f Das Funkfeuer Marie bei Lutterloh ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 23. April 2018

Das Funkfeuer Marie bei Lutterloh



Vermutlich ahnen die wenigsten, die an den unauffälligen Wohngebäuden  vorbeifahren, dass sich hier - zwischen Unterlüß und Hermannsburg - einst eine Funkstation befunden hat, die im Zweiten Weltkrieg in die Bodenorganisation der Nachtjagd eingebunden war. Im nachfolgenden Beitrag werden die bislang vorliegenden Informationen kurz zusammengefasst. 

Folgt man der Hermannsburger Landstraße aus Unterlüß kommend in Richtung Hermannsburg, erreicht man nach rund 2,5 km den Ort Neulutterloh. Ein paar hundert Meter weiter - etwa in Höhe des Schillohsberg befinden sich unauffällige Wohngebäude in rechts der Straße. Einheimische kennen den Hintergrund dieser Baulichkeiten - früher befand sich darin angeblich eine alte Funkstation. 

Tatsächlich befand sich in den weiten der Heide zwischen Hermannsburg und Unterlüß zu Kriegszeiten ein schweres Funkfeuer mit einer Frequenz von 298 Kilohertz (kHz). Die Funkstation, die in die Nachrichtentruppe eingegliedert war, diente unter anderem, um mobilen Einheiten mittels des von ihr ausgesendeten Signals die entsprechende Peilung bzw. Richtung anzuzeigen und somit als Orientierungspunkt. 

Die Bedeutung der Funkstation reichte in den letzten Kriegsmonaten sogar noch weiter. Beispielsweise belegt eine historische Karte der "Bodenorganisation Großraum Nachtjagd" (Luftflotte Reich) aus dem August 1944, dass sich bei Lutterloh das schwere Funkfeuer mit dem Decknamen "Marie" befand. 

Bild: Ausschnitt Bodenorganisation Nachtjagd. 

Durch die ständige Bedrohung alliierter Luftangriffe wurden während des Zweiten Weltkriegs ständig neue Verteidigungstaktiken erprobt. Da insbesondere die britischen Bomberverbände dazu übergingen ihre Angriffe im Schutz der Dunkelheit zu fliegen, galt es entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. 

Vor diesem Hintergrund entwickelten sich verschiedene Strategien zur sogenannten Nachtjagd. Dabei kamen zunächst einmotorige Maschinen zum Einsatz, die sich lediglich nach Sicht orientieren konnten. Flakscheinwerfer, das Gegenlicht brennender Städte und Leuchtspurmunition lieferten die einzigen Lichtquellen am Nachthimmel. 


Bild: Zeichenerklärung - Funkstation, Funkstelle, Funkturm; Quelle: Kartenfibel, D. Luft, Januar 1941.

Durch den Einsatz von Radartechnik konnte die Luftverteidigung maßgeblich verbessert werden. Unter dem Einsatz verschiedener Funkmessgeräte etablierte sich die Nachtjagd als äußerst effektive Maßnahme gegen nächtliche Bomberangriffe. Dabei kamen insbesondere Flugzeuge vom Typ Ju-88 zum Einsatz - ausgestattet mit modernster Radiotechnik, die eine Ortung gegnerischer Luftverbände ermöglichte. 

Das Funkfeuer "Marie" bei Lutterloh diente den deutschen Nachtjagdverbänden insbesondere zur Orientierung. Inwiefern Aufklärung vor Ort möglich war, ließ sich bislang nicht abschließend klären. 

Interessant ist, dass zeitgenössische Karten den Standort des Funkfeuers nicht ausweisen, während anderweitige Bauten, die zeitgleich entstanden sind, verzeichnet worden sind. 

Bild: Standort Funkfeuer "Marie"; War Office Map 1945. 

Von der einstigen Funkstation ist heute nicht mehr viel zu erkennen. Sie befindet sich nördlich der Straße zwischen Lutterloh und Neulutterloh und verfügt über eine Bushaltestelle. 

Bild: Standort Funkfeuer "Marie"; Quelle: Google Earth. 

Der ursprüngliche Funkmast aus Holz hat sich nicht erhalten. Lediglich die Gebäude der ehemaligen Funkeinrichtung weisen noch auf die Historie hin. Heute werden sie als Wohngebäude genutzt. Die ursprüngliche Zweckbestimmung lässt sich heute kaum noch erkennen. 

Bild: Funkstation Lutterloh; Quelle: Hendrik Altmann. 

Es konnte noch nicht geklärt werden, welche Einheiten genau vor Ort stationiert waren. Nach Aussagen ansässiger Bewohner existierten bis Kriegsende noch weitere Gebäude, die zur Unterbringung der technischen Anlagen dienten. Diese wurden allerdings bei Ende des Krieges gesprengt - durch wen ließ sich bisher nicht in Erfahrung bringen. 

Bild: Funkstation Lutterloh; Quelle: Hendrik Altmann. 

Die Gebäude weisen äußerlich fast keine Spuren der ursprünglichen Verwendung mehr auf. Lediglich an einer Giebelseite hat sich eine Einfassung eines einstigen Wappens erhalten. Dieses ist natürlich nicht mehr vorhanden - die Umrisse deuten allerdings noch darauf hin, dass hier frühe das Emblem der Funkeinheit installiert war. 

Bild: Funkstation Lutterloh; Quelle: Hendrik Altmann. 

Insgesamt zeugen die Baulichkeiten von der Zeit des Funkfeuers "Marie". Treppenabgänge und Gelände stammen noch aus dieser Zeit. Auch die Nebengebäude, wie z.B. angrenzende Schuppen, sind noch erkennbar im Originalzustand erhalten geblieben. 

Bild: Funkstation Lutterloh, Treppengeländer; Quelle: Hendrik Altmann. 

Der Bereich der einstigen Fundanlage befindet sich heute in Privatbesitz - ein Betreten ist daher nur mit der Einwilligung der aktuellen Besitzer möglich. Bis auf einige Zaunfragmente ist nicht mehr viel zu sehen vom einstigen Funkfeuer "Marie"...

Bild: Funkstation Lutterloh, Zaun; Quelle: Hendrik Altmann. 

Bei der Funkstation Lutterloh handelt es sich somit um eine weitere militärische Einrichtung im Raum Celle, die heute vielen unbekannt sein dürfte. Die Tatsache, dass das Funkfeuer in die Bodenorganisation der Nachtjagd eingebunden war zeigt, die Relevanz der Anlage. 

Auch wenn die Innovationen im Bereich der Funktechnik für die damalige Zeit bahnbrechend waren, konnten sie die Luftangriffe durch die alliierten Bomberverbände nicht stoppen. Insbesondere im Rahmen der Operation Gomorrha, die zur Zerstörung großer Teile der Stadt Hamburg führte, setzten die Alliierten auf gezielte Maßnahmen, um den deutschen Funkverkehr sowie die Ortungsmöglichkeiten einzuschränken. Hierbei kamen insbesondere sogenannte Düppel zum Einsatz - Metallfasern, die ebenfalls per Flugzeug abgeworfen wurden und die den Funkeinsatz behinderten. 

Die Funkanlage bei Lutterloh wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs Eigentum des Bundesvermögensamts und wurde später zu zivilen Wohnzwecken umgenutzt. 

Über weitere Hinweise zu dieser Einrichtung würde ich mich sehr freuen: 

Gerne per Mail an: found-places@live.de 


H. Altmann



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