f Die Wienhäuser Allerbrücke ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Die Wienhäuser Allerbrücke


In alten Quellen heißt es einst hätte es nur drei Übergänge der Aller gegeben: bei Schwachhausen / Nordburg, bei Celle und bei Winsen.  Doch auch bei Wienhausen muss es einst die Möglichkeit gegeben haben, den Fluss zu überqueren. In diesem Beitrag werden Quellen und Nachweise zur Wienhäuser Allerbrücke vorgestellt. 

Je weiter man in der Geschichte zurückblickt umso spärlicher werden die Hinweise auf vergangene Ereignisse. So gibt es viele Zeichen die darauf hindeuten, dass es schon sehr lange eine Brücke oder Furt bei Wienhausen gegeben haben muss. Schriftliche Quellen und handfeste Beweise sucht man jedoch vergebens. Dieser Umstand ist nichts Umgewöhnliches - nur in den seltensten Fällen kann man genau beziffern zu welcher Zeit die Allerbrücken um Raum Celle "in Betrieb" genommen wurden. Meistens stehen die heutigen Brücken noch am selben Ort wie ihre Vorgänger.

Brücken und Furten sind oft älter als die heutigen Orte - einst waren es günstige Punkte an denen Flüsse überquert werden konnten. Eine Besiedlung fand in vielen Fällen daher dort statt wo Wege und Flüsse sich trafen. Aus heutiger Sicht ist es allerdings nicht immer einfach die früheren Gegebenheiten nachzuvollziehen. So ist die Frage, ob es zuerst einen Ort oder zuerst eine entsprechende Flussüberquerung gab, nicht immer eindeutig zu beantworten. 


Es steht außer Frage, dass die Geschichte des Ortes Wienhausen eng mit der Entstehung bzw. der Möglichkeit, an dieser Stelle die Aller zu überqueren, zusammenhängen muss. Somit wäre es ein sinnvoller Ansatz zunächst das nachweisbare Alter des Ortes Wienhausen zu untersuchen. Hier zeigt sich allerdings ein weiteres Problem - in der Forschung hat man sich zwar mehr oder weniger auf ein Datum geeinigt - das Grundzugs- bzw. Entstehungsjahr des Ortes Wienhausen ist jedoch ungeklärt. Die lokalen Heimatforscher sind sich indes uneins, ob der Ort 1052 oder bereits 1022 erstmalig urkundlich erwähnt wurde. Allerdings wäre der schriftliche Nachweis ohnehin dadurch zu relativieren, dass der Ort bestimmt schon einige Jahre zuvor existiert haben dürfte. Vor dem Hintergrund, dass es plausible Hinweise für die Existenz der Mundburg bei Wienhausen gibt, erscheint die Frage ob die erste urkundliche Erwähnung nun dreißig Jahre früher oder später war, fast belanglos. 

Die Mundburg ist eines der letzten großen Mysterien in der frühmittelalterlichen Forschung im Raum Celle. Im Herbst 2013 waren Sondengänger und ehrenamtliche Helfer mit der Archäologin Dr. Cornelia Lohwasser bei Wienhausen unterwegs, um einen möglichen Standort der Mundburg zu untersuchen. Es konnten keine Hinweise auf die frühmittelalterliche Burg, die unter dem Bischof Bernward von Hildesheim etwa um 983 errichtet worden sein soll, gefunden werden. Dennoch sprechen die Hinweise für einen Standort in - oder bei Wienhausen. Möglicherweise wurde das Wienhäuser Kloster später auf den Ruinen der einstigen Burg errichtet. 


Bild: Wienhausen heute - der Ort ist besonders im 21. Jahrhundert stark gewachsen. Quelle: H. Altmann

Ein archäologischer Altersnachweis des Ortes Wienhausen steht bislang aus. Es bleiben somit lediglich Annahmen zu welcher Zeit der Ort entstanden sein könnte. Einige Forscher gehen davon aus, dass Wienhausen bereits zur zeit der Sachsen besiedelt gewesen sein könnte. Einige Flurnamen deuten dies zwar an - handfeste Belege fehlen jedoch. 

Die Geschichte des Ortes Wienhausen lässt sich urkundlich bis in die Zeit Bischofs Godehard von Hildesheim (1022-1038) zurückverfolgen. In der Vita Godehard episcopi posterior wird Wienhausen als ein Ort erwähnt, in welchem der Bischof einen Hof besaß und während einer Reise dort unterkam. Die Urkunde ist allerdings undatiert - einen ersten zeitlich fixierten Hinweis auf die Existenz Wienhausens findet sich in einer Urkunde des Kaisers Heinrich III. aus dem Jahr 1051. Mit dieser Urkunde wurde der bischöflichen Kirche zu Hildesheim das Grafschaftsrecht in sechs ostsächsischen Gauen und elf Kirchengemeinden geschenkt. 

Belegt ist auch, dass Wienhausen im Jahr 1054 auf Bestreben des Bischofs Azelin von Hildesheim das Recht auf Zoll und Münze, Distrikt und Bann, sowie Fähr- und Schiffartsrechte und sonstigen notwendigen Rechten zum Markt erhielt. Damit war der Ort zu einem geistlichen und wirtschaftlichen Zentrum aufgestiegen. Es ist fraglich inwiefern Wienhausen seine Rechte voll ausgeübt hat - doch wiegt der Umstand, dass diese überhaupt bestanden haben schon alleine schwer. Es muss gute Gründe für den Aufstieg Wienhausens gegeben haben. 

Einst lag der Ort an wichtigen Handelswegen - zu Lande und zu Wasser. Südlich Wienhausens schlängelte sich einst der alte Okerfluss durch den Wald. Noch heute sind einige Flussabschnitte gut erkennbar. Im Norden floss seit jeher die Aller. Beide Flüsse waren schiffbar und es ist durch Urkunden belegt, dass die Flussläufe einst sogar wichtiger gewesen sein könnten als die vorhandenen Landverbindungen. 

Bild: Wienhausen heute - rechts die alte Oker. Quelle: H. Altmann

Auf Karten taucht Wienhausen bereits im 16. Jahrhundert auf. So verzeichnete der Kartograf Johannes Mellinger Wienhausen auf seinem Gesamtwerk des Fürstentums Lüneburg um 1600 in der Amtsvogtei Eicklingen. Diese Karten waren allerdings noch recht ungenau - erst im 18. Jahrhundert entstanden detaillierte Kartenwerke, die nun auch die Wegverbindungen um Wienhausen und somit auch die Alelrbrücke zeigten. 

Eine der ersten Karten, welche den Ort und die Aller zeigten, ist eine Umgebungskarte der Stadt Celle aus dem Jahr 1732. 

Bild: Wienhausen 1732. Quelle: Enviros der Statt Zell, 1732. 

Zwar sind einzelne Gebäude auf der Karte verzeichnet - um die Informationen allerdings korrekt zu interpretieren, benötigt man ein wenig Ortskenntnis. Es fällt auf, dass die Straße zwischen Wienhausen und Oppershausen erstaunlich genau verzeichnet ist. Die einstige Flussüberquerung befand sich hart nördlich Wienhausens an einer Stelle an der die Aller einen Bogen machte. Vermutlich war diese Stelle für eine Brücke günstig gelegen, denn der Fluss wurde hier auf natürliche Weise gebremst. 


Im Winter des Jahres 1757 standen französische Truppen bei Wienhausen - der Siebenjährige Krieg tobte. Die alliierten Truppen - befehligt von Herzog Ferdinand von Braunschweig - standen unterdessen bei Garssen, Altenhagen und Groß Hehlen. Die Aller bildete ein natürliches Hindernis, sodass es zunächst nicht zu einer Begegnung der gegnerischen Heere kommen konnte. Die Franzosen besetzten die Brücken bei Winsen, Wienhausen und Schwachhausen. Während die Celler Vorstädte an der Allerbrücke gezielt in Brand gesetzt wurden, um das preußische Heer von einem Angriff abzuhalten, planten die Franzosen eine Zangenbewegung über die Flanken. Am Heiligabend des Jahres 1757 überschritten die französischen Truppen nach einigen Ablenkungsmanövern der Vortage schließlich den Fluss - unter anderem bei Wienhausen. Das preußische Heer unter Ferdinand von Braunschweig hatte sich allerdings schon weiter nach Norden abgesetzt weswegen es nicht zur Schlacht kam. 

Eine Karte der französischen und alliierten Stellungen bei Celle zeigt unter anderem den Allerübergang bei Wienhausen. 

Bild: Wienhausen 1757. Quelle: Karte der französischen und alliierten Stellungen bei Celle, 1757

Leider ist die Lagekarte aus dem Jahr 1757 recht ungenau - sowohl was die mutmaßlichen Armeelager betrifft, als auch was die sonstigen geografischen Merkmale angeht. Aus der Karte lassen sich daher kaum Rückschlüsse auf die Lage der Wienhäuser Alelrbrücke ziehen. 


Die erste genaue Karte entstand um 1780 mit der Kurhannoverschen Landesaufnahme. Diese zeigt die Allerbrücke an einem ausladenden Nordbogen der Aller. Aud den ersten Blick fällt auf, dass sich die Brücke nicht an derselben Stelle befindet wie heute. Sie ist einige hundert Meter in nordöstliche Richtung verschoben. Ein Kartenfehler oder Absicht? 

Die Erklärung für diesen Umstand ist recht einfach. Durch den Zufluss des Mühlenkanals konnte einst der Wasserbedarf der Wienhäuser Mühle reguliert werden. Dieser sorgte allerdings auch für eine erhöhte Strömung bei seiner Einmündung in die Aller. Daher wurde die Brücke ein Stück weiter flussabwärts errichtet. 

Bild: Allerbrücke bei Wienhausen 1780. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme, 1780.  

Der Wegverlauf hatte noch lange Zeit Bestand. So zeigt die Verkopplungskarte aus dem Jahr 1860 den bogenförmigen Verlauf der Aller sehr detailliert. Ebenso ist die alte Allerbrücke dargestellt. Die Straße aus Richtung Wienhausen kommend, stieß einst kurz vor dem Scheitelpunkt der Flussbiegung an die Aller. Auf der Oppeshäuser Allerseite führte die Straße zunächst zu einer breiten Straßenkreuzung nordöstlich des Dorfes. Im weiteren Verlauf zog sich die Straße parallel zum Fluss in Richtung des Oppershäuser Dorfeingangs.


Bild: Allerbrücke bei Wienhausen 1860. Quelle: Verkopplungskarte Oppershausen, 1860. 

Die Wienhäuser Allerbrücke bestand bis ins 21. Jahrhundert aus einer Holzkonstruktion mit vorgelagerten Eisbrechern. Das preußische Messtischblatt aus dem Jahr 1899 zeigt den ursprünglichen Straßenverlauf zwischen Wienhausen und Oppershausen folgendermaßen: 

Bild: Allerbrücke bei Wienhausen 1899. Quelle: Preußisches Messtischblatt, 1899. 

Erst im Jahr 1936 wurde eine neue Brücke aus Beton und Stahl errichtet. Bis dahin war die ursprüngliche Brückenkonstruktion demnach in Betrieb. Ein Foto aus dem Jahr 1936 zeigt die, bereits baufällige hölzerne Allerbrücke vor dem Abriss. 

Bild: Allerbrücke bei Wienhausen 1936. Quelle: Heimatkalender. 

Eine aktualisierte Karte des britischen War Office aus dem Jahr 1945 zeigt die neue Allerbrücke schließlich an anderer Stelle. Die neue Brücke wurde etwa 250m weiter flussaufwärts erbaut und trug dazu bei, dass die Orte Wienhausen und Oppershausen direkt miteinander verbunden werden konnten. Die nördlich gelegene Straßenkreuzung wurde durch diese Baumaßnahme entlastet. 

Bild: Allerbrücke bei Wienhausen 1945. Quelle: Karte War Office / Google Earth. 

Bei Kriegsende kam es in Oppershausen zu Kampfhandlungen. Teile der SS Kampfgruppe Wiking waren am 12. April 1945 zur Sicherung der Allerbrücke abgestellt worden. Als die US Truppen aus Wienhausen anrückten, entdeckten sie einen Schützenpanzerwagen, der unter der Brücke in Stellung gegangen war. Nach einem kurzen Feuergefecht sprengten die deutschen Verteidiger die Brücke, welche bis auf einen schmalen Steg vollkommen zerstört wurde. Bis nach Kriegsende wurde ein Boot eingesetzt, um auf das andere Ufer überzusetzen. Die zerstörte Brücke wurde schließlich anOrt und Stelle wieder aufgebaut. 

Das nachfolgende Luftbild verdeutlicht den historischen und aktuellen Straßenverlauf: 


Bild: Allerbrücke bei Wienhausen heute. Quelle: H. Altmann.  

Von dem historischen Straßenverlauf ist heute fast nichts mehr erkennbar. Blickt man aus Oppershausen in Richtung Wienhausen, so fällt eine markante Eiche unweit der einstigen Straßenkreuzung bei Oppershausen auf. Diese mag früher einer der Straßenbäume gewesen sein. 

Bild: Allerbrücke bei Wienhausen heute. Quelle: H. Altmann.  

Auf der Wienhäuser Allerseite ist der historische Wegverlauf noch knapp zu erahnen. Der heute als Wiesenzufahrt und zur Erreichung der Bootsanlegestelle genutzte Weg war früher ein Teil der Straße, die zur Brücke führte. Im nachfolgenden Bild ist dieser Weg als schräge Rampe (motte, links) erkennbar. 

Bild: Allerbrücke bei Wienhausen heute. Quelle: H. Altmann.  

Die Wienhäuser Allerbrücke blick auf eine sehr lange geschichtliche Entwicklung zurück. Möglicherweise gab es hier bereits eine Furt durch die Aller, bevor der Ort Wienhausen überhaupt selbst entstand. Das Alter des Ortes geht bis ins Hohe Mittelalter zurück - die Geschichte der Brücke dürfte vermutlich ebenso alt sein. 

H. Altmann