f Der Flugplatz der kaiserlichen Marine bei Scheuen ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Freitag, 24. Februar 2017

Der Flugplatz der kaiserlichen Marine bei Scheuen


Am  6. Dezember 1916 waren die Überlegungen einen Marineflugplatz nördlich von Celle zu errichten, bereits weit vorangeschritten. In einem offiziellen Schreiben der kaiserlichen Werft Wilhelmshafen, welches an jenem Nikolaustag im königlichen Landratsamt in Celle einging, werden interessante Details zum geplanten Bauprojekt erwähnt...

Zunächst scheint es ziemlich skurril, dass sich ausgerechnet die kaiserliche Marine für den Bau eines Flugplatzes im Landesinneren interessierte. Dieser Umstand begründet sich letztlich darin, dass die militärische Fliegerei im Ersten Weltkrieg noch eine absolute Innovation war. Somit gab es noch umfangreiche Kontingente der frühen "Luftwaffe" die den bereits existierenden Truppengattungen (See- und Landstreitkräften) zugeordnet waren. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Marineflieger Plätze zu Übungszwecken und zur Stationierung ihrer Flugzeuge benötigten. 

Im Schreiben des Marine-Intendanten Dr. Lehmann vom 06.12.1916 gab dieser an, die kaiserliche Werft benötige zur Anlage eines Flugplatzes eine Fläche von ca. 210 ha in der Nähe von Scheuen. Hierfür, so weit es weiter im Schreiben, käme derjenige Teil des sogenannten Arlohgeländes, der südöstlich des Klosterkammerforstes bei Scheuen und des Weges Scheuen-Jagdhütte-Forsthaus Kohlenbach und im Südosten durch den am Reiherberg vorbeiführenden Weg begrenzt ist. 

Bild: Lage des Flugplatzes nordöstlich von Scheuen, am Arloh. Hinweis: die Karte wurde nachträglich bereits um das spätere Landerziehungsheim ergänzt. Dieses wurde jedoch erst 1925 eröffnet. Quelle: Messtischblatt 1900. 


Von der zum Bau erforderlichen Fläche entfielen damals rund 56 ha auf die Gemarkung Garßens und die restlichen 154 ha auf die Scheuener Gemarkung. Am vorgeschriebenen Ortstermin sollten daher auch die Gemeindevorsteher beider Orte anwesend sein. 

Dabei stand die künftige Nutzung des Geländes offenbar bereits fest. Nach § 3 Abs. 4 Kriegsleistungsgesetz konnten erforderliche Flächen problemlos durch militärische Instanzen übernommen werden. Beim Ortstermin ging es daher wohl vielmehr darum einen möglichst reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Das vorliegende Schreiben lässt in diesem Zusammenhang sofortige Ankaufverhandlungen nicht unerwähnt. 

Bild: Schreiben der kaiserlichen Wert, 5.12.1916. Quelle: Kr. Archiv Celle. 


Die Errichtung des Marineflugplatzes bei Scheuen geschah im dritten Kriegswinter des Ersten Weltkriegs. Am 16. Dezember 1916 sollte die Schlacht bei Verdun enden - ohne den bisherigen Frontverlauf maßgeblich beeinflusst zu haben. Die Landstreitkräfte hatten sich an fast allen Fronten festgefahren. Die bisherigen Bestrebungen einen Sieg mit konventionellen Mitteln zu erreichen waren mehrfach gescheitert. 

Die Marine trat 1916 mit ihren Luftstreitkräften vor allem den Kampf gegen die englische Ostküste an. In koordinierten Operationen mit Seestreitkräften sollte die britische "Grand Fleet" entscheidend getroffen werden. Insgesamt kam es jedoch nur zu kleineren Kämpfen und nicht zur geplanten Offensive. 

Inwiefern die Errichtung des Marineflugplatzes bei Scheuen in diese Gesamtstrategie einzuordnen ist, mag dahingestellt bleiben. 

Einige schöne Bilder aus der Zeit des Marineflugplatzes Scheuen sind hier zu sehen: 

Der Flugplatz war in Südwest-Nordost-Richtung angelegt. An südwestlichen Ende befanden sich die Wirtschaftsgebäude und Unterkunftsbaracken. 

Bild: Lage des Marineflugplatzes. Quelle: Messtischblatt 1900, eigene Eintragungen nach Vorlage Kr. Archiv. 


Die einzelnen Einrichtungen und Anlagen sind nachfolgend entsprechend der Nummerierung aufgelistet: 

 1.  Wache
 2.  KFZ-Garage
 3.  Feuerlösch-Gerätehaus
 4.  Heizung- und Trafoanlage
 5.  Allgemeines Vorratshaus
 6.  Motoren Prüfstände
 7.  Öllager
 8.  Benzinlager
 9.  Munitionslager
10. Doppelhalle
11. Hallen
12. Laderampe
13. Kohlelager
14. Geplante Hallenerweiterungen
15. bis 18. Offiziersbaracken 
19. Wohnräume und Speiseräume 
20. Baracke für Flugschüler
21. bis 24.Mannschaftsbaracken
25. Stabsbaracke
26. Unterrichtsbaracke
27. Speiseräume der Offiziere
28. und 29. Speiseräume der Mannschaften 
30. Kammerbaracke 
31. Lazarettbaracke 
32. Waschbaracke 
33. Exerzierbaracke 
34. Trockenhalle, Wäscherei
35. bis 38. Latrinen 
39. Erweiterungen von Gebäuden

Bild: Lage des Marineflugplatzes. Quelle: Messtischblatt 1900, eigene Eintragungen nach Vorlage Kr. Archiv. 


Mitte der Zwanzigerjahre entstand im Bereich der ehemaligen Flugplatzbaracken das Landerziehungsheim für Kinder aus Berlin. Bereits Anfang der Dreißigerjahre wurde das Heim, welches zuletzt aufgrund von Ausschreitungen in Kritik geraten war, schließen (siehe dazu den Beitrag zum Landerziehungsheim). 

Zwischen 1934 und 1939 entstand schließlich die Heeresmunitionsanstalt Scheuen. Auf dem Gelände wurden dutzende Munitionsbunker errichtet. Zu Tarnzwecken wurden zahlreiche Bäume gepflanzt. Bei Kriegsende kam es zur Sprengung der Produnktions- und Lageranlagen. Später wurde das Gelände von der Bundeswehr genutzt. 

Bild: das Gelände bei Scheuen. Blick auf die ehem. Kasernenanlagen. Quelle: H. Altmann, 2014. 


Heute sind die Spuren des einstigen Marineflugplatzes weitgehend verschwunden, was unter anderem an der intensiven Nachnutzung des Arlohgeländes liegt. Bereits zur Zeit der Heeresmunitionsanstalt Scheuen hatte sich das Areal stark gewandelt. 

Mittlerweile wird ein angrenzender südlicher Bereich des Arloh wieder für die Fliegerei genutzt - allerdings zu zivilen Zwecken. 


H. Altmann




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