f Juni 2015 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Donnerstag, 25. Juni 2015

Attraktionen früher...



Von Zeit zu Zeit kommt es auch heute noch vor, dass ein Zirkus in Celle gastiert. In der jüngeren Vergangenheit gab es in diesem Zusammenhang immer wieder Diskussionen darüber inwiefern Wildtiere im Zirkus überhaupt artgerecht gehalten werden können. Diese Frage kann hier sicher nicht abschließend beantwortet werden. Vielmehr soll bei dieser Gelegenheit kurz auf die historische Komponente eingegangen werden. 

Neben dem modernen Unterhaltungsangebot wirkt der Zirkus wie ein Fossil aus vergangenen Tagen. Tatsächlich erlebte der Zirkus im ausgehenden 19. Jahrhundert seine Blütezeit. Nachdem schon im 18. Jahrhundert in England bereits erste Zirkusmanegen von Artistenfamilien betrieben wurden, gelangte die Idee schließlich nach Deutschland. Hier waren es vor allem die Familien Rentz und Busch, die große Zirkusse in verschiedenen Städten unterhielten. Die meisten Betriebe waren und blieben in Familienhand. Zunehmend erfreuten sich auch sogenannte "Freakshows" im 19. Jahrhundert gesteigerter Beliebtheit. 

Bild: Zirkus in der Heide. Quelle: Lüneburger Heimatbuch Bd. 2. 


Neben fest installierten Zirkushäusern, die sich eigentlich ausschließlich in größeren Städten hielten, entwickelten sich im 19. Jahrhundert auch zunehmend Wanderzirkusse, die über die Dörfer zogen. In einem Beitrag für das Lüneburger Heimatbuch (1904) schrieb Friedrich Freudenthal über "fahrende Leute im Heidedorfe". Neben Siebmachern und Kesselflickern waren auch Künstler, Seiltänzer, Akrobaten, Kunstreiter, Taschen- und Puppenspieler sowie Bärenzieher unter diesen Leuten. 

Bild: Fahrendes Volk in der Heide. Quelle: Lüneburger Heimatbuch Bd. 2. 


Die umherziehenden Künstler waren im Normalfall nicht besonders hoch angesehen. Gegen einige Pfennige führten sie ihr begrenztes Repertoire auf. Als Attraktion lies sich alles verkaufen, wozu die Bevölkerung bereit war Geld zu geben. So wurden wilde Tiere schnell ein beliebtes Mittel, um den teilweise recht einfach Menschen auf dem Lande etwas aus der großen weiten Welt zu präsentieren. 

Über Bärenzieher gibt es ebenfalls aus der Harzregion verschiedene Berichte. Sie standen scheinbar nicht sehr hoch im Kurs - wohl auch, weil es nicht selten zu Unfällen mit den Bären kam. 
Bild: Bärenzieher in der Heide. Quelle: Lüneburger Heimatbuch Bd. 2. 


In einer Verfügung des Königreiches Hannover aus dem Jahr 1825 wurde Bärenziehern sogar per Gesetz verboten das Land zu betreten.  Noch im preußischen Wörterbuch wird der Beruf des Bärenziehers als offizielle Zunft angegeben. 
 Bild: Verfügung gegen Bärenzieher. Quelle: Landesgesetze und Verordnungen des Königreichs Hannover insbesondere der Fürstentümer Calenberg, Göttingen und Grubenhagen, F.C. Willich, Bd. 1, Göttingen 1825. 


Scheinbar zogen die "Bärentrecker", wie die Bärenzieher auf Plattdeutsch genannt wurden, noch bis ins 20. Jahrhundert durch die Lande. Leider ist nicht bekannt wann die Tradition der Bärenzieher im Raum Celle endete. 

Geblieben sind vom Fahrenden Volk, welches Freudenthal noch vor rund 100 Jahren im Lüneburger Heimatbuch auflistete, nur die Wanderzirkusse. 


Hendrik Altmann




Montag, 22. Juni 2015

Die alte Oppershäuser Schleuse



Die Allerschleuse zwischen Oppershausen und Offensen ist vielen bekannt. Sie ist ein beliebter Anlaufpunkt für Angler und Paddler. Unterhalb des Stauwehres gibt es außerdem einige Badestellen. Oberhalb des Wehres steht das Vereinsheim des Flotwedeler Kanu-Klubs. 

Was vielen weniger bekannt sein dürfte ist der Umstand, dass sich die Allerschleuse noch gar nicht lange an Ort und Stelle befindet. 

Bild: die heutige Allerschleuse aus der Luft fotografiert. Quelle: Hendrik Altmann. 


Durch mehrere Begradigungen der Aller entstand im 20. Jahrhundert der heutige Flusslauf. Besonders deutlich werden die massiven Eingriffe in das ursprüngliche Landschaftsbild im Bereich nördlich des Ortes Offensen. Hier wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jh. das Schwarzwasser komplett umgebettet. 

Während dieses Gewässer einst bei Schwachhausen in die Aller mündete, wurde es nun weiter nördlich entlang geführt und fließt seitdem unterhalb der neu gebauten Oppershäuser Schleuse in die Aller. 

Übrigens - warum heißt diese Schleuse, die heute näher an Offensen liegt eigentlich "Opernhäuser Schleuse"? Nun die Antwort ist ganz einfach: früher lag die Schleuse näher an Oppershausen. 

Legt man eine topografische Karte aus dem Jahr 1945 über das heutige Satellitenbild, erkennt man wie sich der Flusslauf der Aller änderte. Diese machte einst oberhalb Offensens mehrere große Bögen. Am nördlichsten davon befand sich einst die alte Schleuse - deutlich auf der Gemarkung Oppershausens. Die neue Schleuse wurde weiter südwestlich errichtet. 

Bild: Allerschleusen bei Opershausen / Offensen. Quelle: Hendrik Altmann / Google Earth. 


In der Vergrößerung wird das ganze deutlicher. Der Arm der Aller, an welchem sich die alte Oppershäuser Schleuse befand, existiert noch heute. Allerdings ist er vom Fluss abgeschnitten und somit kein Fließgewässer mehr. 

Einst führte der Weg zur Schleuse über die Wiesen, welche westlich der heutigen Schleuse liegen. 

Bild: Allerschleusen bei Opershausen / Offensen. Quelle: Hendrik Altmann / Google Earth.


Allerdings konnte man früher nicht mit dem Auto über die Schleuse gelangen. Diese bestand nämlich aus einer Holzkonstruktion, die lediglich zu Fuss überquert werden konnte. 

Ein altes Foto zeigt das Opernhäuser Allerwehr als "Ort für viele Zeltner und Paddler". Am linken Bildrand erkennt man einen kleinen Schuppen. In diesem wurden die alten Eisbrecher aufbewahrt. Die Konstruktion der Schleuse ist ähnlich wie jene der Langlinger Schleuse weiter flussaufwärts. Diese wurde in den Jahren 1860/1861 erbaut und bestand ebenfalls aus massiven Eichenwänden. 

Im Jahr 1935 brach die Langlinger Schleuse bei niedrigem Wasserstand ein und wurde durch eine neue Konstruktion ersetzt. Die Opernhäuser Schleuse hielt bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. 

Bild: alte Allerschleuse bei Opershausen / Offensen. Quelle: Archiv Hendrik Altmann.


Heute ist von der alten Schleuse kaum noch etwas zu erkennen. Bis auf den toten Allerarm, welcher sich noch immer bei Oppershausen durch die Landschaft schlängelt, sind keine sichtbaren Spuren erhalten. 

Bild: Allerschleuse bei Opernhauses heute. Quelle: Hendrik Altmann.


Im einstigen Staubecken stapelt sich heute jede Menge Äste und Gestrüpp, das von den umstehenden alten Weidenbäumen stammt. Die hölzerne Konstruktion des alten Stauwehres ist verschwunden. 

Bild: Allerschleuse bei Opershausen / Offensen. Quelle: Archiv Hendrik Altmann.


Es scheint fast als wäre die Zeit stehen geblieben - in manchen Abschnitten sieht der alte Alleearm aus, wie der heutige Fluss. Aber der Schein trügt: es gibt keinen Zulauf mehr - das Wasser ist kaum in Bewegung. 

Bild: Allerschleuse bei Opershausen / Offensen. Quelle: Archiv Hendrik Altmann.

Hinter dem einstigen Wehr sieht man Oppershausen liegen. Hier machte die Aller einst einen weiten Bogen an welchem die alte Schleuse lag. Möglicherweise sind noch alte Pfähle im Boden - äußerlich sind zumindest keine Spuren zu erkennen. 

Damit ist die Oppershäuser Schleuse nur ein Bestandteil, der sich im Laufe der Jahre in diesem Raum veränderte. Nur an wenigen Stellen hat sich das Landschaftsbild in den letzten 100 Jahren so stark gewandelt wie im Bereich der Aller und der angrenzenden Wiesen und Felder. Oft lassen sich diese drastischen Veränderungen heute noch mithilfe historischer Karten nachvollziehen. 

Hendrik Altmann