Gegend unterwegs war, hat die Schienen sicher schon einmal überquert. An einem einstigen Bahnübergang nordöstlich des Dorfes sind sie noch gut erkennbar. 

Bild: Gleisstränge im Bodenbelag der "Grünen-Plan-Straße". Im Hintergrund: Beedenbostel. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Anwohner werden den Zugbetrieb auf der ehemaligen Bahnstrecke Beedenbostel - Höfer - Habighorst noch in Erinnerung haben. Heute existieren nur noch wenige erkennbare Spuren der eingleisige Bahnlinie. Dabei wurde sie früher sogar für den Personenverkehr genutzt.  

Bild: Gleisstränge im Bodenbelag der "Grünen-Plan-Straße". 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bereits im Jahr 1910 gab es Überlegungen die Bergbaubetriebe in Höfer (Schacht Mariaglück) und in Habighorst (Schacht Fallersleben) an das Kleinbahnnetz anzuschließen. Es sollte ein Anschluss an die Strecke Celle - Wittingen erfolgen. Als Knotenpunkt wurde Beedenbostel gewählt. Am 20. September 1911 ergibt der Planfeststellungsbeschluss zum Bauvorhaben der Bahnstrecke. Zuvor hatte der Minister für öffentliche Arbeiten seine Zustimmung zu dem Bau gegeben. 

Da es sich bei der Kleinbahngesellschaft um eine Aktiengesellschaft handelte, mussten die Aktionäre dem Vorhaben zustimmen. Bereits am 17. November 1911 wurde der Vertrag mit den Bergbaugesellschaften beschlossen. Die Kalibetriebe zeichneten Aktien im Wert von 300.000 Mark und übernahmen so die geschätzten Baukosten. Die Kleinbahn sollte für die Strecke eine Lokomotive zur Verfügung stellen, die am Haltepunkt Habighorst stationiert wurde. Diese sollte unentgeltlich für den Rangierbetrieb auf dem Gelände der Bergwerksbetriebe zum Einsatz kommen. 


Bild: Anschluss nach Habighorst. 
Quelle: Vom Kleinbahnnetz zu den Osthannoverschen Eisenbahnen, Hüter, Bretschneider, Uhl, Kasper. 



Bild: Grubenbahnhof Habighorst. 
Quelle: Vom Kleinbahnnetz zu den Osthannoverschen Eisenbahnen, Hüter, Bretschneider, Uhl, Kasper. 


Erst fast zwei Jahre später wurde die Strecke in Betrieb genommen. Am 20. Juli 1912 wurde die Linie abgenommen und am 22. Juli offiziell eingeweiht. Schon bald zeigte sich: die Strecke war für die Kleinbahn alles andere als rentabel. Im Jahr 1913 / 1914 verursachte die Strecke Kosten in Höhe von 31.600 Mark. Dem standen jedoch nur Einnahmen von 30.868 Mark gegenüber - ein Verlustgeschäft. 

Erschwerend kam hinzu, dass nur wenig später die staatliche Bahnstrecke zwischen Celle und Gifhorn eröffnet wurde. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang des Zugverkehrs auf der Strecke Celle - Wittingen. Man versuchte entgegenzusteuern und neue Anschlussgleise zu bauen, um die Strecke wieder rentabel zu machen. So wurde unter anderem ein Anschlussgleis in die Papierfabrik in Lachendorf gelegt. Weiterhin gab es Überlegungen eine Bahnstrecke von Lachendorf über Ahnsbeck, Helmerkamp, Hohne, Spechtshorn, Ummern bis nach Pollhöfen zu bauen. Die Eisenbahndirektion stimmte diesem Vorhaben sogar zu - kommen sollte es dazu jedoch nicht mehr. Im Jahr 1914 begann der Erste Weltkrieg und die Pläne wurden fallen gelassen. 


Bild: Fahrplan der Bahnstrecke im Jahr 1926. 
Quelle: Vom Kleinbahnnetz zu den Osthannoverschen Eisenbahnen, Hüter, Bretschneider, Uhl, Kasper. 


Das Verhältnis zwischen der Kleinbahngesellschaft und den Bergbaubetrieben war in den ersten Jahren angespannt. Zwar diente die Bahnlinie für Transportaufträge der Kalibetriebe - es wurde jedoch ebenfalls ein planmäßiger Personenverkehr etabliert. Zwischen der Kleinbahn und den Bergbaubetrieben kam es diesbezüglich zu Streitigkeiten. Zumal die Bahn nicht, wie vertragsgemäß vereinbart, die besagte Lokomotive für den Rangierbetrieb zur Verfügung stellte, beschwerte sich die Bergbaugesellschaft in einem Schreiben vom 22. März 1917. 

Die Bestrebungen die Strecke an die Kalibetriebe abzugeben verliefen im Sand. Trotzdem verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Strecke - auch nach Kriegsende - nicht. 

Bild: Bahnlinie in Höfer / Habghorst - zum Kalibetrieb. 
Quelle: Google Earth, Karte War Office 1945. 


Im Zweiten Weltkrieg gewann die Bahnlinie nochmals an Bedeutung. Zumal im Kalibergwerk Mariaglück eine Untertage-Produktion eingerichtet wurde und am Aschenberg eine Luftmunitionsanstalt in Betrieb genommen wurde, war die Bahnstrecke zu einem wichtigen Verbindungsweg geworden. 

Bild: Kalischaft Mariaglück in Höfer um 1950. 
Quelle: Postkarte. 


Am 22. Mai 1955 wurde der Personenverkehr zwischen Beedenbostel und Höfer eingestellt. Der Güterverkehr blieb jedoch noch über längere Zeit erhalten. Zwischen 2009 und 2011 wurde die Strecke endgültig zurückgebaut. 

Bild: Güterzug verlässt Beedenbostel. 
Quelle: Sammlung Günther Willens. 


Heute finden sich nur noch wenige Spuren, die die einstige Bahnstrecke eindeutig identifizieren. Das Gleisbett und der Schotter sind vollständig abgetragen worden. Schienen und Bahnschwellen sucht man vergebens. Langsam gewinnt die Natur den Grünstreifen vollständig zurück. An vielen Stelle erinnert nur noch der zurückgebliebene Streifen an die einstige Verbindung. 


Bild: Reste einer alten Bahnschwelle. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Alter Bahndamm. 
Quelle: Hendrik Altmann. 

Bild: Freigelegter alter Kilometerstein der Bahnstrecke. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Wildwuchs auf der einstigen Bahnstrecke. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Auf aktuellen Satellitenbildern ist die frühere Bahnstrecke immer noch zu erkennen. Sie verläuft leicht S-förmig nordöstlich von Beedenbostel nach Höfer. 

Bild: Bahnstrecke im Satellitenbild. 
Quelle: Google Earth. 

Bild: Bahnstrecke im Satellitenbild. 
Quelle: Google Earth. 



Bild: Bahnstrecke im Satellitenbild. 
Quelle: Google Earth. 


Etwa auf de Hälfte der Strecke zwischen Beedenbostel und Höfer befindet sich ein kleines "Highlight" der ehemaligen Bahnstrecke. Hier musste die Bahn einen Weg und einen kleinen Bachlauf auf gleicher Höhe überwinden. Die Ingenieure ließen sich eine raffinierte Brückenkonstruktion einfallen, um diese Situation zu meistern. Heute liegt diese alte Brücke fast vergessen in der Landschaft...

 Bild: Brücke der ehemaligen Bahnstrecke.  
Quelle: Hendrik Altmann. 

Bild: Brücke der ehemaligen Bahnstrecke.  
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Brücke der ehemaligen Bahnstrecke.  
Quelle: Hendrik Altmann. 


Die Bahnstrecke Beedenbostel - Höfer / Habighorst ist heute sicherlich noch vielen bekannt.   Doch die Strecke wurde gründlich zurückgebaut und ist deswegen schon innerhalb kürzester Zeit aus der Landschaft verschwunden. 

Heute erinnern nur noch im Straßenbelag verbliebene Gleisstücke, Waldschneisen und eine alte Brücke an die einstige Bahnstrecke. Diese diente vor allem den Kalibetrieben. Später wurde sie auch von den Rüstungsbetrieben genutzt. 

Trotz allem Moos und Gras welches über die ehemalige Strecke wachsen mag, ist sie dennoch ein Zeugnis der Bahngeschichte im Landkreis Celle. Es ist wichtig die Erinnerung daran lebendig zu halten. 


Viele Grüße, 

Hendrik 






Montag, 21. April 2014

Luftmunitionsanstalt am Aschenberg (Höfer)

Bereits an anderer Stelle habe ich schon einmal über die Heeresmunitionsanstalt "Waldlager" bei Hänigsen berichtet. Im Landkreis Celle gab es während des Dritten Reiches einige dieser Anlagen. Wie auch die Muna "Waldlager" bei Hänigsen, befand sich auch die Luftmunitionsanstalt Höfer in unmittelbarer Nähe zu einem Kalisalz-Bergbau. 

Sicherlich kennen noch viele die überirdischen Anlagen des ehemaligen Kali-Bergbaus in Höfer. 

Bild: Anlagen des Kalischachtes "Mariaglück" in Höfer. 
Quelle: Postkarte. 


Bereits im Jahr 1906 wurde die Bergbaugesellschaft "Mariaglück" (zunächst in Gotha) gegründet. Im März 1910 wurde dann eine gleichnamige Bergbaugesellschaft auch in Celle gegründet und nahm noch im selben Jahr den Betrieb auf. Auch in Habighorst (Habighorster Höhe) befand sich ein Kalischacht, der jedoch bereits einige Jahre nach Eröffnung wieder stillgelegt wurde. Im Zweiten Weltkrieg erhielt der Kalischacht Höfer den Decknamen "Löwe". Das Unternehmen Schelter & Giesecke (Leipzig) fertigte dort untertage  Teile für Flugzeugsfahrwerke für die Me-109, Ju-88 und Ju-188. Auch Opel produzierte hier in einem ähnlichen Betätigungsfeld. Im späteren Verlauf des Krieges lagerte auch die nahe gelegene Luftmunitionsanstalt gefertigte Munition in den unterirdischen Stollen ein. Auch wurden, kurz vor Kriegsende, Unterlagen und Akten aus der Stadtbibliothek Hannover, der Provinzialbibliothek Hannover, des Staatsarchivs in Kiel, des Landeskirchenarchivs in Hannover sowie der Firmen Vogelsang aus Hamburg, Continental aus Hannover und Panda eingelagert. 

Allerdings soll es in diesem Beitrag nicht vorrangig um die (interessante) Geschichte des Kalischachtes gehen. 

Fährt man auf der Kreisstraße 73 von Höfer ins nördlich gelegene Scharnhorst, kommt durch die heutige Siedlung "Am Aschenberg". Hier befindet sich heute auch der "Filmtierpark". 

Bild: Siedlung am Aschenberg, nördlich von Höfer. 
Quelle: Google Earth. 


Die Siedlung entstand mit der Gründung der Luftmunitionsanstalt am Aschenberg. Die Gebäude des heutigen Filmtierparks und der Siedlung stammen somit auch aus dieser Zeit und fallen bereits von ihrem auffälligen Baustil ins Auge. Westlich, also hinter dem Filmtierpark und der Siedlung, befinden sich im Wald gelegen die Relikte der ehemaligen Depotbunker der Luftmunitionsanstalt. 

Bild: Depotbunker der ehem. Luftmunitionsanstalt am Aschenberg. 
Quelle: Google Earth. 


Bereits recht früh, nämlich im Jahr 1935 / 1936 wurde mit dem Bau der Luftmunitionsanstalt begonnen. Es entstanden zahlreiche Bunkeranlagen - darunter auch die besagten Depotbunker. Desweiteren wurden Verwaltungs-, Kasernen- und Betriebsgebäude errichtet. Arbeiten mussten in der Einrichtung zu Kriegszeiten vorwiegend Kriegsgefangene. Die Zwangsarbeiter waren in den Unterkunftslagern "Waldlager I" und "Waldlager II", welche bei Habighorst errichtet wurden, untergebracht. Es handelte sich dabei vorwiegend um Menschen aus den Ostgebieten (vor allem der Ukraine), Belgien und Frankreich. Insgesamt bestand die Belegschaft aus rund 600 Arbeitern. Hinzu kam das Wachpersonal und die Besetzungen der Luftverteidigung. 

Die Luftmunitionsanstalt diente neben der Produktion neuer Munition unter anderem auch dazu so genannte "Schlachtfeldmunition" aufzuarbeiten. es handelte sich dabei um solche Geschosse, die aufgrund von Fehlern wieder zurückgeliefert wurde und untersucht werden musste. Wenn die Fehler nicht ausgebessert werden konnten, wurde die Munition auf einem Sprengplatz in der Nähe der Luftmunitionsanstalt vernichtet. 

Für die Untersuchung der zurückgelieferten Munition existierten zwei Sonderbauten auf dem Gelände der Luftmunitionsanstalt. Hier kam es Anfang November 1942 zu einem Explosionsunglück bei dem vier Menschen starben. Darunter auch junge Mädchen, die in der Einrichtung gearbeitet hatten. Es waren bei dem Unglück neue 9 Kg Panzerminen aus ungeklärten Gründen detoniert. Diese gehörten zu einem Kontingent welches für die Truppen in Nordafrika bestimmt gewesen war. 

Ein weiteres Unglück ereignete sich Ende Mai 1943 bei der Verladung von Munition - elf Menschen starben. 

In Höfer wurden unterschiedlichste Kaliber und Munitionstypen hergestellt, bzw. aufgearbeitet. Darunter waren z.B. Infanterie-, MG- und Signalmunition, sowie Landminen, Wurfgranaten und Fliegerbomben. 

Während des Krieges kam es immer wieder zu Luftangriffen auf Munitionszüge, die jedoch die Luftmunitionsanstalt bereits verlassen hatten. Von direkten Angriffen blieb die Anlage bei Höfer verschont. 

Am 13. April 1945 errichte die 227. britische Infanterie-Brigade den Ort Höfer. Die deutschen Truppen hatten die Luftmunitionsanstalt jedoch bereits in den Tagen zuvor gesprengt. Zumal der Kampfkommandant von Celle und Uelzen, Generalmajor Paul Tzschöckell seine Truppen auf eine ostseitige Stellung verlegt hatte, erfolgen solche Sprengungen auch in den anderen Produktionsstätten im Landkreis. 

Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


An einigen der Bunker ist sogar noch der einstige Anstrich erhalten. 

Bild: Spuren der Stützbretter vom Bunkerbau. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Sieht man ganz genau hin, erkennt man teilweise auch noch die Spuren von den Brettern, die früher genutzt wurden, um den aushärtenden Beton zu stützen. 

Bild: gesprengter Bunkereingang. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Was war dies? Bisher ungeklärt...
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


In den Bunkern lässt sich noch heute nachvollziehen, wie diese früher konzipiert und gebaut waren. 

Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Türschloss an einem gesprengten Bunker. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Loch im Waldboden...darunter liegt ein Bunker.  
Quelle: Hendrik Altmann. 


Teilweise geht von den Bunkern nach wie vor Gefahr aus. Nicht nur, weil dort immer noch Munition liegen könnte. Man kann sich dort auch ziemlich schnell die Haxen brechen, wenn man nicht genau auf seine Schritte achtet...


Bild: verschütteter Bunker. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Blick in einen verschütteten Bunker. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Auf dem Gelände befindet sich auch ein Bunker dessen Wände zusammengebrochen sind und einen Hohlraum gebildet haben. Dieser darf aber nicht betreten werden! 


Bild: verschütteter Bunker. Betreten verboten! - Fledermäuse.  
Quelle: Hendrik Altmann. 


Das Schild habe ich allerdings erst wieder gereinigt und sichtbar aufgehängt. Es gibt dort wirklich nichts zu sehen. Von daher sollte man den Tieren unbedingt ihre Ruhe lassen! 


Bild: Mauerreste. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Mauerreste. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: Mauerreste. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Überall finden sich noch Stahlreste und Metallteile. Man sollte wirklich aufpassen wo man hintritt...


Bild: Bunkerwand und rostige Metallteile im Innern eines gesprengten Bunkers. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: gesprengter Bunker der ehem. Luftmunitionsanstalt Höfer am Aschenberg. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Bild: ein eingefallener Schützengraben. 
Quelle: Hendrik Altmann. 


Leider haben die britischen Streitkräfte das Gelände der Luftmunitionsanstalt Höfer genutzt, um dort Munition aller Kaliber zu vernichten. Bei den Sprengungen wurden große Mengen der Munition in der Landschaft verteilt. Vieles davon ist bis heute gefährlich. Das Gelände wurde mehrfach geräumt - eine Garantie, dass es sauber ist gibt es aber nicht. 

Es ist daher absolut davon abzuraten nach derartigen Relikten zu suchen, bzw. das Gelände auf eigene Faust zu erkunden. Die Bilder hier zeigen im Grunde alles, was es dort zu sehen gibt. 


Viele Grüße, 

Hendrik