f Januar 2016 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Samstag, 30. Januar 2016

Die Riesenburg bei Lachendorf



An der Heidefläche südwestlich von Lachendorf steht, seit ich mich erinnern, kann ein großer Findling - eine Tatsache, die für diese Gegend ungewöhnlich ist. Es liegt nahe, dass der Stein nicht auf natürliche Weise hierher kam. Der Findling trägt die Inschrift "Riesenburg" ...

So fragte ich meinen Großvater in Lachendorf was es damit auf sich hätte. Dieser - ebenfalls geschichtsbegeistert - erklärte mir, dass dort einst eine große Burg gestanden hätte aus dieser heraus die Raubritter die umliegenden Ortschaften überfielen. Nun ja - mit mit zwölf Jahren fiel mir wohl nichts besseres ein, als diese Geschichte zu glauben. 

Heute bin ich mir sicher, dass mir mein Großvater feinstes Seemannsgarn erzählt hat. Zwar gab es in unserer Gegend Burgen und sim frohen Mittelalter auch Einfälle von slawischen Volksstämmen aus dem Osten. Auch gab es Raubritter, die die Dörfer an Aller und Schwarzwasser überfallen haben. Eine Burg an der Heidefläche bei Lachendorf gab es allerdings nicht. 

Also musste der Stein auf anderem Wege hier her gelangt sein. 

Bild: Gedenkstein an der Heidefläche bei Lachendorf. Bild: Kim B. Rodenwaldt. 


Der Stein befindet sich an der südlichen Ecke der Heidefläche direkt am Altenceller Weg. ich erinnere mich, dass gegenüber über lange Zeit eine kleine Hütte mit Bänken stand.Schon die moderne Inschrift legt nahe, dass hier einst keine Burg stand, sondern, dass der Stein einen anderen Hintergrund besitzt. 

Ich begann mich umzuhören. Im Internet fanden sich allerdings keine Hinweise auf die Herkunft des Steines. Erst ortskundige alteingesessne Lachendorfer konnten das Rätsel lüften...

So erfuhr ich, dass der Stein an den Ort Riesenburg im westlichen Ostpreußen erinnern soll. Riesenburg (heute Prabuty) liegt etwa 135 Kilometer südwestlich von Elbing. Der Stein wurde von Harry Schultze in Erinnerung an seine Heimatstadt errichtet. Harry Schultze war CDU-Mitglied und langjährig im Lachendorfer Gemeinderat aktiv. 

Bild: Gedenkstein an der Heidefläche bei Lachendorf. Bild: Google Earth. 


Damit dürfte die Frage was es mit diesem Stein auf sich hat wohl geklärt sein. Jedenfalls gab es zu keiner Zeit eine Burg mutmaßlicher Raubritter an der Heidefläche südwestlich von Lachendorf... 


Beste Grüße ;) 


Donnerstag, 14. Januar 2016

Vogelherd / Finkenherd bei Celle





Die Bezeichnung "Vogelherd" oder "Finkenherd" dürfte der ein oder andere schon gehört haben. Direkt bei Celle, zwischen Altencelle und Lachtehausen befand sich vor einiger Zeit ebenfalls ein "Vogelherd". Noch heute findet sich hier die Flurbezeichnung "Finkenherd" für den Wald in der Nähe des Altenceller Weges. Was den meisten wohl nicht so bekannt ist, dass es ebenfalls bei Beedenbostel früher einen Vogelherd gab - zumindest findet sich hier ebenfalls die entsprechende Flurbezeichnung. 


Was hat es mit diesen Namen und der einstigen Nutzung dieser Gelände auf sich? 

Die alten Namen erinnern daran, dass an diesen in früherer Zeit an diesen Orten Anlagen zum Fangen von Vögeln gewesen sind. Es wäre viel zu aufwendig gewesen besonders kleine Vögel mit der Armbrust oder mit Pfeil und Bogen zu jagen. Im ausgehenden 17. Jahrhundert galten Vögel als Delikatesse. Auch die Hofküche des Celler Schlosses benötige regelmäßigen Nachschub. 

Um die Mühe beim Fangen gering zu halten würden daher spezielle Anlagen errichtet und wilde Vögel unter großen Netzen gefangen. Bereits um das Jahr 1670 wurden an einigen Orten in der Celler Großvogtei entsprechende Anlagen errichtet. So wurde unter anderem bei Beedenbostel, Lachtehausen, Wolthausen, Winsen und Osterloh der fürstliche Vogelfang betrieben. 

Alte Karten zeigen beispielsweise bei Lachtehausen noch recht deutlich wo sich die Fanganlagen einst befunden haben. 

Umgebungskarte der Stadt Celle aus dem Jahr 1732. 


Jeder Fangplatz stand unter der Aufsicht eines gelernten Vogelfängers der den (adeligen) Titel Federschütz führte. Der Federschütz war sozusagen ein auf den Vogelfang spezialisierter Jäger. Dieser gehörte zum Jagdpersonal des Hofes und musste seine Beute an die Hofküche des Celler Schlosses abliefern. 

Die genauen Ausmaße des Fangplatzes bei Lachtehausen sind heute nur noch schwer zu rekonstruieren. Von den Anlagen ist so gut wie nichts erhalten geblieben - nur ein kleiner Erdwall lässt sich noch damit in Verbindung bringen. Allerdings wurde ein Teil des Walles bei Bau der Straße zwischen Altencelle und Lachtehausen zerstört. 

Noch in der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1780 ist der Finkenherd deutlich größer verzeichnet.

Finkenheerd bei Lachtehausen auf der kurhannoversche Landesaufnahme aus dem Jahr 1732. 


Es ist anzunehmen, dass auf dem Gelände des Finkenherds einst Netze und eine Hütte für den Federschütz standen. Auch in Beedenbostel gab es einen mit einem Plankenzaun umgebenen Fangplatz mit Hütte für das Fangpersonal. 

Es war notwendig den Fangplatz möglichst ruhig zu halten und Störungen durch Mensch und Weidevieh zu vermeiden. Nicht selten wurden seitens der Vogelfänger Klagen laut, dass die Fanganlagen mutwillig zerstört worden waren. Dann wurde der entsprechende Amtmann aktiv und versuchte die Schuldigen zu ermitteln. War dies nicht möglich mussten die umliegenden Ortschaften im schlimmsten Fall für die Schäden aufkommen. 

Die Vögel mussten zunächst angelockt werden und brüteten dann auf dem Gelände. Zum Anlocken wurden Lockvögel verwendet. Mittels aufgestellter Steck- und Schlagnetze wurden die Vögel anschließend gefangen. Die Lockvögel wurden allerdings wieder freigelassen und konnten erneut ihre Artgenossen in die Falle locken. 

Noch auf dem preußischen Messtischblatt von 1899 ist der Finkenheerd bei Lachtehasen verzeichnet, obwohl er zu dieser Zeit schon längst außer Betrieb war. 

Finkenheerd bei Altencelle auf dem preußischen Messtischblatt 1899.  


Legt man die historische Karte über das aktuelle Satellitenbild, erkennt man, dass die heutige Verbindungsstraße von Altencelle nach Lachtehausen genau aus der westlichen Grenze des einstigen Finkenherds verläuft. 

Preußisches Messtischblatt auf dem aktuellen Satlltenbild. 


Anhand der alten Wege lässt sich der Finkenherd bei Lachtehausen heute noch im Wald aufspüren. Im nachfolgenden Satelutenbild ist die Lage zudem verzeichnet: 

Aktuelles Satellitenbild - Finkenherd / Vogelherd bei Altencelle / Lachtehausen. Quelle: Google Earth. 


Im Frühjahr und im Herbst wurden die besten Fangergebnisse erzielt. Wenn die Blätter bereits von den Bäumen gefallen waren wurden leuchtend rote Vogelbeeren verwendet, um die Beute anzulocken. 

Auch in Beedenbostel gab es einst einen Vogelherd mit Fanganlagen. Dieser befand sich im Südwesten des Dorfes in einem kleinen Gehölz an der Aschau. Noch heute trägt dieser Ort die Flurbezeichnung "Vogelherd" - eine angrenzende Straße ebenfalls. 

Lage des Vogelherds in Beedenbostel. Quelle: Google Erath. 


Laut dem Geldregister des alten Amtes Beedenbostel aus dem Jahr 1688 fing der Vogelfängers Wülthoff in der Zeit von August 1687 bis April 1688 ganze 420 Großvögel und 2.160 Kleinvögel. Im Jahr 1699 wurden in der Beedenbostler Fanganlagen 280 Großvögel und 3.500 Kleinvögel gefangen. 

Bereits früh morgens mussten der Federschütz und seine Gehilfen die Netze aufspannen. Die Beute wurde dann durch einen der Angestellten nach Celle zum Hof gebracht. 

Nach und nach wurden die Vogelherde allerdings aufgegeben. Dies hatte unterschiedliche Gründe. Zum einen entwickelten sich neue Fangmethoden. Mit der Verbreitung neuer Schusswaffen wurde die aufwendige Arbeit am Vogelherd überflüssig. Besonders die Erfundung der Schrotflinte Vereinfachte die Jagd auf die fliegende Beute ungemein. Auch die politischen Veränderungen führten dazu, dass die Vogelherde bei Celle an Bedeutung verloren. Mit dem Wandel der Stadt vom herzöglichen Sitz hin zur Beamtenstadt blieben die Vogelherde immer mehr ungenutzt. 

Vor einiger Zeit fand im Rahmen der archäologischen Untersuchungen rund um Altencelle eine Ortsbegehung im Vogelherd bei Lachtehausen / Altencelle statt. Beteiligt waren dabei die Archäologin Dr. Cornelia Lohwasser, der Kulturlandschaftsforscher Florian Friedrich, der ehem. Vorsitzende des Fördervereins Altencelle e.V. Dieter Reinebeck (+) sowie die Sondengänger der Sondengängergemeinschaft Allertal. 

Besprechung vor der Ortsbegehung


Bei der Ortsbegehung sollten historische Spuren des einstigen Vogelherds untersucht werden. Es stellte sich recht bald heraus, dass solche leider heute kaum noch vorhanden sind. Einzig die Wegführung bzw. die Lage eines kleinen Erdwalles gaben geringen Aufschluss über den früheren Fangplatz. 

Erstaunlich ist, dass sich im Zentrum des Vogelherds noch heute natürliche Sanddünen befinden, welche bereits zur Zeit des Vogelfangs vorhanden gewesen sein müssen. Scheinbar beeinträchtigte dies nicht die historische Nutzung. 

Dünen im Bereich des Vogelherds bei Lachtehausen.