f Dezember 2014 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Dienstag, 23. Dezember 2014

Weihnachten im / nach dem Ersten Weltkrieg


In diesem Jahr jährte sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Ein guter Anlass um einmal einen Blick in das Dezember-Heft der Deutschen Kriegsopferversorgung zu werfen, welches im Jahr 1934 über die Weihnachtsfeste im und nach dem Ersten Weltkrieg berichtete. 

Wie die Aufmachung der Herzte zeigt, handelt es sich sicherlich um Propaganda - und trotzdem spiegelt es ein Stück Zeitgeschichte wider. 

Bild: Weihnachten im Schützenunterstand. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934. 


Vor Ausbruch des Krieges ging es der Deutschen Bevölkerung flächendeckend recht gut - auch wenn gravierende Unterschiede im Einkommensniveau bestanden. 

Bild: Weihnachten 1913. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934. 


Für viele Soldaten kam der erste Weihnachtsabend im krieg unerwartet - es war angenommen worden man sei zum Weihnachtsfest bereits wieder in der Heimat. Auch die oberste Heeresleitung ging zu Beginn des Krieges noch davon aus, dass Frankreich bis Weihnachten bezwungen sei und der Krieg schnell wieder vorbei sei. 

Es kam jedoch anders. Und so erlebten nicht nur die deutschen Soldaten den ersten Kriegswinter fern der Heimat. Im Heft der Kriegsopferversorgung aus dem Jahr 1934 ist natürlich keine Rede vom Heimweh und den Nöten der Kämpfer. Diese waren aber gewiss alles andere als glücklich, so weit von ihren Familien entfernt zu sein. 

Bild: Weihnachten 1914. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934. 


Bereits im Jahr 1915 war das Ende des Krieges in weite Ferne gerückt. Ein schneller Sieg war bislang nicht eingetreten. Schlimmer noch: der Kampf hatte sich in zermürbenden Grabenkämpfen festgefressen. 

Bild: Weihnachten 1915. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Die großen Feldschlachten bei Verdun und an der Somme brachten keine klaren Sieger hervor. Ganze Armeen saßen sich dementsprechend auch zum Weihnachtsfest im Jahr 1916 in ihren Schützengräben und Unterständen gegenüber. 

Bild: Weihnachten 1916. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


In der Heimat wurden die Lebensmittel rationiert. Die Wirtschaft war nun voll auf den Krieg ausgerichtet. Die Seeblockade und der Kampf an allen Fronten sorgte schließlich dafür, dass ein gesamtes Volk am Rande des Existenzminimums lebte. Vielen war klar, dass dieser zermürbende Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Die Materialschlachten forderten große Opfer und abermals nahte ein Weihnachtsfest, welches die Soldaten aller Nationen im Schützengraben erleben mussten...

Bild: Weihnachten 1917. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Nach der Kapitulation Deutschlands verbesserte sich die Lage im Land kaum. Die enormen Verluste, die wirtschaftlichen Einbußen durch Repressionen und die harten Auflagen der Siegermächte verschärften die Situation noch. 

Zwar konnten die Soldaten im Jahr 1918 wieder einmal ein Weihnachtsfest in ihrer Heimat erleben - aber diese hatte sich enorm verändert. Auch dies wird im vorliegenden Heft thematisiert - allerdings mit einem recht eindeutigen Verständnis der Geschichte...

Bild: Weihnachten 1918. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Die Weimarer Republik wird in der Betrachtung völlig außen vor gelassen. Bereits hier wird die Intention des Autors deutlich auf die Kommende Zeit und die Herrschaft des Nationalsozialismus anspielen zu wollen. 

Und so erlebte man im Jahr 1933 das erste Weihnachtsfest unter der gefestigten Diktatur Adolf Hitlers. Was im Heft so positiv und fröhlich klingt, ist letztlich der Anfang vom Ende. Schon bald bereitete sich Deutschland auf den nächsten vernichtenden Krieg vor. 

Bild: Weihnachten 1933. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Was die Propaganda nicht vermittelt ist der objektive Blick auf die Geschichte. Aber auch diese, aus heutiger Sichtweise verblendete Art die Geschichte auszulegen, zeugt von etwas Wesentlichem: welch schwere Zeit auch herrschte - das Weihnachtsfest wurde trotzdem immer als etwas Besonderes empfunden und gefeiert. Ganz gleich, ob auf See, im Unterstand oder im Feldlazarett. 

Diese sehr menschliche Weise, trotz Not und Krieg das Weihnachtsfest zu feiern zeigt uns, wie vielschichtig Geschichte doch sein kann. 

Bild: Weihnachten an Bord eines Kriegsschiffes. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Bild: Weihnachten im Unterstand. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Bild: Weihnachten - Ankunft der Pakete an der Front. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Bild: Weihnachten im Feldlazarett. Quelle: Deutsche Kriegsopferversorgung, Heft Dezember 1934.


Die Bilder haben zwar einerseits etwas Befremdliches - andererseits zeigen sie auch, dass es Menschen waren, die das Weihnachtsfest als einen elementaren Bestandteil ihrer Kultur feiern wollten. Und es waren nicht nur die deutschen Soldaten, die auf diese Weise das Fest erlebten. 

Irgendwie hat es fast etwas Beruhigendes, dass das Weihnachtsfest selbst in solchen schweren Zeiten immer noch etwas Besonderes und Einzigartiges war. es verkörpert eine unglaubliche Konstanz. 

Wir sollten uns heute freuen, dass es uns vergönnt ist Weihnachten auf eine andere Weise erleben zu können. Gleichzeitig muss man sich ins Gedächtnis rufen, dass es nicht überall so friedlich ist wie bei uns. Es ist somit bei Weitem nichts Selbstverständliches - dafür muss man dankbar sein. Man sollte sich also auf das Wesentliche besinnen und zur Ruhe kommen. Denn darin liegt schließlich das Besondere an diesem Fest. 

Schöne Weihnachten, 
Hendrik



Freitag, 19. Dezember 2014

Ein kleiner Fund mit einer großen Historie



Manchmal sind es die kleinen Dinge, die es immer wieder auf's neue interessant machen. 

So war es auch am vergangenen Wochenende, als ich auf einem Acker in Familienbesitz in meinem Suchgebiet mit dem Metalldetektor unterwegs war. Normalerweise finden sich auf Äckern viele unterschiedliche Fundstücke. Hier war es leider nicht so. Ich war ca. 1 Stunde unterwegs und fand vor allem eins - Plastik-Patronenhülsen von einem alten Bundeswehrmanöver. 

Un doch war ein wirklich schöner Fund dabei. Ein überdurchschnittlich großer Knopf - aus einem Stück gefertigt und verziert mit einem Adler. Dieser trägt eine Krone auf dem Kopf und seine Krallen umfassen ein Zepter (zur Rechten) und einen Reichsapfel (zur Linken). 

Klar - die Experten werden das Symbol richtig als den preußischen Wappenadler deuten. 

Bild: preußischer Uniformknopf, gefunden im Flotwedel. Quelle: Hendrik Altmann.  


Aber damit nicht genug. Der Knopf trägt eine schwach lesbare Beschriftung in Form eines "FR" - was mag es bedeuten? Das "FR" im Wappen steht für "Frederics Rex" - für Friedrich I. von Preußen, bzw. seinen Sohn Friedrich II. von Preußen - "Friedrich den Großen" - auch "der Alte Fritz. 

Gefunden habe ich den entsprechenden Knopf auch in einer Online-Auktion. Hier wird er für  ca. 50 € gehandelt, was mir in Anbetracht des Erhaltungszustandes recht hochgegriffen erscheint. 

Bild: preußischer Uniformknopf, gefunden im Flotwedel. Quelle: Hendrik Altmann.  


Zu beachten ist aber auch die Rückseite des Knopfes. Hier findet sich ein eindeutiger Hinweis auf den jeweiligen Hersteller. In diesem Fall ist es "Wilhelm Berg" aus Lüdenscheid

Bild: preußischer Uniformknopf, gefunden im Flotwedel. Quelle: Hendrik Altmann.  



Die Knopffabrik in Lüdenscheid blickte auf eine lange Historie zurück. Wilhelm Berg hatte sie 1830 gegründet. Sein Sohn, Carl Berg, führte das Unternehmen fort und legte den Grundstein für die Knopfproduktion aus Aluminium. 



Seit 1891 fertigte die Firma in Lüdenscheid vor allem Zelthaken und andere Erzeugnisse für den militärischen Versorgungsgebrauch aus Aluminium. 

Der gefundene Knopf wird somit vermutlich aus der Zeit zwischen 1830 und 1890 stammen, als sich die Knopfproduktion noch auf Kupfer, Eisen und jeweilige Legierungen spezialisiert hatte. Die Uniformknöpfe wurden vor allem für die militärische Nutzung produziert - hier für die preußische Armee. Es kann davon ausgegangen werden, dass der gefundene Knopf aus der Zeit nach 1860 stammt, zumal das Königreich Hannover in diesem Jahr durch Preußen annektiert wurde. 

Somit blickt dieser unscheinbare Fund auf eine Geschichte von rund 150 Jahren zurück. Er wurde vermutlich von einem preußischen Soldaten im Flotwedel verloren, bzw. hing an einer preußischen Uniformjacke, die irgendwie ins Flotwedel gelangte. Vielleicht wurde die Jacke auf dem Feld getragen, oder auf dem entsprechenden Hof. Der Knopf könnte also auch mit dem Mist ausgestreut worden sein. Zumindest ist er ein interessantes und zudem gut erhaltenes Stück Geschichte. 


Hendrik Altmann



Dienstag, 16. Dezember 2014

Heiliger Berg bei Sandlingen



Wir meinen heute jeden Winkel unserer Umgebung zu kennen. Auf die heutige Zeit mag das zutreffen, aber was war in der Landschaft früher los? Alte Karten zeigen, dass sich die Besiedlung, Raumnutzung und Ausgestaltung der Region stark gewandelt haben. Während einige Ortschaften auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken können, sind andere völlig aus dem Fokus verschwunden - und vergessen. 

Oft sind es nur noch alte Namen, die auf solche vergessenen Orte und Plätze hindeuten. Aber auch diese Bezeichnungen geraten immer stärker in Vergessenheit. Einige der Flurnamen sind überliefert und wurden über die Jahre gesammelt. Aus heutiger Sicht kann es spannend und anspruchsvoll sein, die alten Bezeichnungen richtig zu deuten. 

Die ersten Karten, welche die Feldflur maßstabsgetreu und genau abbildeten, waren die Verkopplungskarten, welche in der Zeit zwischen 1850 und 1860 aufgenommen wurden. Diese kartografischen Werke sind die ältesten Nachweise für die Flurbezeichnungen. 

Nordwestlich des Ortes Sandlingen ist der Name "Heiliger Berg" verzeichnet. Mittels der Overlay-Technik lässt sich die genaue Position dieser Flur im aktuellen Satellitenbild verorten. 

Bild: Heiliger Berg bei Sandlingen (Karte nicht eingenordet - hier: Westen oben). Quelle: Google Earth, Overlay mit Verkopplungskarte 1858). 


Die Karte zeigt den Ort Sandlingen (oben) sowie den ehemaligen Verlauf der Oker. Der "Heiligen Berg" liegt am Rand des einstigen / ursprünglichen Flussverlaufes. 

In der Vergrößerung ist die Bezeichnung besser zu erkennen: 

Bild: Heiliger Berg bei Sandlingen. Quelle: Verkopplungskarte 1858). 


Auch in früheren Kartenwerken ist an der bezeichneten Stelle ein Berg erkennbar. In der Kurhannoverschen Landesaufnahme beispielsweise hebt sich der Berg durch eine deutliche Schattierung ab. 

Bild: Heiliger Berg bei Sandlingen. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1780. 


Woher mag diese seltsame Name stammen? Der Bestandteil "heilig" (von "hilig" - auch "hilgen") taucht ebenfalls anderen Ortes vielfach auf. In der Südheide allgemein gibt es zahlreiche Flurnamen die an die Religion der Vorfahren erinnern. Heilige Stätten spielten dabei immer eine große Rolle. Zumal in den traditionellen und heidnischen Religionen die Natur eine erhebliche Bedeutung besaß, wurden meist Quellen, Wälder / Haine und Berge zu kleinen "Heiligtümern". Bereits der römische Geschichtsschreiber Tacitus bemerkte: "Haine und Wälder weihen sie ihren Göttern". 

In frühster Tradition der einstigen Volksstämme gab es unterschiedlichste heilige Orte. Diese wurden meist auf sachliche Objekte angewendet. Anders als in der späteren christlichen Tradition waren keine Personen heilig, sondern bestimmte Gegenstände und Orte. 

Bild: Heiliger Berg bei Sandlingen. Quelle: Hendrik Altmann. 


Heiligtümer - das waren Orte an denen man den Göttern näher war als anderswo. Heilige Elemente waren u.a. das Feuer und das Wasser. Bis ins späte Mittelalter schrieb man dem Wasser Heilkräfte zu, reinigende und stärkende Wirkung, die u.a. ausgenutzt wurde, um Krankheiten zu kurieren. So wurde beispielsweise das erste Celler Pestkrankenhaus in unmittelbarer Nähe zum klaren Wasser der Ratsteiche angelegt. Das Wasser sollte bereits in ältester Tradition von bösen Dämonen befreien und die Seele reinigen. Hier lebten die "Wasserholden" - sie verbanden gleichsam Ober-und Unterwelt. Die Verehrung heiliger Quellen und Wasserströme besaß somit eine besondere Bedeutung in der Tradition unserer Vorfahren. Solche Stätten dienten ebenfalls für Versammlungen und Besprechungen. 

Der "Heiligen Berg" bei Sandlingen passt geradezu vorbildlich in diese Beschreibung. Die Erhebung ist eine uralte Sanddüne, welche am Ufer des alten Okerverlaufes entstanden war. Die ursprüngliche Oker schlängelt sich noch heute unweit von Sandlingen durch den Wald. Und noch heute spürt man hier die Kraft und Vollkommenheit der Natur. 

Bild: Alte Oker bei Sandlingen. Quelle: Hendrik Altmann. 


Bereits Friedrich Barenscheer vermutete einen heidnischen Opferplatz bei Sandlingen. Ob man soweit gehen möchte mag dahingestellt bleiben, denn es wurden nie Spuren eines solchen Kultplatzes gefunden. Obgleich noch in sächsischer Zeit Tier- und Menschenopfer weit verbreitet waren, gibt es keine Anzeichen dafür, dass solche ebenfalls am Heiligen Berg bei Sandlingen stattgefunden haben. Es wurde zwar bislang nicht nach solchen Spuren geforscht, aber es gab ebenfalls zahlreiche Orte, denen alleine aufgrund ihrer natürlichen Ausstrahlung eine gewisse Heiligkeit zugesprochen wurde. 

Obwohl die Natürlichkeit des "Heiligen Berg" bei Sandlingen aufgrund von Land- und Forstwirtschaft stark beeinträchtigt wurde, spürt man dort noch heute, was unsere Vorfahren einst dazu bewegt haben muss, diesen Ort als etwas Besonderes anzusehen. Es ist die Ruhe und Natur, die diesen Ort zu etwas unglaublich Schönem und Vollkommenen macht. 

Dabei ist sehr wahrscheinlich, dass der "Heilige Berg" bereits in ältester Zeit eine derartige Wirkung auf die Menschen entfaltet haben muss. Zumal es sich um eine uralte Dünenaufwerfung im Bereich des Urstromtals der Aller handelt, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Berg bereits ein Alten von weit mehr als 4.000 Jahren aufweist. Damit dürfte der "Heilige Berg" folglich in allen Zeiten vorhanden gewesen sein, als traditionelle Religionen verbreitet waren. 


Hendrik Altmann


Dienstag, 9. Dezember 2014

Celle - vor 103 Jahren (CZ vom 7. Dezember 1911)





Celle. Es ist das Jahr 1911. Die Stadt hatte seit 1860 an Einfluss und Bedeutung eingebüßt - das war jedoch bereits "Schnee von Gestern". Erstmals seit Langem bestimmte eine gesteigerte Verbundenheit die Deutschen - auch in Celle. Das Deutsche Reich war in der Blüte seiner Macht angekommen. Vielen ging es in dieser Zeit sehr gut - anderen sehr schlecht. Während sich das Bürgertum in Varietees und Theatern vergnügte, verdienten Fabrikarbeiter so schlecht, dass sie kaum ihre Familie ernähren konnten. Diesem Umstand war es zu verdanken, dass die sozialen Parteien, allen voran die SPD, erheblich an Wählerschaft gewannen. Im Deutschen Reich gab man sich in dieser Zeit dem Streben nach Weltmacht hin. Gleichsam mit den europäischen Nachbarstaaten wollte man auf Augenhöhe stehen. 

Was niemand ahnte war, dass die im Jahr 1912 stattfindende Reichstagswahl die letzte des Deutschen Kaiserreiches sein sollte. Niemand sah das kommen, was später als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden sollte: den Ersten Weltkrieg. 

In diesem Beitrag wollen wir einen Blick in das Tagesgesehen des 7. Dezember 1911 werfen - einem Tag wie heute...genau vor 103 Jahren. 


Die einzelnen Artikelausschnitte lassen sich durch Anklicken vergrößern. 


Direkt auf der Titelseite findet sich eine "obrigkeitliche Bekanntmachung" betreffend der kommenden Reichstagswahl

Demnach konnte jedermann die die entsprechenden Wahllisten einsehen. Es war möglich Einwände in Form eines Einspruchs zu äußern, wenn die Listen unvollständig bzw. unrichtig waren. Dem jeweiligen Gemeinde- oder Gutsvorsteher oblag es allerdings diese Einwände für begründet zu bewerten. 

Die Wahlen im Kaiserreich wurden zwar offiziell und ordentlich durchgeführt. Allerdings waren die damit verbundenen Konsequenzen recht mäßig im Vergleich zu den späteren demokratischen Wahlen. 

Zwar besaßen die Deutschen Staatsbürger ein offizielles Wahlrecht. Allerdings war das Wahlalter auf 25 gesetzt und somit schied hier bereits ein erheblicher Teil der Deutschen von der Wahl aus. 

Weiterhin durften Frauen nicht wählen. Diejenigen, welche auf einem Gut wirtschafteten (was einst nicht wenige waren) wählten so wie der Gutsherr. 

Die individuelle Meinungsbildung war also begrenzt. So kam es, dass von allen Deutschen etwa nur 20-25% tatsächlich ihre eigene Wahl trafen. Und selbst dann war der König nicht an das Ergebnis gebunden. 

Es sollte noch einige Zeit vergehen, bis eine deutsche Verfassung entstehen konnte und sich der Grundsatz "alle Macht geht vom Volke aus" sich durchsetzen konnte. 


Besonders kurios sind in dieser Ausgabe der Zeitung die Lokalmeldungen. 

Hier ist die Rede von einem Musketier, der 11. Kompanie des Infanterieregiments Nr. 77, welcher sich bei Oppershausen erhängte. Der Grund wurde in der Ausgabe vom 7. Dezember 1911 ebenfalls genannt: Liebeskummer

Weiterhin wollte der "Herr Gärtner Wietfeldt" nochmals darauf hinweisen, dass er mit der Kindesmordaffäre nichts zu tun gehabt hätte. Das Makabrere an der Geschichte: die Leiche war anscheinend zerstückelt worden. 

Ohne Weiteres war leider nicht herauszufinden, wie die Geschichte ausging und ob der Mörder gefasst werden konnte. In jener Zeit trieb ebenfalls der Serienmörder Fritz Haarmann sein Unwesen. Sein erster Mord wird ihm im Jahr 1916 zugeschrieben. Haarmann ermordete insgesamt 24 Jungen im Alter zwischen 10 und 22 Jahren. 


Weiterhin nahm der Celler Flottenverein seine Versammlungen wieder auf. Einst waren derartige Ortsgruppen und Vereine sehr beliebt. 



Auch die weiteren Lokalmeldungen zeigen, wie das kleinstädtische leben einst ablief...

Beliebter Anlaufpunkt war einst das sogenannte "Kaiserpanorama". Wer nun eine Art Kino vermutet, der liegt nicht falsch, aber eben auch nicht ganz richtig. 

Das Kaiserpanorama war ein, für die damalige Zeit sehr moderner Apparat, mit dem sich Diabilder aus der ganzen Welt in jede Kleinstadt bringen ließen. 

Mt einem Kino hatte es dennoch noch nicht viel zu tun - es gab weder Leinwand noch einen Film. Celle war eine von 250 Kleinstädten, die in den Genuss eines solchen Medienspektakels kam. 



Eine weitere lesenswerte Nachricht stammt aus der Strafkammer. - Unlauterer Wettbewerb war einst demnach wohl bereits bekannt, aber man kam anscheinend noch recht glimpflich davon...

Bild: Die Kammerlichtspiele um 1920. 


Liest man zwischen den Zeilen, wird bereits Ende des Jahres 1911 deutlich, dass die politischen Mächte in Europa einander nicht wirklich vertrauten. Da ist von "geheimen Abkommen" die Rede...

Bild: Die Kammerlichtspiele um 1920. Quelle: CZ. vom 7.12.1911. 


Aber auch recht skurrile Meldungen fanden in das Blatt dieses Tages Eingang, wie etwa ein Beitrag über eine Affenjagd in der Berliner Börse oder über fliegende Frösche. 







Nachfolgend einige interessante Meldungen/Mitteilungen aus dem Anzeigenteil...










Obgleich der große Erste Weltkrieg noch in weiter Ferne lag, wird bereits gegen Ende des Jahres 1911 deutlich, dass sich das weitreichende Veränderungen anbahnen. Allerdings dürften die Anzeichen für viele einst noch nicht sichtbar gewesen sein. Alles in Allem ein interessanter Einblick in die Geschichte vor genau 103 Jahren. 

Hendrik Altmann


Dienstag, 2. Dezember 2014

Gab es eine Bunkenburg?



Vorwort...


Im Raum Celle gibt es einige Dörfer, die sehr auffällige Namen tragen. Es scheint fast so, als könnte man bereits aus dem entsprechenden Namen die Geschichte ableiten. Allerdings sollte man sich auch nicht "verleiten" lassen - manchmal haben sich die Ortsbezeichnungen auch aus völlig anderen Quellen ergeben. 

Burgen im Raum Celle sind ein sehr interessantes Thema - sie sind teilweise noch völlig unerforscht. Die meisten Stellen wurden bereits archäologisch erfasst und manche auch bereits untersucht. An anderen Stellen liegen bis heute keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, oder die Erforschung findet aktuell statt - wie beispielsweise in Altencelle durch die Archäologin Dr. Cornelia Lohwasser. 

Es gibt jedoch auch solche Burgen und Wehranlagen, die zwar urkundlich belegt sind, aber bislang schlichtweg nicht gefunden wurden. Hier wäre die Mundburg ein gutes Beispiel. Bislang konnte weder Müden als Standort dieser Wehranlage bestätigt werden, noch konnte die Burg an anderer Stelle entdeckt werden. 

Ein ähnlicher Fall ist die "Bunkenburg" - es ist unklar, ob es eine solche Burg jemals gegeben hat, oder nicht. 

Auch wenn der Ortsname auf eine alte Burganlage in der Nähe des Ortes Bunkenburg, zwischen Ahnsbeck und Jarnsen, hindeutet fanden sich bislang keinerlei Spuren, die derartige Spekulationen stützen würden. 

Aufgabe eines Heimatforschers kann es nicht sein Gerüchte zu streuen. Dennoch ist es immer wieder erforderlich neugierig zu bleiben und Fragen zu stellen. Dabei sollte man in alle Richtungen denken und so die in Frage kommenden Möglichkeiten abwägen. Im Ergebnis wird sich immer ein Erkenntnisgewinn einstellen. 

In diesem Sinne widmet sich der nachfolgende Beitrag der Frage, ob es in Bunkenburg jemals eine Burg gegeben haben kann. 


Zur Bunkenburg...


Es gibt unterschiedliche Arten sich der Problematik zu nähern. Für gewöhnlich würde ich einen Blick in alte Karten empfehlen. Das hilft jedoch an dieser Stelle nur bedingt, denn kartografische Aufzeichnungen in entsprechender Genauigkeit waren erst ab dem 16./17. Jahrhundert verfügbar. Man kann davon ausgehen, dass die Burgen im Raum Celle im frühen- hohen Mittelalter entstanden. In dieser Zeit waren Schutz- und Fluchtburgen notwendig, denn es kam häufig zu Überfällen wendischer/slawischer Stämme. 

Wäre eine Burganlage bzw. ein Ringwall oder Ähnliches erst in der frühen Neuzeit entstanden, wäre sie vermutlich auf alten Karten noch erkennbar. Oder zumindest in schriftlichen Quellen auffindbar. 

Das führt zu einer weiteren Quellengattung - den schriftlichen Aufzeichnungen. Allerdings kann ich bereits an dieser Stelle die erste Enttäuschung offenbaren - weder Karten, noch schriftliche Quellen, die die Bunkenburg eindeutig belegen könnten, liegen vor. 

Die erste Karte, welche den Ort Bunkenburg einigermaßen ortsgetreu abbildet stammt aus der Zeit um 1600...

Bild: Lage des Ortes Bunkenburg. Quelle: Mellinger Kartenmappe, um 1600. 


Seit jeher waren Burgen Orte an denen sich Menschen ansiedelten. Es könnte also sinnvoll sein nach dem Ursprungs des Ortes Bunkenburg zu forschen. 

Ein erster Hinweis auf Bunkenburg ist im Schatzregister von 1438 gegeben. Hier ist von einem "Olverd tor Bunkenborch" die Rede. Allerdings ist er dem Ort Jarnsen zugehörig. 

Nimmt man diesen Hinweis wörtlich, so bedeutet "Bunkenborch" zwei Dinge: Bunken und Borch. Die Silbe "Borch" deutet dabei tatsächlich auf eine Burg hin (Borch - im Sinne von "bergen" - in sich bergen). 

Im Schatzregister von 1348 wird Bunkenburg nicht erwähnt. Das muss jedoch nichts heißen. Angenommen es gab eine Bunkenburg, die wüst gefallen ist, wäre es durchaus denkbar, dass die Stelle erst später neu besiedelt wurde. In der Zwischenzeit könnte der Ort zu Jarnsen zugeschlagen worden sein, was dafür spricht, dass im Schatzregister von 1438 Bunkenburg zu Jarnsen gehörte. 

Im Schatzregister von 1589 wird ein Werner Bunkenborg und ein Helmke Wulf genannt. Sie besaßen stattliche Viehschatzungen - jeweils rund 25 Rinder und insgesamt etwa 340 Schafe. Dies ergibt insofern Sinn, als dass anzunehmen ist, dass Bunkenburg aus zwei Höfen hervorging. 

Im Jahr 1622 heiratete eine Anna Bunkenburg einen Hans Lockmann. Im Jahr 1645 fand eine Eheberatung zwischen Fasten Bunkenborg und Magdalena Winkelmann statt (17. März 1645). Noch zu Zeit der Verkopplung, um 1853 war ein "Bunkenburg" ein Vollhöfner im Ort. 

Es spricht also einiges dafür, dass Bunkenburg möglicherweise zunächst wüst gefallen war und Jarnsen zugehörig war. Warum sonst wäre es im Schatzregister von 1438 unter Jarnsen genannt worden? Weiterhin wäre es möglich, dass der einst wüste Ort von den (neuen) "Bunkenburgern" in der Folgezeit erneut besiedelt wurde. Dann würde die Bezeichnung etwa in die Richtung gehen wie: "die, die auf der alten Bunkenburg wohnen" - die "Bunkenburger". 

Andere Interpretationen sind natürlich auch möglich. Die späteren Bunkenburger könnten ihren Namen ebenfalls von anderswo mitgebracht haben. 



Wie ist der Name überhaupt zu verstehen? 


Laut Wortdeutungen um 1906 im Lüneburger Heimatbuch stammt der Name Bunkenburg von "Bunckinburg" bzw. "Bunkenborgh", das auf den Personennamen des "Buno" oder ausgesprochen auch "Puno" zurückgehen soll. 

Aber es gibt auch noch weitere Möglichkeiten zur Deutung. "Bunken" ist eine Betätigung die ursprünglich aus den niedersächsischen Torfmooren bekannt ist. Es steht für die Tätigkeit die Oberfläche eines Moores abzutragen, sodass der wertvolle Torfboden zum Vorschein tritt. Einst musste das Moor zunächst von Heide, Gras und Strauchwerk befreit werden, damit der Torf gestochen werden konnte. Die Erde, die beseitigt werden musste, wurde auch "Bunkerde" genannt - dies stand für "unfruchtbare Erde". Die Arbeiter, die diese Arbeit verrichteten wurde auch "Bunker" genannt. (Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Bd. 1 Leipzig 1793, S. 1257-1258). 

Weiterhin gibt es Deutungen, die "Bunken" in Zusammenhang mit Raseneisenstein setzen. Raseneisenstein war einst das einzige verfügbare steinähnliche Baumaterial, welches für Wehr-Bauten in frühmittelalterlicher Zeit zur Verfügung stand. Am einstigen Standort der Nordburg ist dieses Material aus jener Zeit bis heute nachweisbar. 

Man ahnt worauf es hinausläuft... 

"Bunken"Burg würde in diesem Zusammenhang für eine Burg aus Raseneisenstein stehen, die möglicherweise durch entsprechenden Erdabtrag in die Umgebung eingebettet wurde. Dahingehend wäre Bunkenburg im Grunde ein Vorläufer des heutigen Bunkers - eine art Befestigung, die nicht nur aus Erde und Holz bestand, sondern möglicherweise auch noch aus Stein - evtl dem weit verbreiteten Raseneisenstein. 

Auf eine weitere Verbindung sei an dieser Stelle ebenfalls hingewiesen. Es ist verwunderlich, dass der Familienname "Bunkenburg" um 1400 quasi wie aus dem Nichts im Raum Celle auftaucht. Dabei gab es die Bunkenburgs bereits andernorts zuvor - waren es dieselben? Das bleibt bis jetzt ungeklärt. Noch im Jahr 1316 lebte ein Johannes de Bunkenborg. Seine Familie ging zurück auf das alte Rittergeschlecht von Duvenwort - es waren Mitglieder der Bremer Ritterschaft. 

Hier schließt sich gleichsam der Kreis zu einer nachgewiesenen Burganlage. Es mag absurd klingen, aber die Burg hieß "Bunkenburg" und befand sich bei Ahlden. 

Es stellt sich jetzt die Frage: woher stammen die Bunkenburger? Möglicherweise handelt es sich um Abkömmlinge des Rittergeschlechtes, die die Burg bei Ahlden besaßen. Die Namensgleichheit ist mehr als auffällig. Wäre es denkbar, dass beide Burgen denselben namentlichen Ursprung haben und unterschiedlichen Familien zuzuordnen waren? Zogen die Bunkenburgs einst aus dem Raum Celle weiter in Richtung Bremen? Wurde ihr Name möglicherweise überliefert und auf die späteren Ansiedler der ehemaligen Burg in Bunkenburg übertragen? 

Das alles ist reine Spekulation und nicht ohne weiteres belegbar. 

Fakt ist jedoch: der Name "Bunkenburg" ist nicht vom Himmel gefallen. 


Halten wir uns an die Fakten...


In alten Karten ist Bunkenburg völlig anders dargestellt, als wir es heute kennen. Nimmt man an, es habe eine Burg gegeben, dann wären bestimmte Faktoren notwendig, die eine solche Anlage begünstigen. Bevor auf derartige standortbegünstigende Faktoren eingegangen werden soll, darf ein wichtiges Indiz nicht vernachlässigt werden - die Flurnamen. 

Bild: Das Steinburgfeld. Quelle: Verkopplungskarte 1853. 


In der Verkopplungskarte aus dem Jahr 1853 ist von einem Steinburgsfeld bei Bunkenburg die Rede. Diese Flurbezeichnung verdient eine verstärkte Aufmerksamkeit, denn solche alten Flurbezeichnungen, die sich bis zur Verkopplung erhalten haben, sind häufig nützliche Hinweise auf deutlich ältere Orte. 

Auch in der Folgezeit erhielt sich diese Flurbezeichnung. Allerdings ist in späteren Karten stetig vom "Steinbergfeld" die Rede. Dieses ist an derselben Stelle zu verorten, wie das einstige "Steinburgfeld". 

Bild: Das Steinbergfeld. Quelle: Region Celle Navigator, 1:25.000. 


Allerdings kann es in der Zwischenzeit zu einer Vertauschung von "Burg" und "Berg" aufgrund der ähnlichen Schreibweise gekommen sein. Möglicherweise lag solch eine Vertauschung bereits im Jahr 1853 vor, als die Verkopplungskarte erstellt wurde - allerdings wurden die Karte damals noch vielmehr aufgrund mündlicher Überlieferungen erstellt, als es später der fall war. Das spräche sehr dafür, dass sich der Name "Steinburgfeld" tatsächlich bis ins Jahr 1853 erhalten haben könnte und auf eine entsprechende Burg hindeuten könnte.  

Schauen wir uns dieses Steinburgfeld also einmal näher an...

Die Feldflur liegt zwischen dem Ort Jarnsen und dem Ort Bunkenburg. Und lässt sich mittels der Verkopplungskarte im aktuellen Satellitenbild wie folgt verorten...

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Verkopplungskarte 1853 / Google Earth. 


Allerdings wurde die Verkopplungskarte aus dem Jahr 1853 verkehrt herum aufgenommen. Zum besseren Verständnis sollte man sie also nach Norden ausrichten, sodass sie sich wie folgt darstellt...

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Verkopplungskarte 1853 / Google Earth. 


Das Steinburgfeld befindet sich demnach südlich der Straße Jarnsen-Bunkenburg. Wenn man der These folgt, dass Bunkenburg einst zu Jarnsen gehörte und die Burg demnach möglicherweise in eben dieser Richtung zu verorten ist, würde sich dieser Standort anbieten...

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Verkopplungskarte 1853 / Google Earth. 


Wie bereits angedeutet, finden sich keine expliziten kartografischen Hinweise für eine Burg im genannten Bereich. Möglicherweise liefern jedoch alte Karten die entschiedenen Hinweise, ob sich das Gelände für die Anlage einer Burg geeignet haben könnte. Diesbezüglich sind ebenfalls geologische Karten sehr aussagekräftig, denn auf ihnen erkennt man die jeweiligen Vorzüge des entsprechenden Standortes recht schnell. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Bodenschätzungskarte 1:5.000, NIBIS Kartenserver. 


Auf der aktuellen Bodenschätzungskarte erkennt man, dass die genannte Fläche aus einem lehmigen Sandboden besteht. Dieser ist für die Gegend nicht ungewöhnlich und stellt insofern noch kein Alleinstellungsmerkmal dar. Es sind demgemäß weitere Betrachtungen der Bodenstruktur notwendig. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Bodenübersichtskarte 1:25.000, NIBIS Kartenserver. 


Bereits die topografische Karte gibt an, dass die genannte Fläche des Steinburgfeldes in einer Höhe von ca. 50 m. über N.N. liegt. damit einhergehend ist sie denkbar ungünstig belegen, um natürliche Grundwasserbestände zu nutzen. Allerdings ist die Gegend sehr hügelig - bereits einige hundert Meter entfernt befindet sich eine tiefgelegene Stelle, die einen möglichen Zugriff auf Grund- und damit Trinkwasser ermöglicht. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Forstliche Standortkarte 1:25.000, NIBIS Kartenserver. 


Selbst heute finden sich dort Aue- und Marschböden, die für eine natürlich feuchte Umgebung sprechen. Dementsprechend lässt sich festhalten dass das Steinburgfeld eine durchschnittlich günstige Position für die Anlage einer Burg aufwies. 

Möglicherweise wurde der Vorteil der Anlage auf einem Hügel hier gegen die direkte Trinkwasserversorgung abgewogen. Für eine gewisse Zeit diente vielleicht ein nahegelegener Brunnen in einer Senke zur Versorgung. 

Insgesamt fällt natürlich eine strategisch recht günstige Lage auf. Sollte im Bereich des Steinburgfeldes tatsächlich eine Burg gestanden haben, befand sie sich in idealer Entfernung zur Lachte, als natürliches Hindernis. Zumal der Fluss nordöstlich von Jarnsen einen Bogen macht, hätte die Bunkenburg sowohl in Richtung Lachendorf, als auch in Richtung Jarnsen und weiter in Richtung Hohnhorst in etwa denselben Abstand zum Fluss besessen. 

Aus historischen Karten wird deutlich, wie stark sich der Ort Bunkenburg im späteren Verlauf ausgedehnt hat...

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1780.  


Daraus wird zum einen deutlich, dass sich die mutmaßliche Burg recht nah bei Jarnsen befunden haben muss. Zum anderen erkennt man, dass der Ort nicht in der Nähe der (mutmaßlichen) einstigen Burg gegründet wurde, wenn man annimmt diese habe im Bereich des Steinburgfeldes gestanden. 

Erst im 19. Jahrhundert wuchs Bunkenburg zu einem größeren Ort - jedoch begründete sich die Fortentwicklung immer noch recht stark durch Abbauerstellen von den großen Höfen des Ortes. 

Interessanterweise ist noch im Messtichblatt aus dem Jahr 1899 eine Furt im Ort Jarnsen verzeichnet. Zumal keinerlei Begradigungsmaßnahmen im betreffenden Flussabschnitt erfolgten, kann angenommen werden, dass der Flussübergang älter ist. Burgen und Wehranlagen waren nicht selten in der Nähe solcher Flussübergänge angesiedelt. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Preußisches Messtischblatt 1899.  


Das größte Wachstum erlebte der Ort erst später - im 20./21. Jahrhundert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Steinburgfeld in Karten bereits seit 1780 als Ackerfläche verzeichnet ist. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: War Office 1945.  


Vor Ort erkennt man recht schnell, dass sich Bunkenburg über das Umland erhebt - wenn auch nur geringfügig. Blickt man in Richtung Jarnsen und Lachendorf, fällt das Gelände. Grund dafür ist das Aller-Urstromtal und der Flusslauf der Lachte, welcher in diesem Bereich bereits seit tausenden Jahren eine natürliche Senke im Gelände geschaffen hat. 


Bild: Lage des Steinburgfeldes - Blick in Richtung Jarnsen. Quelle: Hendrik Altmann.  


Blickt man nach Westen, in Richtung Lachendorf, fällt das Gelände ebenfalls leicht ab. 


Bild: Lage des Steinburgfeldes - Blick in Richtung Lachendorf. Quelle: Hendrik Altmann.  


In östlicher Richtung erstreckt sich der heutige Ort Bunkenburg. Man erkennt, dass das Gelände bis dorthin sehr leicht ansteigt. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes - Blick in Richtung Bunkenburg. Quelle: Hendrik Altmann.  


Die exponierte Lage des heutigen Bunkenburgs könnte ein Indiz für einen günstigen Burgplatz sein. Besonders in Zusammenspiel mit den vorgenannten Gründen war es einst sicherlich von erheblicher Bedeutung eine weite Sicht gegen mögliche Feinde gehabt zu haben. Allerdings gab es einst keine ausgedehnten Felder, die eine derart freie Sicht ermöglicht hätten. Stellt man sich jedoch nur einen leicht erhöhten Turm von 2-3m auf der Anhöhe vor, wird deutlich, dass sich hier eine vergleichsweise gute Aussicht geboten hätte. Auf weitere Distanz hätte man so früher sicherlich auch über weit entfernte Bäume hinwegsehen können und zumindest aufsteigenden Rauch von lagernden Räuberbanden und dergleichen identifizieren können. 

Das aktuelle Satellitenbild zeigt recht gut, wie sich der mögliche Standort einer Burg im Bereich des Steinburgfeldes dargestellt haben könnte. In einiger Entfernung, nördlich der Straße zwischen Jarnsen und Bunkenburg, befindet sich eine Wallanlage - das sogenannte "Ole Heeg". Man nimmt an, dass es sich um ein ehemaliges Viehgehege handelt. 

Bild: Umwallung des "Ole Heeg". Quelle: Hendrik Altmann.  


Allerdings wies der Kulturlandschaftsforscher Florian Friedrich bereits darauf hin, dass entsprechende Bodenproben keine Spuren von erhöhten Phosphatwerten aufwiesen - solche wären jedoch typisch für ein altes Viehgehege. Das Fehlen derartiger Ablagerungen deutet darauf hin dass diese Wallanlage eventuell noch eine andere Bestimmung gehabt haben könnte. Seine Lage und Beschaffenheit schließt eine burgähnliche Nutzung nicht aus - es scheint aber fraglich, dass die (früh-) mittelalterliche Umwallung bis heute erhalten geblieben ist. 

Bild: Lage des Steinburgfeldes. Quelle: Google Earth.  


Für eine Burg im Raum Bunkenburg sprich grundsätzlich die exponierte Lage des Ortes. Seit jeher war er über zwei Hauptwege mit Jarnsen und Ahnsbeck verbunden. Im Osten dagegen schloss sich einst das unwirtliche Gebiet des Schmarloh an. Bis zu Teilung des Schmarloh, im Zuge der Verkoppelung von 1850, gab es hier kaum Besiedlung und nur eine mäßige Bodenqualität, die nicht zuletzt von den einstigen Mooren bestimmt war. Später erstreckten sich hier weite Heideflächen und kleine Fuhrenwälder. 


Im Norden Bunkenburgs erstrecken sich weite Aue-und Marschlande der Lachte, welche sich fast bis zum Ort Luttern ziehen. Diese werden einst kaum passierbar gewesen sein und boten daher sicherlich ein natürliches Hindernis


Im Süden liegt der Ort Ahnsbeck. Unmittelbar südlich Ahnsbecks erstrecken sich die sogenannten Allerdreckwiesen. Einst boten diese ausgedehnten Moorflächen ein unüberwindbares Hindernis. es wird daher kaum möglich gewesen sein dieses Gelände mit schwerer Last oder einem größeren Tross zu passieren. Das Gebiet nördlich von Ahnsbeck, welches sich bis Jarnsen erstreckt, ist für derartige Unternehmungen besser geeignet. 


Und eben genau zwischen Ahnsbeck und Jarnsen befindet sich heute der Ort Bunkenburg. Das Steinburgfeld liegt sogar genau zwischen Ahnsbeck und Jarnsen. Demnach scheint es nicht unwahrscheinlich, dass eben dieser Standort ideal für die Anlage einer Burg ist. 


Östlich von Celle gab es einst zahlreiche Burgen. Angefangen mit der Altenceller Burg, die vermutlich unweit der Allerfurt stand, ergibt sich ein erkennbarer Burgen-Gürtel, der sich entlang der Aller in östliche Richtung erstreckt. 



Bild: Lage der Burgen im Umkreis. Quelle: Google Earth.  



Dabei ist bislang unklar, ob die einstige Mundburg nun in Müden (Aller) oder in Wienhausen befand. Neben den Burgen in Wahrenholz und der Nordburg ist ebenfalls eine Turmhügelburg bei Hohne bekannt. Diese sogenannte Motte ist bislang ebenfalls noch nicht abschließend erforscht. 

Die o.g. Karte zeigt weiterhin nur einen Ausschnitt - weiter in östlicher Richtung, im heutigen Landkreis Gifhorn, finden sich ebenfalls eine ganze Reihe von Wallanlagen und Burgen, die sich in diese Übersicht einreihen ließen. 

Es stellt sich die Frage warum im genannten Gebiet derartig viele Burgen und Wallanlagen gefunden wurden und weitere vermutet werden können. Die Antwort darauf fällt im Grunde recht umspektakulär aus. Zum einen bot die Aller ein natürliches und massives Hindernis. Zum anderen verliefen im genannten Gebiet uralte Gaugrenzen, welche bereits zur Zeit der Sachsen bestanden und später übernommen wurden. Bei Celle trafen drei alte Gaue aufeinander. Östlich von der Stadt verlief die Gaugrenze zwischen Flotwedel (Flutwidde) und Gretingau (Grethe). 

Um das Jahr 800 kam es weiterhin regelmäßig zu slawischen / wendischen Einfällen in das Bistum Hildesheim. In der Grenzbeschreibung der alten Hildesheimer Diözese werden genau die genannten Grenzverläufe geschildert. Zumindest für die Wahrenholzer Burg und für die Mundburg ist belegt, dass sie gegen slawische Einfälle errichtet wurden. 

Es scheint also nicht zu weit hergeholt das Gebiet als eine Art frühmittelalterliche Grenzregion zu bezeichnen. 

Allerdings darf man sich dies nicht wie einen modernen Grenzverlauf vorstellen. Aufgrund der spärlichen Besiedlung in jener Zeit werden sicherlich nur die wichtigsten Einfallspunkte entsprechend geschützt gewesen sein. Weiterhin machte man sich natürliche Hindernisse, wie Flüsse und Moore zu Nutze, da diese ohnehin nicht, oder lediglich schwer passierbar waren. 

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Existenz einer Bunkenburg nicht unwahrscheinlich ist. Zwar können bislang keinerlei empirische Beweise vorgebracht werden - die Indizien sprechen aber stark dafür, dass es eine entsprechende Anlage gab. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es sich nur um eine kleine Anlage, z.B. einen Wehrturm oder einen befestigten Aussichtspunkt handelte. 

Sollte es sich wirklich um eine befestigte Anlage aus (Raseneisen-)Stein gehandelt haben, schein es plausibel, dass die Anlage später abgetragen wurde und das Baumaterial anderen Ortes weiterverwendet wurde. 

Neben der namentlichen Bezeichnung "Steinburgfeld" sprechen weitere Hinweise sehr dafür, dass es bei Bunkenburg eine befestigte Anlage gegeben hat. Unklar ist dabei noch in welchem Zusammenhang diese Bunkenburg mit der anderen Bunkenburg bei Ahlden zu sehen ist. Auch die Verbindung zum Familiennamen "Bunkenburg" ist noch nicht geklärt. 

Dementsprechend sind sicherlich weitere Nachforschungen nötig, um die Frage nach der Existenz einer Burg bei Bunkenburg abschließend zu klären. 


Hendrik Altmann